Elektromobilität in der freien Autowerkstatt: Alles, was du wissen musst

Elektromobilität in der freien Autowerkstatt: Alles, was du wissen musst

Mit der steigenden Anzahl an Elektrofahrzeugen auf den Straßen Österreichs wird das Thema E-Mobilität immer relevanter. Aber welche Kenntnisse und Zertifizierungen benötigt man, um als Kfz-Techniker oder Werkstattbetreiber Reparatur- und Wartungsarbeiten an Hochvolt-Fahrzeugen durchführen zu dürfen?

Die Qualifizierung für Hochvolt-Fahrzeuge

Die Arbeit an Elektrofahrzeugen erfordert spezialisiertes Fachpersonal. Ohne die entsprechende Ausbildung darf selbst ein erfahrener Kfz-Techniker nicht einmal Reifen an einem elektrifizierten Pkw wechseln. Die Gründe liegen in den potenziell tödlichen Gefahren von Hochvoltsystemen, die Spannungen von 60 bis 1500 Volt Gleichspannung (DC) oder 30 bis 1000 Volt Wechselspannung (AC) umfassen. Die Ausbildung gliedert sich in drei Stufen:

HV 1: Grundlegende Arbeiten am Fahrzeug

Mit dieser Ausbildungsstufe darf man alle nichtelektrotechnischen Arbeiten am Fahrzeug durchführen, wie beispielsweise den Ölwechsel, Reifentausch oder Karosseriearbeiten, sowie Arbeiten am konventionellen Bordnetz.

HV2: Spannungsfreie Arbeiten am Hochvoltsystem

Mit dieser Stufe darf man Hochvoltsysteme spannungsfrei schalten, Maßnahmen gegen ein Wiedereinschalten setzen und elektrotechnische Arbeiten durchführen. Außerdem darf man andere Mitarbeiter innerbetrieblich für nichtelektronische Tätigkeiten unterweisen.

HV3: Arbeiten unter Spannung

Mit dieser Stufe ist man qualifiziert, Arbeiten unter Spannung am Energiespeicher von Elektrofahrzeugen mit Hochvoltsystemen durchzuführen.

Erkennung der Hochvolt-Komponenten

Alle Hochvoltkomponenten und -systeme sind mit gelben Hinweisschildern “Achtung gefährliche Spannung” gekennzeichnet, während die stromführenden Kabel orange gefärbt sind. Dazu gehören der Hochvoltakku, der Elektromotor, die Leistungselektronik, der Klimakompressor, die Heizung und der Wandler für das Bordnetz. Bei Fahrzeugen mit Permanentmagnet-Elektromotoren verbieten spezielle Hinweisschilder außerdem die Annäherung von Personen mit Herzschrittmachern.

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Neue Tätigkeiten bei Elektrofahrzeugen

Mit Elektrofahrzeugen kommen neue Aufgaben und Tätigkeiten auf Werkstattmitarbeiter zu. So entfallen beispielsweise der Öl- und Ölfilterwechsel, der Zündkerzenwechsel, der Luftfilterwechsel, der Zahnriemenwechsel sowie Reparaturen an Kupplung und Abgasanlage. Dafür sind nun HV-Komponententausch, elektrische Messungen, Wartungsarbeiten am HV-Akku, Batteriemodultausch, Kontrolle des Ladeequipments und HV-Diagnosen erforderlich.

Anforderungen für den Arbeitgeber und den Elektroarbeitsplatz

Arbeitgeber müssen sich über den neuesten Stand der Technik informieren, ihre Mitarbeiter ausreichend unterweisen und deren Eignung in Bezug auf Sicherheit und Gesundheitsschutz berücksichtigen. Zudem müssen sie die vorhandenen Gefahren für die Arbeitnehmer ermitteln und beurteilen. Ein Elektroarbeitsplatz muss durch eine Absperrung deutlich gekennzeichnet werden, und auf dem Dach des Elektrofahrzeugs muss ein Warndreieck mit Blitzsymbol angebracht sein. Batterie-Arbeitsplätze müssen abgesperrt sein, um unbefugten Zugang zu verhindern.

Die richtige Ausstattung, Schutzausrüstung und Werkzeuge

Für die Arbeit an Elektrofahrzeugen sind spezielle Prüfgeräte zur Messung von Gleich- und Wechselspannung sowie für Widerstands- und Durchgangsprüfungen erforderlich. Handwerkzeuge wie Schraubenschlüssel und Zangen müssen isoliert sein und für Arbeiten unter Spannung bis 1.000 Volt (AC) und 1.500 Volt (DC) geeignet sein. Mitarbeiter, die an Elektrofahrzeugen oder Komponenten arbeiten, müssen geeignete Schutzkleidung tragen, einschließlich antistatischer Hosen und Bundjacken, Sicherheitsschuhen der Sicherheitsklasse S3 und Spannungsschutz-Handschuhen. Ein Gesichtsschutz ist erforderlich, um vor Störlichtbögen zu schützen.

Aktuelle Ausbildungsrichtlinien in Österreich

Die derzeit gültige Richtlinie ÖVE R19 wird durch eine neue Richtlinie ersetzt, die voraussichtlich im 2. Quartal 2021 veröffentlicht wird. Die dreistufige Ausbildung für Werkstattmitarbeiter bleibt erhalten, jedoch wird eine neue Stufe 0 eingeführt, in der das Wissen über die Bedienung von Elektrofahrzeugen einschließlich Ladetechnik vermittelt wird.

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Zeit- und Kostenfaktoren für die Ausbildung

Die Ausbildungsstufe 1 dauert bis zu vier Unterrichtseinheiten, die an einem halben Tag absolviert werden. Die Ausbildungsstufen 2 und 3 umfassen jeweils 16 Unterrichtseinheiten an zwei vollen Tagen. Die Kosten für die Ausbildungsstufen 2 und 3 betragen jeweils rund 500 Euro.

Investitionen für einen Elektroarbeitsplatz

Je nach Größe der Werkstatt müssen etwa 5.000 bis 10.000 Euro für den Einrichtung eines Elektroarbeitsplatzes eingeplant werden. Dies beinhaltet Werkzeuge, Messgeräte, Hinweisschilder und Absperrungen.

Herstellerinformationen für Elektrofahrzeuge

Hersteller stellen Informationen wie Reparaturanleitungen auf speziellen Plattformen zur Verfügung. Der Zugang zu diesen Informationen erfolgt in der Regel über ein Abonnement-Modell.

Entsorgung von Elektrofahrzeugen

Die Entsorgung von Elektrofahrzeugen in Österreich ist im Abfallwirtschaftsgesetz und in der Altfahrzeugregelung festgelegt. Fachunternehmen, wie beispielsweise die Firma Saubermacher, sind auf die Entsorgung von Elektrofahrzeugen spezialisiert.

Mit den richtigen Kenntnissen, Zertifizierungen und Werkzeugen sind freie Autowerkstätten bestens gerüstet, um sich den Herausforderungen der Elektromobilität zu stellen. Die Nachfrage nach kompetenten Fachleuten wird mit der steigenden Zahl an Elektrofahrzeugen sicherlich weiter wachsen.