Kritiker vergleichen Klimaschutzorganisationen gerne mit der katholischen Kirche während des Ablasshandels im Spätmittelalter. Aber was ist dran an diesen Vorwürfen?
Die Kompensation regt nicht zur Emissionsvermeidung an
Die Klimaneutralität per Knopfdruck ist zwar einfach und praktisch, aber sie suggeriert auch, dass klimaschädliches Verhalten in Ordnung ist, solange man es kompensiert – ähnlich wie bei den “Klimasünden” im Mittelalter. Stattdessen sollten wir uns darauf konzentrieren, Emissionen von Anfang an zu vermeiden, zu reduzieren und erst dann zu kompensieren.
Unternehmen verwenden Kompensation als Greenwashing
Unternehmen nutzen die CO2-Kompensation oft als Vorwand, um sich nach außen hin klimafreundlich zu präsentieren, ohne ihr eigenes klimaschädliches Verhalten zu ändern. Doch auch wir können unsere Klimasünden durch Kompensation “reinwaschen”, ohne wirklich etwas zu ändern. Während einige Experten argumentieren, dass die Gefahr des Greenwashing zu groß ist, um riskiert zu werden, gibt es dennoch immer wieder Fälle, in denen Unternehmen versuchen, mit der Kompensation ihr Image aufzupolieren.
Unternehmen zahlen weniger für klimaschädliches Verhalten
Während Privatpersonen zwischen 15,00 und 28,00 Euro pro Tonne CO2e für die Kompensation zahlen, kommen Unternehmen oft wesentlich günstiger davon – manchmal sogar nur 5,00 Euro pro Tonne CO2e. Die niedrigeren Preise werden oft damit gerechtfertigt, dass Unternehmen durch ihre hohen Emissionen größere Mengen an Klimaschutzprojekten ermöglichen. Dennoch besteht die Gefahr, dass niedrige Kompensationspreise das eigene klimaschädliche Verhalten attraktiver machen als eine tatsächliche Veränderung.
Unterstützen wir autokratische Regimes durch die Kompensation?
Die Frage nach der ethischen Vertretbarkeit der Kompensation in autokratisch regierten Ländern ist kontrovers. Eritrea zum Beispiel ist eine autokratische Diktatur mit schweren Menschenrechtsverletzungen. Dort gibt es Klimaschutzprojekte, die auch das Leben der Menschen vor Ort verbessern sollen. Aber unterstützen wir damit indirekt das Regime, das diese Menschenrechtsverletzungen begeht? Einige Experten argumentieren, dass man in solchen Fällen Projekte auf Haushaltsebene unterstützen sollte, um sicherzustellen, dass die Menschen vor Ort davon profitieren.
Doppelte Anrechnung von reduzierten Emissionen
Durch das Pariser Klimaschutzabkommen wird die freiwillige CO2-Kompensation komplizierter, da Gastländer die Minderungen, die durch Klimaschutzprojekte erreicht werden, selbst anrechnen können. Dadurch erheben aber sowohl das Gastland als auch Privatkunden oder Unternehmen, die das Projekt finanziert haben, Anspruch auf diese Minderungen. Eine Lösung für dieses Problem steht im Pariser Abkommen noch aus und es ist fraglich, wie fair die Verteilung der Minderungen letztendlich sein wird.
Insgesamt ist die freiwillige CO2-Kompensation also umstritten. Sie kann Anreize zur Emissionsvermeidung schwächen, Unternehmen zum Greenwashing verleiten und autokratische Regimes möglicherweise unterstützen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Kompensation in Zukunft entwickeln wird und welche Maßnahmen ergriffen werden, um diese Probleme zu lösen.