Die verborgene Botschaft der Postkarten: Antiziganismus im Blickpunkt

Die verborgene Botschaft der Postkarten: Antiziganismus im Blickpunkt

Postkarten sind längst nicht mehr das Medium der Wahl, wenn es um schnelle Nachrichten geht. Heutzutage erledigen wir das per SMS oder WhatsApp. Doch vor 150 Jahren waren Postkarten unerlässlich, um Neuigkeiten auszutauschen oder Verabredungen zu treffen. Dabei enthielten sie oft Bilder, die heute als rassistisch und antiziganistisch eingestuft werden würden. Diesen Zusammenhang erforscht das Projekt “DigiRom” im Auftrag der Vereinigung für die Verständigung von Rom und Nicht-Rom (Rom e.V.), finanziert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Die Macht der Stereotype

Die historischen Postkarten beschränkten sich bei der Darstellung von Sinti und Roma oft auf exotische Klischees und zeigten eine andere Wirklichkeit als die tatsächliche Lebensweise dieser Menschen. Armut, Devianz und Ortslosigkeit wurden auf den Bildern thematisiert. Oft wurden Roma als Nomaden in kargen Landschaften dargestellt, obwohl dies nicht der Realität entsprach. Die Bilder nahmen eine voyeuristische Perspektive ein und sexualisierten die dargestellten Roma und Sinti. Besonders Frauen waren häufig abgebildet, manchmal entblößt oder mit offenen Haaren, was damals verpönt war.

Die Abgrenzung vom bürgerlichen Ideal

Die Darstellung von Roma und Sinti auf Postkarten diente einerseits der Romantisierung und Exotisierung, andererseits wurde damit eine Abgrenzung vom bürgerlichen Ideal der damaligen Zeit geschaffen. Roma wurden durch diese fremdzugeschriebenen Eigenschaften aus der normativen Gesellschaft ausgeschlossen. Die Massenmedien verstärkten diese Stigmatisierung weiter.

Die Rolle der Fotografie

Die Fotos auf den Postkarten suggerierten eine unmittelbare Darstellung der Realität, obwohl sie eine Inszenierung oder nur einen kleinen Ausschnitt des Alltags zeigten. Vermutlich wurden die Porträtierten dazu aufgefordert, bestimmte stereotype Haltungen einzunehmen. Die Bilder sollten daher im historischen Kontext betrachtet werden, um zu verstehen, dass sich manche Menschen der rassistischen Elemente nicht bewusst waren.

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Den Dialog starten

Das Projekt “DigiRom” strebt an, die digitalisierten Postkarten in einer Datenbank zu veröffentlichen. Jedoch stellt sich die Frage, ob die Veröffentlichung solcher Bilder zu einer weiteren Verbreitung der rassistischen Stereotype beiträgt. Diese Frage ist noch nicht abschließend beantwortet. Vera Tönsfeldt, Leiterin des Projekts, betont jedoch die Bedeutung des Dialogs. Nur durch Kommunikation können wir Vorurteile abbauen und gemeinsam gegen Hassrede vorgehen.

Die Postkarten sind nicht nur nostalgische Erinnerungen, sondern auch Zeugnisse von Antiziganismus. Indem wir uns bewusst mit ihrer Botschaft auseinandersetzen, können wir einen wichtigen Schritt in Richtung Verständnis und Gleichberechtigung gehen.