Die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) hat Empfehlungen zur Erstellung von Gutachten in Arzthaftungsprozessen veröffentlicht. Diese Empfehlungen dienen als Leitfaden für medizinische Sachverständige und sollen zur Verbesserung der Gutachtenqualität beitragen.
Über die Empfehlungen zur Abfassung von Gutachten
Die Empfehlungen wurden von einer Arbeitsgemeinschaft aus elf Ärzten und zwölf Juristen erarbeitet. Sie sollen den medizinischen Sachverständigen in Arzthaftungsprozessen helfen und dazu beitragen, die Qualität der Gutachten in Verfahren vor Gutachterkommissionen, Schlichtungsstellen und Strafverfahren gegen Ärzte zu verbessern.
Empfehlungen zur Abfassung von Gutachten in Arzthaftungsprozessen
Erläuterungen
Es gibt keine gesetzlichen Vorschriften für den Aufbau und den Inhalt von Gutachten in Arzthaftungsprozessen. Das Gutachten muss jedoch objektiv, ausgewogen, schlüssig und verständlich sein. Es wird empfohlen, nach einem bestimmten Schema vorzugehen und dabei folgende Punkte zu beachten:
I. Auftrag
- Der Sachverständige (Sv) prüft seine Kompetenz und Unbefangenheit.
- Bindung an die Beweisfrage.
- Kopf des Gutachtens und Wiedergabe der Beweisfrage.
II. Grundlagen der Begutachtung
- Gerichtsakten und Krankenpapiere.
- Durchgeführte Untersuchungen.
- Sonstige Erkenntnisquellen.
- Verhalten bei streitigem Sachverhalt.
- Anregungen zur Ergänzung der Beweisaufnahme.
III. Sachverhalt
- Beschreibung von Krankengeschichte und Behandlungsverlauf.
- Auffälligkeiten, Widersprüche und Lücken in den Krankenpapieren.
IV. Bewertung des ärztlichen Vorgehens
- Begriff des Behandlungsfehlers.
- Standard, Versorgungsstufe und Übernahmeverschulden.
- Umgang mit Leitlinien und Empfehlungen.
- Kausalität des ärztlichen Vorgehens für den Schaden.
- Grober Behandlungsfehler und Umkehr der Beweislast.
- Umfang des Schadens und Prognose für weitere Entwicklung.
V. Zusammenfassung
Das Gutachten schließt mit einer Zusammenfassung, in der die Antwort auf die Beweisfrage gegeben wird.
VI. Eidliche Versicherung
Eine eidliche oder eidesstattliche Versicherung ist nur erforderlich, wenn das Gericht dies ausdrücklich verlangt.
VII. Unterschrift
Das Gutachten wird vom SV unterzeichnet. Bei Kollegialgutachten sind alle beteiligten Sachverständigen zu unterzeichnen.
Entsprechende Anwendung dieser Regeln auf Gutachten in anderen Verfahren
Die Empfehlungen gelten auch für Gutachten in Haftungsprozessen gegen Krankenhausträger oder nichtärztliche Personen aus dem Bereich der Heil- und Heilhilfsberufe wie Heilpraktiker, Hebammen, Masseure und Pflegepersonal.
Für Gutachten, die für Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen erstellt werden, gelten die Empfehlungen entsprechend. Dabei sind jedoch einige Anpassungen vorzunehmen.
Auch in Strafverfahren können die Empfehlungen angewendet werden. Hier sind jedoch einige Besonderheiten zu beachten, insbesondere hinsichtlich der Amtsaufklärungspflicht, des subjektiven Fahrlässigkeitsbegriffs und der Kausalität.
Allgemeine Regeln für medizinische Gutachten
I. Form und Sprache
Das Gutachten sollte im DIN A4-Format verfasst werden und eine klare Schrift aufweisen. Die Sprache sollte verständlich sein und Fachausdrücke erklärt werden.
II. Literatur
Bei Verwendung von Fachliteratur sollte diese genau zitiert werden, um ihre Nachprüfbarkeit zu gewährleisten.
III. Umgang mit anderen Gutachten
Falls bereits andere Gutachten vorliegen, sollten diese sachlich behandelt und gegebenenfalls begründet abgewichen werden.
IV. Stellungnahme zu Rechtsfragen
Der Sachverständige äußert sich nicht zu Rechtsfragen, sondern liefert nur das tatsächliche Material.
V. Bitte um Urteilsabschrift
Der Sachverständige kann eine Urteilsabschrift bitten, um die Reaktion des Gerichts auf sein Gutachten zu erfahren.
Diese Empfehlungen sollen dazu beitragen, die Qualität von medizinischen Gutachten in Arzthaftungsprozessen zu verbessern und eine einheitliche Vorgehensweise zu etablieren.