Die Streitgenossenschaft im Zivilurteil ermöglicht es, dass mehrere Personen auf Kläger- und/oder Beklagtenseite in einem Verfahren stehen können. Dadurch können in einem Prozess über mehrere Rechtsverhältnisse entschieden werden, die eine sachliche Nähe zueinander aufweisen. Die Streitgenossenschaft ist in den §§ 59 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt und hat sowohl in der Praxis als auch in Klausuren eine große Relevanz.
Einleitung
Die ZPO geht zwar vom Prinzip des “Zwei-Parteien-Prozesses” aus, aber dieses bedeutet nicht, dass nicht mehrere Personen auf Kläger- und/oder Beklagtenseite stehen können. Diese Möglichkeit der Streitgenossenschaft bietet eine effiziente Lösung, um in einem einzigen Prozess über mehrere Rechtsverhältnisse zu entscheiden, die eine sachliche Nähe zueinander haben. Im Gegensatz zur Nebenintervention oder Streithilfe sind die Streitgenossen Parteien des Rechtsstreits und haben eigene Prozessrechtsverhältnisse zum Gegner. Das Trennungsprinzip in den §§ 61 und 63 der ZPO sorgt dafür, dass die Handlungen eines Streitgenossen den anderen nicht berühren.
Die einfache Streitgenossenschaft im Zivilurteil
Die einfache Streitgenossenschaft ist in den §§ 59 und 60 der ZPO geregelt und tritt in drei Fällen auf. Eine Rechtsgemeinschaft kann beispielsweise entstehen, wenn mehrere Beklagte als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden (§ 59 Alt. 1 ZPO). Eine Streitgenossenschaft liegt auch vor, wenn es eine Identität des Anspruchs- oder Verpflichtungsgrundes gibt, beispielsweise bei Ansprüchen aufgrund derselben deliktischen Handlung (§ 59 Alt. 2 ZPO). Wenn kein Identitäts-, aber Gleichartigkeit des Anspruchs- oder Verpflichtungsgrundes besteht, greift § 60 ZPO ein. Ein Beispiel hierfür sind Haftungsklagen gegen Hersteller und Verkäufer von Dieselfahrzeugen wegen des Abgasskandals.
Rubrum und Tenor
Im Rubrum, also dem oberen Teil des Urteils, werden alle Streitgenossen aufgeführt, unabhängig davon, ob es sich um eine einfache oder notwendige Streitgenossenschaft handelt. Sie werden durchnummeriert und können sowohl auf Kläger- als auch auf Beklagtenseite stehen. Im Tenor, der eigentlichen Entscheidung, werden alle Prozessrechtsverhältnisse erschöpfend behandelt. Bei der einfachen Streitgenossenschaft kann es vorkommen, dass zwischen den Streitgenossen zu differenzieren ist.
Tatbestand und Entscheidungsgründe
Im Tatbestand werden die Streitgenossen ebenfalls durchnummeriert und das Trennungsprinzip kommt zum Ausdruck. Im Rahmen der Entscheidungsgründe werden Zulässigkeit und Begründetheit der Klage bei jedem Streitgenossen selbständig geprüft. Die Voraussetzungen der Streitgenossenschaft und der objektiven Klagehäufung werden dargestellt. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, werden die Verfahren getrennt, sofern das Gericht keine Verbindung anordnet.
Ausblick
In Teil 2 des Beitrags werden wir uns mit den Besonderheiten der notwendigen Streitgenossenschaft beschäftigen.
Dieser Artikel ist Teil einer Serie über die Streitgenossenschaft im Zivilurteil. Bleibt dran, um mehr zu erfahren!