Wenn man sich fragt, wie man im Schlaf reich werden kann, stolpert man über die verrücktesten Ratschläge. Dass man jedoch mit Schlaf tatsächlich viel Geld verdienen kann, bestätigt Dennis Schmoltzi auf seriöse Weise. Vor zehn Jahren gründete der 36-Jährige gemeinsam mit Manuel Müller das Unternehmen Bettzeit, und 2015 wurde unter dem Dach des Start-ups die Matratze Emma geboren.
Seither hat sich das kleine Matratzen-Startup aus Frankfurt zu einem bedeutenden Player in der Branche entwickelt. Im letzten Jahr alleine verkaufte Emma weltweit 2,3 Millionen Matratzen und steigerte den Umsatz von 645 Millionen Euro auf 873 Millionen Euro. Das Ziel der Emma-Macher für 2023 ist es, die eine Milliarde Euro Umsatzmarke zu knacken – und sie sind auf einem guten Weg, dies zu erreichen, so Co-Chef Schmoltzi im Gespräch mit dem stern.
Emma-Matratze: Vom Nichts zur Milliarde
Eine Milliarde Euro Umsatz pro Jahr. Mit einer Matratzenmarke, die vor zehn Jahren noch nicht einmal existierte. Das ist die beeindruckende Erfolgsgeschichte von Emma. Denn andere haben ebenfalls versucht, in die Matratzenbranche einzudringen und sind grandios gescheitert. Gleichzeitig drängten vor einigen Jahren auch ausländische Online-Anbieter wie Casper oder Eve auf den deutschen Markt, der zuvor von stationären Ladenketten dominiert wurde. Während die traditionellen Matratzenhändler ihre Kunden mit intransparenten Angeboten quälten und deren sich ständig ändernde Modelle kaum vergleichbar waren, warben die Online-Herausforderer mit viel Marketing für eine einzige Matratze, die für alle passen sollte und per Mausklick bestellbar war.
Jedoch scheiterte der Deutschland-Feldzug des US-Riesen Casper trotz vieler Investorenmillionen, an dem sogar die Hollywood-Stars Leonardo DiCaprio und Tobey Maguire beteiligt waren. Ebenso unglücklich verlief die Deutschland-Expansion des britischen Anbieters Eve, der sich nach einem vernichtenden Urteil der Stiftung Warentest vom deutschen Markt zurückzog. Stattdessen erobert nun die deutsche Emma-Matratze die Welt.
Emma wird mittlerweile in 30 Ländern verkauft, und die rund 1000 Mitarbeiter sitzen nicht nur in der Frankfurter Zentrale, sondern auch in Büros in Lissabon, Mexiko, Manila und Shanghai. “Als wir gestartet sind, war unser Ziel, den größten Online-Shop für Matratzen in Deutschland zu schaffen”, sagt Schmoltzi, der vor dem Emma-Abenteuer Unternehmensberater bei McKinsey war. “Heute sind wir die größte Schlafmarke Europas. Unser Anspruch ist es, eine der führenden, wenn nicht die führende Schlafmarke der Welt zu werden.” Als Vorbild nennt Schmoltzi den börsennotierten US-Konzern Tempur Sealy, der weltweit rund fünf Milliarden Euro Umsatz pro Jahr erwirtschaftet.
Die Macht der Stiftung Warentest
Emma ist noch nicht an der Börse. Die Gründer haben das Geschäft aus eigener Kraft aufgebaut und sind nach eigenen Angaben bereits seit fünf Jahren profitabel. Erst 2020 haben Schmoltzi und Müller 50,1 Prozent von Emma an den Mischkonzern der Familie Haniel verkauft. Die beiden Gründer halten jeweils noch knapp ein Viertel der Anteile und führen das Unternehmen weiterhin. Der Verkauf erfolgt nach wie vor hauptsächlich online, obwohl es Emma mittlerweile auch in deutschen Geschäften zu kaufen gibt.
Der größte Konkurrent von Emma auf dem deutschen Matratzenmarkt ist ebenfalls ein Underdog, der aus dem Nichts den Durchbruch geschafft hat. Unter den Online-Anbietern hatte anfangs die Berliner Firma Bett1 mit ihrem Modell “Bodyguard” die Nase vorn. Die Bodyguard-Matratze wurde mehrfach von der Stiftung Warentest als beste Matratze ausgezeichnet und wurde dadurch zum Bestseller.
Jedoch konnte auch Emma sich in mehreren Vergleichstests behaupten. Im Jahr 2019 gewann die Emma Schaumstoffmatratze den ersten Platz, 2021 wurde auch die Emma Federkern-Matratze von den Testern auf den Thron gehoben, und erst vor wenigen Wochen die wendbare Emma Duo Flip. “Dass die Stiftung Warentest uns ausgezeichnet hat, hat uns in Deutschland definitiv einen Schub beim Wachstum gegeben”, sagt Schmoltzi. Er freut sich über weitere Auszeichnungen, betont jedoch zugleich: “Auf dem Level, auf dem wir uns nun befinden, hängt unser Erfolg als Unternehmen nicht mehr davon ab.”
Weltweite Expansion und lokale Vorlieben
Deutschland ist für Emma mit einem dreistelligen Millionenumsatz zwar immer noch der größte Absatzmarkt, aber längst nicht mehr der einzige wichtige Markt. Auch Großbritannien und Frankreich spielen in Europa eine bedeutende Rolle. Das größte prozentuale Wachstum verzeichnet Emma derzeit in Nord- und Südamerika sowie in Asien. Dabei sieht sich Emma mit der Herausforderung konfrontiert, einerseits ein möglichst einheitliches Produkt anzubieten und andererseits den landestypischen Vorlieben gerecht zu werden. “Je nach Land gibt es unterschiedliche Kundenpräferenzen”, erklärt Schmoltzi.
In den USA bevorzugen Kunden beispielsweise besonders weiche Matratzen, während Menschen in vielen asiatischen Ländern eher feste Matratzen bevorzugen. In Kolumbien muss eine Matratze unbedingt wendbar sein, weil man es dort so gewohnt ist. Emma löst diese Herausforderung, indem sie versucht, für die jeweiligen Märkte möglichst vor Ort zu produzieren. Kurze Transportwege vom Werk zum Kunden seien bei einem so sperrigen Produkt wie einer Matratze ohnehin kosteneffizienter, so Schmoltzi. Auch das operative Management versucht, Emma möglichst dezentral zu organisieren. Junge Mitarbeiter vor Ort sollen bereits viel Verantwortung übernehmen können.
Ein weiteres Anliegen, das Matratzenhersteller Schmoltzi beschäftigt, ist das Thema Nachhaltigkeit. Die in Deutschland vorherrschende Schaumstoffmatratze besteht im Wesentlichen aus Erdöl und ist schwer zu recyceln, so Schmoltzi. Langfristig könne dies keine Lösung sein. “Es ist uns wichtig, unseren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren”, betont Schmoltzi. Daher setzt Emma derzeit verstärkt auf Matratzen mit Federkern und sucht nach weiteren Alternativen. “Wie wir in zehn Jahren liegen werden, weiß ich nicht, aber ich denke, dass der Trend weg von erdölbasierten Schaumstoffmatratzen geht.”
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