Die Zukunft des Wasserstoffs: Grüner Traum oder teure Wette?

Die Zukunft des Wasserstoffs: Grüner Traum oder teure Wette?

Wasserstoff ist das häufigste chemische Element im Universum und besetzt daher zurecht den ersten Platz im Periodensystem. Es besteht lediglich aus einem Proton und einem Elektron. Doch trotz seiner Simplizität ist dieses geruchlose und farblose Gas äußerst leistungsstark. Ein Kilogramm Wasserstoff, auch bekannt als H2, enthält etwa 2,4-mal so viel Energie wie Erdgas.

Die Industrie hat schon lange die Vorteile von Wasserstoff erkannt und setzt ihn seit Jahrzehnten in der Petrochemie ein. Vor allem in der Ölraffination, bei der Herstellung von Ammoniak für Düngemittel sowie in der Produktion von Methanol und Stahl kommt Wasserstoff zum Einsatz. Aber auch im Kampf gegen den Klimawandel könnte Wasserstoff eine wichtige Rolle spielen. Die Europäische Kommission bezeichnet Wasserstoff sogar als “das fehlende Teil des Puzzles auf dem Weg zu einer vollständig dekarbonisierten Wirtschaft”.

Auch Kanzler Olaf Scholz sieht in Wasserstoff einen Schlüssel, um die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern und die Klimaziele zu erreichen. Daher hat Deutschland einen Deal mit Kanada unterzeichnet und wird ab 2025 Wasserstoff in großem Maße importieren.

Der saubere und vielseitige Brennstoff Wasserstoff erzeugt keine direkten Treibhausgasemissionen. Bei der Freisetzung der Energie wird lediglich Sauerstoff benötigt und das einzige Nebenprodukt ist Wasser.

Wasserstoff kann dazu beitragen, den CO2-Ausstoß in verschiedenen Sektoren zu senken. Beispielsweise könnte er im Schwerlastverkehr oder im Gebäudesektor in bestehende Erdgasnetze integriert werden, um zu heizen. Zudem könnte Wasserstoff zur Speicherung erneuerbarer Energien im Stromsektor und als Ersatz für fossile Brennstoffe in der Chemie- und Kraftstoffproduktion verwendet werden.

Leider gibt es auf unserem Planeten keine reinen Wasserstoffvorkommen. Wasserstoff kommt in der Natur nur in gebundener Form vor. Um reinen Wasserstoff zu erhalten, muss er daher aus einem wasserstoffreichen Ausgangsstoff abgespaltet werden. Dieser Prozess ist zeitaufwendig, energieintensiv und teuer.

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Der größte Haken liegt jedoch in der Art und Weise, wie Wasserstoff hergestellt wird. Es gibt zahlreiche und komplexe Produktionsmethoden für Wasserstoff, die von sauber bis schmutzig reichen. Um es einfacher zu machen, werden diese Methoden in Farben eingeteilt.

Die am häufigsten verwendete Form von Wasserstoff, der graue Wasserstoff, verursacht etwa 10 Tonnen CO2-Emissionen pro Tonne. Der Produktionsprozess, auch bekannt als “Steam Methane Reforming” oder SMR, basiert auf Gas oder fossilen Brennstoffen.

Blauer Wasserstoff klingt hingegen viel sauberer, ist aber in Wirklichkeit grauer Wasserstoff, bei dem die CO2-Emissionen aus dem Produktionsprozess aufgefangen und unterirdisch gespeichert werden (Carbon Capture and Storage, CCS).

Es gibt auch andere Varianten wie rosa, brauner, schwarzer, gelber, türkisfarbener und grüner Wasserstoff. Doch um es auf den Punkt zu bringen: Grüner Wasserstoff ist die einzige sinnvolle Option, wenn es darum geht, unsere CO2-Emissionen nachhaltig zu reduzieren. Grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse mit erneuerbarer Energie hergestellt, bei der Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten wird. Dabei werden keine fossilen Brennstoffe verwendet, es entstehen keine CO2-Emissionen und es muss auch kein Schmutz beseitigt werden. Dennoch macht diese Variante derzeit weniger als ein Prozent der weltweiten Wasserstoffproduktion aus.

Um grünen Wasserstoff erschwinglicher zu machen, müssen die Preise sinken und der Ausbau erneuerbarer Energien vorangetrieben werden. Derzeit ist die Herstellung von grünem Wasserstoff mehr als doppelt so teuer wie die Herstellung des vergleichsweise schmutzigen grauen Wasserstoffs. Aber diese Situation wird sich ändern. Je mehr erneuerbare Energien wir haben – und der weltweite Anteil soll bis 2040 auf 45 Prozent steigen – desto erschwinglicher wird grüner Wasserstoff werden. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) könnten die Produktionskosten dank des Ausbaus der Infrastruktur für saubere Energie bis 2030 um 30 Prozent sinken.

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Doch selbst wenn die Preise gesunken sind, gibt es immer noch einen weiteren Haken: Wasserstoff ist viel schwieriger zu lagern als fossile Brennstoffe. Aufgrund seiner geringen Dichte muss das Gas unter hohem Druck in Spezialbehältern gepresst oder als Flüssigkeit bei extrem niedrigen Temperaturen gelagert werden. Dies ist keine Lösung, die man mal eben im örtlichen Baumarkt kaufen und in der Garage aufbewahren kann, wenn die Gasvorräte zur Neige gehen. Die Herausforderung besteht zudem darin, große Mengen Wasserstoff zu transportieren, da es das leichteste Gas im Universum ist. Bevor das Gas verladen und verschifft werden kann, muss es unter Druck gesetzt und in komprimiertes oder flüssiges Gas umgewandelt werden. Danach kann es entweder durch Leitungen oder auf LKWs und Schiffen exportiert werden. Deutschland plant beispielsweise, kanadischen Wasserstoff, der hauptsächlich durch Windenergie erzeugt wurde, über den Atlantik in Form von Ammoniak zu verschiffen.

Ein weiteres ernüchterndes Erkenntnis ist die enorme Menge an Strom, die benötigt wird, um grünen Wasserstoff in großem Maßstab zu produzieren. Derzeit werden weltweit jährlich etwa 70 Millionen Tonnen “grauer” Wasserstoff produziert und dabei rund 830 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre freigesetzt. Das sind mehr CO2-Emissionen als ganz Deutschland im Jahr 2021 verursacht hat (762 Millionen Tonnen). Um nur diese 70 Millionen Tonnen durch grünen Wasserstoff zu ersetzen, wären etwa 3.600 TWh erforderlich – mehr als die jährliche Netto-Stromerzeugung der gesamten Europäischen Union.

Grüner Wasserstoff löst nicht unser Energieproblem, aber er kann einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung von Sektoren leisten, die bis 2050 schwer elektrifizierbar sind. Dazu gehören beispielsweise der Schwerlastverkehr und die Industrie. Mit anderen Worten: Grüner Wasserstoff kann dazu beitragen, die letzten 20 Prozent zu decarbonisieren, die schwer von fossilen Brennstoffen zu trennen sind.

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Die Wette auf Wasserstoff hat jedoch ihren Preis. Laut der Energy Transitions Commission (ETC) müssten wir bis 2050 15 Billionen Dollar ausgeben, um eine nachhaltige globale Wasserstoffwirtschaft aufzubauen, die 15-20 Prozent des Energieverbrauchs deckt. Die grüne Wasserstoffproduktion müsste dabei um das fünf- bis siebenfache gesteigert werden, was wiederum jährlich bis zu 30.000 TWh zusätzlichen Strom aus erneuerbaren Energien erfordern würde.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass grüner Wasserstoff dort am sinnvollsten produziert werden sollte, wo die Bedingungen für erneuerbare Energien am besten sind. Ohne stabile strategische Partnerschaften mit sonnenreichen Ländern wird grüner Wasserstoff hierzulande nur ein Traum bleiben.

Insgesamt bietet Wasserstoff viele Chancen, aber auch Herausforderungen. Es ist ein vielversprechender Weg, um den Klimawandel anzugehen und den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft zu unterstützen. Allerdings erfordert der Einsatz von grünem Wasserstoff erhebliche Investitionen und den Ausbau erneuerbarer Energien. Mit der richtigen Strategie und Zusammenarbeit können wir jedoch die Wette auf Wasserstoff gewinnen und eine nachhaltige Zukunft schaffen.

Ölraffination