Seit kurzem ist Marc Fielmann Vorstandsvorsitzender und operativer Geschäftsführer der Fielmann AG. Mit seiner Expertise hat er einen Gastkommentar verfasst, in dem er die Zukunft der Kontaktlinse in Deutschland beleuchtet und Einblicke in die Vision der Fielmann AG gibt.
Der deutsche Kontaktlinsenmarkt – Ein Markt mit Potenzial?
Auf den ersten Blick scheint der deutsche Kontaktlinsenmarkt gesund zu sein. Die Mehrheit der Anpassungen und Nachkontrollen wird von hochqualifizierten Augenoptikern durchgeführt. Doch der Markt stagniert. Die Anzahl der Anpassungen geht zurück, ebenso wie der Umsatz der Branche. Das Marktforschungsinstitut GfK berichtet von einem Umsatzrückgang von zwei Prozent im Jahr 2017.
Die Ursache dieser Entwicklung liegt bereits lange zurück. In den 1980er- und 1990er-Jahren boten viele Augenoptiker kostenlose Anpassungen und Probetragen von Kontaktlinsen an. Dadurch konnte der Markt wachsen. Doch mit dem Aufkommen von branchenfremden Internetversendern war eine Kostenumlage auf das Produkt nicht mehr möglich. Augenoptiker, die ihre Preise nicht reduzierten, verloren Kunden. Diejenigen, die keine Anpassgebühren erhoben, gerieten wirtschaftlich in Schwierigkeiten.
Der Verdrängungswettbewerb – Fachgeschäfte vs. Internetversender
Diese Entwicklung setzt sich bis heute fort. Laut einer Studie der Fielmann AG wurden 90 Prozent der Kontaktlinsen in Deutschland von Augenoptikern angepasst. Interessanterweise befinden sich unter den Top-6-Kontaktlinsenanbietern jedoch nur zwei augenoptische Fachbetriebe. Die anderen vier Anbieter sind Internetversender, die zusammen weniger als ein Prozent aller Anpassungen ausmachen.
Besonders hart trifft die Abwanderung laut Studie die unabhängigen Fachgeschäfte und Kontaktlinsenstudios. Zwei von drei Kunden wechseln vom Fachgeschäft zum Internet. Diese Entwicklung führt dazu, dass die Zahl der Kontaktlinsenanpassungen in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen ist.
Die Zukunft der Kontaktlinsenanpassung – Neue Anreize schaffen
Um dem Markt entgegenzuwirken, setzt sich Fielmann dafür ein, dass sich die Kontaktlinsenanpassung wieder lohnt. Durch wirtschaftliche Anreize könnten Augenoptiker ihr Geschäftsmodell digitalisieren. Davon würden nicht nur die Kunden, sondern alle Marktteilnehmer profitieren. Denn wenn sich die Kontaktlinsenanpassung wieder lohnt, wird auch der Markt wieder wachsen.
Das Potenzial ist groß: In Deutschland nutzen bisher nur fünf Prozent der Bevölkerung Kontaktlinsen. In Schweden und der Schweiz sind es deutlich mehr. Eine Verdopplung des deutschen Marktes ist realistisch, vorausgesetzt es werden mehr Anpassungen durchgeführt.
Lösungsansätze für die Branche
Die Fokussierung der Lieferanten auf reine Internetversender ohne fachliche Expertise erscheint rückwärtsgewandt. Die Zukunft liegt im “Omnichannel”, in der Verbindung aus persönlicher Beratung und digitalen Services. Um das Image der Kontaktlinse zu verbessern, sollten vermehrt positive Aspekte kommuniziert werden.
Es ist wichtig, dass sowohl der stationäre Einzelhandel als auch der Onlinehandel ihre Stärken ausspielen. Eine Zusammenarbeit beider Kanäle kann dazu beitragen, dass der stationäre Augenoptiker seine Position auf dem Markt verbessert.
Die Kontaktlinse sollte nicht als Sonderform der Korrektion von Sehschwächen betrachtet werden. Vielmehr sollten Brillen und Kontaktlinsen als eine Lösung angeboten werden. Die Kommunikation über die Vorteile der Kontaktlinse gegenüber dem Endverbraucher ist entscheidend für den Markterfolg.
Die Zukunft des Kontaktlinsenmarktes hängt von der Schaffung angemessener Anreize für die Kontaktlinsenanpassung ab. Die Vernetzung von persönlicher Beratung und digitalen Services wird dabei eine zentrale Rolle spielen.
Marc Fielmann ist seit dem 12. April Vorstandsvorsitzender und operativer Geschäftsführer der Fielmann AG in Hamburg.