Energiekrise: Preisdeckel – Segen oder Fluch?

Energiekrise: Preisdeckel – Segen oder Fluch?

Die Energiepreise steigen unaufhörlich an und viele Haushalte sind von den Auswirkungen der Energiekrise stark betroffen. Angesichts dessen stellt sich die Frage, warum der Staat unbedingt Preisdeckel einführen möchte. In diesem Kommentar wollen wir uns genauer mit diesem Thema auseinandersetzen und die verschiedenen Aspekte beleuchten.

Die Lenkungsfunktion der Preise

Preise haben eine Lenkungsfunktion, auch wenn es zu abrupten Verknappungen kommt. Wenn die Bundesregierung die Energiepreise den Marktkräften überlassen würde und den Gasversorgern erlauben würde, die Kosten weiterzugeben, ginge von den extrem steigenden Marktpreisen ein erheblicher Anreiz zum Energiesparen aus. Schätzungen des DIW zufolge könnte dies zu einer Einsparung von 25 Prozent beim Gasverbrauch führen. Das entspricht etwa der Menge, die benötigt wird, um den Winter zu überstehen. Natürlich hätte dies auch Konsequenzen für Geringverdienende und die untere Mittelschicht, die möglicherweise nicht über genügend Einkommen oder Ersparnisse verfügen, um die hohen Preise abzufedern. Dies könnte zu Zahlungsunfähigkeit und zur Abkoppelung von der Energieversorgung führen und zu einer Vielzahl von Privatinsolvenzen führen.

Zielgenaue Unterstützung der Haushalte

Solche sozialen Verwerfungen rechtfertigen in einer sozialen Marktwirtschaft die gezielte Unterstützung dieser Haushalte durch den Staat, aber eben nur dieser. Eine Möglichkeit der gezielten Unterstützung wäre die Gewährung von Pauschalzahlungen an alle Haushalte, deren Einkommen unterhalb des Medians liegen. Auf diese Weise könnte eine zielgenaue Unterstützung erfolgen, ohne den Anreiz zum Energiesparen zu beeinträchtigen. Leider konzentrieren sich die Maßnahmen des dritten Entlastungspakets hauptsächlich auf die untersten Einkommen und vernachlässigen die untere Mittelschicht.

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Preisdeckel vs. Pauschalzahlungen

Die Bundesregierung hat stattdessen verschiedene Preisdeckel angekündigt, wie zum Beispiel einen Gaspreisdeckel und eine Deckelung der Strompreise für den Grundbedarf. Diese sollen durch die Abschöpfung von “Zufallsgewinnen” finanziert werden. Allerdings führen solche Deckel dazu, dass die marktorientierte Preissetzung, die die aktuellen Knappheiten widerspiegelt, ausgesetzt wird. Ein Preisdeckel hat gegenüber einer Pauschalzahlung an bestimmte Zielgruppen viele Nachteile. Zum einen senkt ein Preisdeckel die Kosten für alle Haushalte, was zu einer Umverteilung von unten nach oben führt. Zum anderen geht damit der Anreiz zum Energiesparen verloren. Darüber hinaus führt ein auf bestimmte Energieträger beschränkter Preisdeckel zu weiteren Verzerrungen, da die Preise für Energieträger ohne Preisdeckel relativ teuer werden. Geringverdienende Haushalte, die auf andere Energieträger angewiesen sind, wären weiterhin auf anderweitige finanzielle Unterstützung angewiesen.

Gezielte Hilfen durch Pauschalen

Es ist jedoch noch nicht zu spät, von der Deckelei der Preise abzulassen und gezielte Hilfen über Pauschalen an diejenigen auszureichen, die staatliche Unterstützung wirklich benötigen. Hierfür müsste der Bund die notwendige Infrastruktur entwickeln, um solche Auszahlungen als “negative Einkommenssteuer” über die Steuerbehörden zu realisieren. Gleichzeitig könnte der Staat Energieunternehmen höher besteuern, die von den hohen Energiepreisen profitieren und solche Unternehmen von der steuerlichen Belastung ausnehmen, die ihre Gewinne in zusätzliche Kapazitäten für erneuerbare Energien investieren. Denn genau diese Energieträger machen Deutschland unabhängig von anderen Lieferanten.

Es bleibt abzuwarten, wie die Bundesregierung auf die anhaltende Energiekrise reagiert und welche Maßnahmen letztendlich ergriffen werden. Eine gezielte und zielgenaue Unterstützung der Haushalte ist jedoch unerlässlich, um die Not der Betroffenen zu lindern und gleichzeitig Anreize zum Energiesparen zu schaffen.

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Dieser Beitrag erschien erstmals am 16. September 2022 auf Welt Online.