Die Monate vor den Bundestagswahlen sind eine stressige Zeit für die Generalsekretäre der Parteien. Sie haben keine freie Minute im Wahlkampf, müssen sich mit nervösen Vorstandsmitgliedern treffen und trotz schlechter Umfragewerte Zuversicht verbreiten. Doch nach einem Wahlsieg ernten sie die Früchte ihrer Arbeit: Sie sind maßgeblich an Koalitionsverhandlungen beteiligt und haben Einfluss auf die Vergabe von Posten und Ämtern.
Auch im vergangenen Dezember gingen die Generalsekretäre der Ampelparteien nicht leer aus. Volker Wissing von der FDP wurde Bundesminister für Verkehr und Digitales und Michael Kellner von den Grünen Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschafts- und Klimaschutzministerium. Lars Klingbeil ist nun sogar SPD-Parteivorsitzender. Diese Parteiämter bieten jungen Politikern enorme Chancen. Die Stellenbeschreibung lautet: Sei ein politischer Rambo und kümmere dich um die Parteigliederungen.
Die Liste der ehemaligen Generalsekretäre und Bundesgeschäftsführer, wie das Amt früher bei der SPD genannt wurde und bis heute bei den Grünen heißt, ist lang. Viele sind später in hohe Ämter aufgestiegen. Angela Merkel, Volker Rühe, Franz Müntefering, Annegret Kramp-Karrenbauer und viele andere haben als Generalsekretäre ihren Weg gemacht.
Die Anfänge des Amtes
Generalsekretäre werden oft gefragt, ob sie sich eher als “General” oder als “Sekretär” sehen wollen. Das ist eine Frage nach dem Selbstverständnis und den Führungsansprüchen. Doch in der Politik kommt es immer auf die Umstände an. Die Begrifflichkeiten haben sich im Laufe der Zeit geändert. Der erste Generalsekretär der CDU wurde vor sechzig Jahren “Geschäftsführender Vorsitzender” genannt. Bei der SPD hieß das vergleichbare Amt bis 1999 “Bundesgeschäftsführer” und wird seitdem “Generalsekretär” genannt.
Küchenchef oder Kellner?
Die unterschiedlichen Aufgabenstellungen der Generalsekretäre und Bundesgeschäftsführer lassen keine Rückschlüsse auf ihre Rangordnung in der realen Hierarchie der Parteizentralen zu. Es kommt immer auf die Umstände an. Klaus Schüler zum Beispiel hatte als Bundesgeschäftsführer der CDU einen größeren Einfluss auf die Politik als die Generalsekretäre. Auch bei der SPD war das früher so. Unter Gerhard Schröder hatte der Generalsekretär Klaus Uwe Benneter wenig zu sagen.
Die Besetzung ist Chefsache
In den Unionsparteien herrscht ein anderes Verständnis. Der Generalsekretär wird nur auf Vorschlag des Parteivorsitzenden vom Parteitag gewählt. Helmut Kohl ließ sich das nicht aus der Hand nehmen. Auch Angela Merkel wollte die Kontrolle über ihre Generalsekretäre behalten. Das Kanzleramt mischte sich oft in die Parteizentrale ein.
Es ist klar, dass die Wahl der Generalsekretäre und Bundesgeschäftsführer nach verschiedenen Kriterien erfolgt. Für manche Parteien sind Proporzgesichtspunkte entscheidend.
Es gibt Generalsekretäre, die als Monumente aus vergangenen Zeiten hervorstechen. Heiner Geißler war zum Beispiel eine prägende Figur in der CDU. Seine Rede im Bundestag, in der er den Pazifismus der 30er Jahre für Auschwitz verantwortlich machte, schuf parteipolitische Fronten. Auch Karl-Hermann Flach, Peter Glotz und andere haben die Politik maßgeblich geprägt.
Das Amt des Generalsekretärs ist wichtig, aber es kommt immer auf die Umstände und die Persönlichkeiten an.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe N° 138 – Thema: Rising Stars. Das Heft können Sie hier bestellen.