Die richtige Schmerztherapie für Haustiere

Die richtige Schmerztherapie für Haustiere

Haustiere können Schmerzen empfinden und darunter leiden, das ist wissenschaftlich erwiesen. Die Mechanismen der Schmerzwahrnehmung unterscheiden sich dabei kaum von denen des Menschen. Daher ist eine fachgerechte Schmerzbehandlung auch bei Tieren selbstverständlich. Egal ob akute Schmerzen nach Unfällen oder Operationen oder chronische Schmerzen bei degenerativen Erkrankungen des Bewegungsapparates, unsere geliebten Vierbeiner sollten nicht leiden müssen.

Das Problem der Schmerzerkennung

Oft ist es schwierig, Schmerzen bei Haustieren überhaupt zu erkennen. Tiere zeigen Schmerzen nicht gerne, da es zu ihrem natürlichen Schutzmechanismus gehört. Besonders “Beutetiere” wie Kaninchen, Meerschweinchen und andere Kleinsäuger sowie Vögel verstecken ihre Schmerzen geschickt. Sie wollen nicht als leichte Beute erscheinen. Daher verhalten sich viele Tiere auch scheinbar gesund und gut genährt, obwohl sie tatsächlich krank und abgemagert sind.

Hunde und Katzen zeigen gute Anzeichen für akute Schmerzen, wie zum Beispiel Lahmheiten, Schmerzreaktionen bei der Palpation und veränderte Körperhaltung. Bei chronischen Schmerzen sind die Symptome meist subtiler und entwickeln sich schleichend über einen längeren Zeitraum. Oft werden sie auf das zunehmende Alter des Tieres geschoben und nicht mit Schmerzen in Verbindung gebracht.

Erst kürzlich wurde bekannt, dass etwa ein Drittel aller Katzen im mittleren Alter von sechs bis sieben Jahren und 90% aller Katzen über zwölf Jahre an schmerzhafter Arthrose leiden. Die Ellbogengelenke sind dabei am häufigsten betroffen, gefolgt von Hüft- und Kniegelenken.

Mögliche Anzeichen für chronische Schmerzen bei Haustieren können sein:

  • Apathie, sich zurückziehen, aber auch Aggressivität und Ruhelosigkeit
  • Nachlassende Kondition, verminderte Aktivität und Leistung
  • Vermeiden von schnellem Rennen, fehlendes Spielverhalten
  • Probleme beim Aufstehen, Treppensteigen und Springen
  • Morgensteifigkeit
  • Steifer Gang (vor allem bei Katzen)
  • Struppiges und ungepflegt wirkendes Fell
  • Eingeschränktes Putzverhalten (vor allem bei Katzen)
  • Unsauberkeit, Stubenunreinheit (vor allem bei Katzen)
  • Appetitverlust, Gewichtsabnahme
  • Muskelatrophie
  • Benagen und Belecken schmerzender Körperstellen
  • Verminderte Beweglichkeit der Gelenke
  • Fiepen, Stöhnen
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Bei Verdacht auf chronische Schmerzen kann eine vorübergehende Gabe von Schmerzmitteln helfen, die Diagnose zu sichern. Bei einer langfristigen Behandlung hat sich die Dokumentation in Form eines Schmerztagebuchs bewährt. Der Tierhalter sollte mindestens einmal pro Woche den Schmerzgrad ermitteln, um aussagekräftige Werte zur Beurteilung des Krankheitsverlaufs zu erhalten. Gerade bei chronisch-degenerativen Gelenkerkrankungen kann es immer wieder zu akuten Schmerzschüben kommen, bei denen die Dauermedikation angepasst werden muss.

Besondere Herausforderungen bei Heimtieren

Bei Heimtieren (z. B. Kaninchen, Meerschweinchen, Chinchilla, Maus, Hamster, Ratte) ist es aus den oben genannten Gründen noch viel schwieriger, chronische Schmerzen zu erkennen als bei Hunden und Katzen. Nur aufmerksame Tierhalter, die ihre Tiere sehr gut kennen, nehmen die oft subtilen Symptome wahr. Dazu gehören unter anderem verminderte Aktivität, Verstecken im Häuschen, verspannter Gang, aufgekrümmter Rücken, Pressen des Bauches auf den Boden, stures in die Ecke Starren, gesträubtes und ungepflegtes Fell.

Für Vögel gelten dieselben Schwierigkeiten wie für die oben genannten Heimtiere. Bei genauer Beobachtung fallen jedoch meist folgende Symptome auf: struppiges, aufgeplustertes Gefieder, abnormal zutrauliches Verhalten, reduzierte Nahrungsaufnahme, reduzierte Aktivität bis hin zur Schläfrigkeit, Hochziehen des Unterlides, vermindertes Singen.

Die Dokumentation des Gewichtsverlaufs und der genauen Menge des aufgenommenen Futters ist oft die beste Methode, um chronische Schmerzen bei Heimtieren und Vögeln zu beurteilen. Eine verminderte Futteraufnahme oder eine Gewichtsabnahme bei gleichbleibender Futteraufnahme kann auf einen schmerzhaften Prozess hinweisen.

Welche Schmerzmittel sind geeignet?

Als Mittel der ersten Wahl bei chronischen Schmerzen wie z. B. chronisch-degenerativen Gelenkerkrankungen gelten nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID, nonsteroidal anti-inflammatory drugs). Es gibt speziell für die Langzeit- oder Dauertherapie geeignete NSAIDs mit nur geringen Nebenwirkungen. Da Tiere individuell sehr unterschiedlich auf verschiedene nicht-steroidale Antiphlogistika reagieren können, ist es sinnvoll, bei unzureichendem Therapieerfolg oder zu großen Nebenwirkungen zu einem anderen NSAID zu wechseln. In der Veterinärmedizin ist es üblich, bei einer Monotherapie zwei oder mehr unterschiedlich wirkende Substanzen zu kombinieren, um die Effekte zu verstärken und die Dosis und das Nebenwirkungspotenzial des Einzelpräparates zu reduzieren. Metamizol eignet sich z. B. in vielen Fällen sehr gut als Ergänzung zu einem nicht-steroidalen Antiphlogistikum, wenn dessen Wirkung alleine nicht ausreicht. Die Kombination von Phenylbutazon und Prednisolon ist für besonders schwere Fälle geeignet. Eine gleichzeitige Verabreichung von NSAIDs und Glucocorticoiden ist jedoch absolut kontraindiziert, da es zu schweren gastrointestinalen Nebenwirkungen kommen kann.

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Multimodales Schmerzmanagement

Unter multimodaler Schmerztherapie versteht man die Kombination von Schmerzmitteln mit verschiedenen Wirkmechanismen sowie die gleichzeitige, aufeinander abgestimmte Behandlung eines Krankheitsbildes mit verschiedenen Therapieverfahren. Neben dem Einsatz von Schmerzmitteln gehören zur umfassenden Therapie eines chronischen Schmerzpatienten regelmäßige Gewichtskontrollen, physiotherapeutische und physikalische Maßnahmen zum Muskelaufbau und zur Beweglichkeit, möglicherweise Akupunktur, sowie der Einsatz von Ergänzungsfuttermitteln wie Chondroprotektiva. Unterstützt wird dies durch chirurgische Maßnahmen, falls erforderlich.

Es gibt viele Möglichkeiten, um unseren geliebten Haustieren bei Schmerzen zu helfen. Aber die Voraussetzung dafür ist die aufmerksame Beobachtung durch den Tierhalter. Ein verändertes Verhalten des Tieres sollte in Bezug auf mögliche Schmerzen hinterfragt werden.

Quelle und weiterführende Informationen:

  • Gabriel, S. Schmerztherapie beim Heimtier. In: Kompendium Kleintier 2010
  • Initiative tiermedizinische Schmerztherapie ITIS. Empfehlungen für die Schmerztherapie bei Kleintieren. Oktober 2010
  • Katzenbewegung. Informationsbroschüre Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH
  • Tacke, S. et al. Schmerzerkennung und Schmerzmanagement bei Hund, Katze und Heimtier. In: Fachpraxis Nr. 51, Juni 2007

Tierärztin Sabine Wanderburg, Seeweg 5 a, 23701 Süsel.

DAZ 2011, Nr. 17, S. 66