Elektroautos auf hoher See: Sind brennende Batterien eine Gefahr für die Schifffahrt?

Elektroautos auf hoher See: Sind brennende Batterien eine Gefahr für die Schifffahrt?

Ein Jahr nach einem schweren Schiffsunglück, das mutmaßlich durch ein brennendes Elektroauto verursacht wurde, hat eine Reederei beschlossen, keine Elektrofahrzeuge mehr zu verschiffen. Doch wie riskant ist der Transport dieser Fahrzeuge auf hoher See wirklich?

Vor etwa einem Jahr sank der Autofrachter “Felicity Ace” vor der Küste der Azoren. An Bord befanden sich Tausende Luxusfahrzeuge, darunter auch Elektroautos, die in die USA transportiert werden sollten. Vermutlich brachen die Lithium-Ionen-Batterien der Elektroautos an Bord in Flammen aus. Die genaue Brandursache konnte nicht ermittelt werden.

Erste Reederei zieht Konsequenzen

Die norwegische Reederei Havila Kystruten hat nun als wahrscheinlich erste Reederei weltweit beschlossen, den Transport von Elektroautos auf ihren Schiffen einzustellen. Laut den FAQ der Reederei sind Elektro-, Hybrid- und Wasserstoffautos nicht mehr erlaubt, während Verbrennungsmotoren weiterhin befördert werden.

Bent Martini, der Geschäftsführer von Havila Kystruten, begründet diese Entscheidung mit einer “Sicherheitsbewertung”. Ein möglicher Brand in Elektro-, Hybrid- oder Wasserstoffautos erfordere externe Rettungsmaßnahmen und könne sowohl die Menschen an Bord als auch die Schiffe gefährden.

Schwierigkeiten bei der Brandbekämpfung

Jochen Schäfer, ein Fachberater für Elektromobilität beim Deutschen Feuerwehrverband, kann die Entscheidung der Reederei nicht nachvollziehen. Seiner Meinung nach gibt es Möglichkeiten, Brände von Elektroautos und Batterien auch an Bord eines Schiffes unter Kontrolle zu bringen. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie ist jedoch skeptisch. Obwohl Seeleute für die Brandbekämpfung an Bord ausgebildet sind, zählen Brände auf einem Schiff zu den gefährlichsten Ereignissen. Außerdem können nicht wie an Land weitere Feuerwehrleute und zusätzliche Ausrüstung zum Brandort gebracht werden.

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Es besteht also noch Nachholbedarf in der Ausbildung der Seeleute. Einige Reedereien arbeiten bereits mit der Meyer Werft zusammen, um die Brandbekämpfung speziell an Bord eines Schiffes zu trainieren.

Herausforderungen bei der Löschung

Das Löschen von Bränden an Elektroautos ist zeitaufwändig, sowohl an Land als auch auf See. Für Rettungsmaßnahmen ist es notwendig, die Batterien zu kühlen, da sie sich auch nach dem Löschen erneut entzünden können. Das Herunterkühlen der Batterie auf 60 Grad Celsius wird vom Deutschen Feuerwehrverband empfohlen. Das Problem besteht jedoch darin, dass die Batterien in Elektroautos fest verbaut sind, um in Unfällen nicht aus der Verankerung zu rutschen. Eine spezielle Schulung ist erforderlich, um im Ernstfall effektiv die Batterien löschen und kühlen zu können.

Risiken eines Schiffsbrandes

Ein Brand innerhalb eines Schiffes birgt ein besonderes Risiko. Beim Brand von Elektroautos werden hochgiftige und ätzende Gase freigesetzt, insbesondere Flusssäure und Phosphorwasserstoff. Dies stellt besonders in geschlossenen Ladedecks von Fähren eine Gefahr dar. Die Brandbekämpfung von Batteriebränden kann bis zu 24 Stunden dauern und die Stabilität des Schiffes beeinträchtigen, wenn zu viel Löschwasser verwendet wird. Die Tatsache, dass die Fahrzeuge oft eng aneinander geparkt sind, erschwert die Brandbekämpfung und erhöht die Gefahr des Übergreifens des Feuers auf umliegende Fahrzeuge.

Sicherheitsstandards für den Transport

Um solche Situationen zu vermeiden, arbeitet die International Maritime Organization (IMO) an Möglichkeiten, um Brände auf Schiffen frühzeitig zu erkennen. Ab dem kommenden Jahr wird sich der Sicherheitsausschuss mit dem Thema befassen. Bereits jetzt gibt es einige Sicherheitsvorgaben, wie separate Stellplätze für Elektroautos auf den Ladedecks und spezielle Sicherheitsvorgaben und Prüfstandards für Lithiumbatterien im International Maritime Code for Dangerous Goods (IMDG-Code) erklärt Christian Bubenzer, ein Experte der Dienststelle Schiffssicherheit.

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Die Bedeutung der richtigen Ausbildung

Fachmann Jochen Schäfer betont, dass der Transport von Lithium-Ionen-Batterien nicht riskanter ist als der Transport von Verbrennungsmotoren. Er hält ein generelles Verbot des Transports von Elektroautos auf Schiffen für das falsche Signal. Vielmehr sollte die Crew richtig ausgebildet sein, um im Ernstfall angemessen reagieren zu können.

Derzeit ist dem Verband Deutscher Reeder nicht bekannt, dass deutsche Reedereien ähnliche Maßnahmen wie Havila Kystruten ergreifen. Es sind auch keine erhöhten Vorfälle von Schiffsbränden durch Elektroautos bekannt. Möglicherweise bleibt Havila Kystruten also die Ausnahme.