Erschöpft vom Bürojob: Warum Denken uns so müde macht

Erschöpft vom Bürojob: Warum Denken uns so müde macht

Kennen Sie das Gefühl, nach Feierabend völlig ausgelaugt zu sein und erschöpft aufs Sofa zu fallen – obwohl Sie den ganzen Tag eigentliche “nur” auf ihrem Bürostuhl gehockt haben? Während es bei körperlicher Arbeit oftmals als normal angesehen wird, wenn man abends müde ist, wundern sich viele Bürojobber mitunter über das abendliche Tief.

Aber ja – auch Denken macht uns irgendwann müde. Eine aktuelle Studie, die in der Fachzeitschrift “Current Biology” veröffentlicht wurde, zeigt nun, was uns geistige Arbeit kostet.

Erschöpfung: Wie lange können wir denken?

Nach sechs Stunden gaben unabhängig von der Schwere der Aufgabe beide Gruppen an, dass sie sich erschöpft fühlen, sagte Antonius Wiehler, Erstautor der Studie und Verhaltensforscher am Paris Brain Institute bei der Vorstellung der Studie, das könne aber grundsätzlich auch daran liegen, dass wir darauf konditioniert seien, uns nach einem Arbeitstag erschöpft zu fühlen.

Glutamat macht uns das Denken schwer

Also haben sich die Pariser Wissenschaftler mit einer speziellen Magnetresonanzspektroskopie einmal angeschaut, was bei geistiger Arbeit im Gehirn passiert. Das Ergebnis: Glutamat macht uns das Denken schwer. In den Gruppen, die die schwierigeren Aufgaben lösen mussten, stieg die Glutamat-Konzentration über die Zeit deutlich mehr an, erklärt Wiehler.

Die Aminosäure Glutamat ist eine der wichtigsten Botenstoffe im Gehirn und kann nicht nur Konzentrationsstörungen hervorrufen, sondern auch Kopfschmerzen und Herzrasen. In hohen Konzentrationen wirkt Glutamat allerdings toxisch. Grund genug für unseren Körper, den Glutamathaushalt im Normalfall aktiv zu regulieren. Wenn wir allerdings intensive geistige Arbeit leisten, fällt der Ausgleich offenbar schwer.

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Wenn Glutamat die Kontrolle übernimmt

Und was, wenn das Glutamat Überhand gewinnt? Das Forschungsteam hat da eine Vermutung: Wenn die vordere Großhirnrinde zu viel Glutamat produziert, dann wird es schwerer, Nervenzellen zu aktivieren. Eigentlich ist der Bereich im Gehirn dafür zuständig, Gefühle zu regulieren, Handlungen zu planen und die Selbstkontrolle aufrecht zu erhalten. Ein Glutamat-Überschuss führt also zu Erschöpfung und mangelnder Selbstkontrolle.

Was das für unseren Alltag bedeutet, hat Antonius Wiehler ebenfalls mit der Studie dargestellt: Er stellte die Probanden vor die Wahl: Möchten sie jetzt 20 Euro oder in einem Jahr 50 Euro? Die Teilnehmenden, die die kognitiv schwierigeren Aufgaben lösen mussten, haben sich tendenziell für das schnelle Geld entschieden, während die andere Gruppe langfristiger dachte.

Glutamat macht müde – oder?

Insgesamt zeigt die Studie, dass Glutamat eine Rolle bei kognitiver Erschöpfung spielt. “Es ist zwar nicht klar, ob ein erhöhter Glutamatgehalt ursächlich zu einer schwindenden Nervenaktivität in der vorderen Großhirnrinde führt. Die Studie zeigt aber, dass beides miteinander zusammenhängt”, erklärt Fritjof Helmchen vom Institut für Hirnforschung der Universität Zürich.

Ein geringer Anstieg des Glutamatspiegels unter gezielter Anregung ist für den Neurophysiker Harald Möller vom Max-Planck-Institut hingegen nichts Neues. Er verweist darauf, dass der Botenstoff nach Beendigung der Stimulation auch schnell wieder abfällt. Deshalb hätten die französischen Forscher seiner Ansicht nach auch den Glutamatanteil während Ruhephasen messen müssen, um ein ganzheitliches Bild zu haben.

So oder so – Glutamat spielt eine Rolle, wenn wir vom Bürostuhl direkt aufs Sofa wollen. Und laut den Pariser Wissenschaftlern ist es auch das, was unseren Glutamathaushalt in Balance bringt: Eine große Portion Schlaf.

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