Verhandlungen für einen Vertrag können bereits zuvor Schutzpflichten begründen. Wenn diese vernachlässigt werden, kann es zu Schadensersatzansprüchen kommen. Das Konzept der “culpa in contrahendo” schützt die Vermögensinteressen der Vertragsparteien.
Allgemeine Informationen zur culpa in contrahendo
Schon in den Verhandlungen entstehen vorvertragliche Schuldverhältnisse, bei deren Verletzung eine Schadensersatzpflicht besteht. Der Geschädigte kann darauf vertrauen, dass sein Verhandlungspartner die gesteigerten Sorgfaltspflichten erfüllt. Die Haftung nach culpa in contrahendo ist im Vergleich zur deliktischen Haftung günstiger für den Geschädigten.
Voraussetzungen der culpa in contrahendo (c.i.c.)
I. Schuldverhältnis
Die Haftung aus c.i.c. nach § 311 Abs. 2 BGB setzt zunächst ein vorvertragliches Schuldverhältnis voraus, das mit der Verletzung einer Vertragspflicht einhergeht (§ 280 Abs. 1 BGB). Es gibt drei Arten von vorvertraglichen Schuldverhältnissen:
1. Aufnahme von Vertragsverhandlungen
Das vorvertragliche Schuldverhältnis entsteht mit dem Beginn der Vertragsverhandlungen und endet mit ihrer Beendigung. Mit Vertragsschluss gehen die vorvertraglichen Pflichten in das Pflichtenprogramm des Vertrages über.
2. Vertragsanbahnung
Die Vertragsanbahnung führt ebenfalls zur Entstehung des vorvertraglichen Schuldverhältnisses. Hierbei wird das Vertrauen zwischen potenziellen Vertragspartnern berücksichtigt. Ein Beispiel hierfür ist der “Gemüseblattfall” des BGH (BGHZ 66, 51), in dem eine Kundin auf einem Gemüseblatt in einem Kaufhaus ausrutschte.
3. Ähnlicher geschäftlicher Kontakt
Auch ähnliche geschäftliche Kontakte können ein vorvertragliches Schuldverhältnis begründen. Unter bestimmten Voraussetzungen können auch nicht beteiligte Dritte Schadensersatzansprüche geltend machen.
II. Pflichtverletzung
Für einen Schadensersatzanspruch muss eine Verhaltenspflichtverletzung des Schädigers vorliegen (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB). Die culpa in contrahendo wird angewendet, wenn die Pflichtverletzung vor oder während des Vertragsschlusses stattgefunden hat.
Fallgruppen der culpa in contrahendo
Es gibt verschiedene Fallgruppen, die im Zusammenhang mit der culpa in contrahendo relevant sind. Hier sind einige der wichtigsten:
- Schutzpflichten gegenüber gefährdeten Rechtsgütern (z.B. der “Gemüseblattfall”)
- Abbruch von Vertragsverhandlungen
- Verhinderung wirksamer Verträge
- Verletzung von Aufklärungspflichten
Die Konkurrenzfrage
Es gibt verschiedene Konkurrenzfragen im Zusammenhang mit der culpa in contrahendo. Der Grundsatz des Nebeneinanders von Vertrags- und Deliktsansprüchen ist zu beachten. Zudem muss eine Abgrenzung leistungsbezogener und nicht leistungsbezogener Pflichten erfolgen.
Schaden, Kausalität, Verschulden
Für einen Schadensersatzanspruch muss dem Anspruchsteller ein Schaden durch das pflichtwidrige Verhalten des Schuldners entstanden sein. Das Verschulden wird vermutet, es sei denn, der Schuldner kann sich entlasten.
Rechtsfolgen der culpa in contrahendo
Im Falle einer vorvertraglichen Verletzung von Nebenpflichten hat der Geschädigte Anspruch auf Schadensersatz. Der Geschädigte wird so gestellt, als wäre das schädigende Ereignis nicht eingetreten. Der Anspruch verjährt in der Regel nach drei Jahren.