Elektroautos dürfen in Österreich schneller fahren

Elektroautos dürfen in Österreich schneller fahren

In vielen europäischen Ländern gibt es Anreize zur Förderung der Elektromobilität. Meist handelt es sich um Steuererleichterungen und Subventionen beim Kauf, die den Umstieg auf Elektroautos erleichtern sollen. Als die österreichische Bundesregierung kürzlich Elektroautos von der Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 km/h auf Strecken, die als “Luftschutzgebiete” ausgewiesen sind, befreite, war das einzigartig in Europa.

In Österreich werden Abschnitte von Autobahnen und Schnellstraßen mit insgesamt 440 Kilometern Länge als Luftschutzgebiete ausgewiesen. Dort gilt eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 km/h. Je langsamer Diesel- und Benzinfahrzeuge fahren, desto weniger CO2 stoßen sie aus. Dies regelt das Immissionschutzgesetz-Luft (IG-L), das den Verkehr vor schädlichen Emissionen schützen soll.

Verkehrssicherheit

Elektroautos fahren weitgehend emissionsfrei. Mit der steigenden Anzahl von Elektroautos auf den Straßen war es daher nur eine Frage der Zeit, bis die Geschwindigkeitsbegrenzung in Frage gestellt wurde. Die Debatte wurde vom Tiroler Rechtsanwalt Christian Schöffthaler angestoßen. 2014 überschritt er absichtlich die Geschwindigkeitsbegrenzung, um eine Beschwerde beim regionalen Verwaltungsgericht einreichen zu können. Das Gericht wies die Beschwerde damals ab. Die Begründung lautete: Unterschiedliche Geschwindigkeitsbegrenzungen für PKW können den Verkehrsfluss unterbrechen und die Verkehrssicherheit gefährden.

Anreiz für Elektroautos

Schöffthalers Klage wurde bald von anderen Personen unterstützt. Doch vor Gericht hatten sie keinen Erfolg. Anders sah es im Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus aus. Die damalige Ministerin Elisabeth Köstinger von der Österreichischen Volkspartei betrachtete die Aufhebung der Geschwindigkeitsbegrenzung für Elektroautos als Anreiz. Sie setzte die neue IG-L-Verordnung im November 2018 in Kraft. Die tatsächliche Umsetzung erfolgte jedoch erst am 1. Juli 2019, als die Verkehrsschilder an den entsprechenden Streckenabschnitten angebracht wurden.

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Einführung des Lufthunderts

  • Die neue Regelung, auch bekannt als Lufthundert, gilt ausschließlich für Autobahnen und Schnellstraßen. Nicht jedoch auf anderen Straßen, wo die IG-L-Geschwindigkeitsbegrenzung weiterhin gilt.

  • Die Lufthundert-Befreiung gilt für voll elektrische Fahrzeuge und Fahrzeuge mit Wasserstoff-Brennstoffzellentechnologie. Plug-in-Hybridfahrzeuge sind nicht eingeschlossen.

  • Die Befreiung kann nur von Autofahrern mit grünem Kennzeichen für Elektroautos genutzt werden. Seit 2017 kann dies für Fahrzeuge mit einem vollelektrischen Motor beantragt werden, ist aber nicht obligatorisch.

Asfinag

Der Österreichische Autofahrer Club (ÖAMTC) begrüßte die neue IG-L-Verordnung und stimmte Schöffthal und der Ministerin zu. Laut ÖAMTC ist das Lufthundert bei österreichischen Autofahrern generell unbeliebt. In einer Online-Umfrage lehnten die Hälfte der Befragten die Geschwindigkeitsbegrenzung ab. Nur jeder Fünfte fand sie in Ordnung.

Negative Nebeneffekte

Eine klare Ablehnung der Abschaffung des Lufthunderts für Elektroautofahrer kam vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ), einer weiteren österreichischen Autofahrervereinigung. Der VCÖ setzt sich für ein ökologisch verträgliches, wirtschaftlich effizientes und sozial gerechtes Verkehrssystem ein. Die Experten des VCÖ wiesen auf die negativen Nebeneffekte hin und forderten effektivere Maßnahmen, um die Transformation des Energiesystems zu beschleunigen. Laut VCÖ behindern unterschiedliche Geschwindigkeiten den Verkehrsfluss, erhöhen das Unfallrisiko und erschweren die Arbeit der Geschwindigkeitskontrolleure und der Verkehrspolizei. Außerdem sind Elektroautos nicht vollständig umweltfreundlich und produzieren Feinstaub durch den Verschleiß von Bremsen und Reifen. Gemäß dem jüngsten Emissionsbericht des Bundesumweltamts werden 58% der PM10-Emissionen von Feinstaub durch aufgewirbelten Staub und den Verschleiß von Bremsen und Reifen verursacht. Der VCÖ sieht dies als problematisch an, da unterschiedliche Geschwindigkeiten in den Luftschutzgebieten zu mehr Bremsmanövern führen und somit den Verschleiß von Bremsen und Reifen erhöhen.

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Die Experten des VCÖ zweifeln auch daran, ob die Befreiung für Lufthundert-Fahrer tatsächlich dazu führen wird, dass Bürger hundertmal schneller auf Elektroautos umsteigen. Sie führen den geringen Anteil von Elektroautos in Österreich hauptsächlich auf ein mangelndes Angebot der Automobilindustrie zurück. Wenn es nach dem VCÖ geht, sollte die Regierung die CO2-Grenzwerte senken und die Elektroauto-Quote für Automobilhersteller erhöhen. Dadurch könnte die Anzahl von Elektroautos auf dem Markt steigen.

Europa

Ein weiteres Problem im Hinblick auf den internationalen Verkehr besteht darin, dass die Lufthundert-Befreiung nur für Fahrzeuge mit einem Kennzeichen gilt, das grüne Buchstaben trägt. Schon vor Inkrafttreten des Gesetzes waren deutsche Medien der Ansicht, dass dies ausländische Autofahrer benachteiligt.

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