Das EU-Bio-Siegel (formell korrekt: “EU-Bio-Logo”) ist eines der bekanntesten und am weitesten verbreiteten Labels für Lebensmittel. Es gewährleistet bestimmte Standards, zeigt aber auch Schwachstellen auf und bietet Alternativen.
Wer innerhalb der Europäischen Union seine Produkte als “bio”, “öko” oder “aus kontrolliert biologischem Anbau” bezeichnen möchte, benötigt seit dem 1. Juli 2010 zwingend das EU-Bio-Siegel bzw. EU-Bio-Logo (PDF).
Schmu und Täuschung bei den EU-Bio-Begriffen
Die Begriffe “öko” und “bio” sind EU-weit geschützt und dürfen auch für Produkte verwendet werden, die sich als “biologisch” oder “ökologisch” bezeichnen.
Allerdings ist Vorsicht geboten: Bezeichnungen wie “kontrollierter Anbau” (ungeschützter Begriff) stehen nicht für “kontrolliert biologischer Anbau” oder “kontrolliert ökologischer Anbau” (beide geschützt). Auch Marketing-Begriffe wie “umweltfreundlicher”, “integrierter” oder “umweltschonender Anbau” sowie “unbehandelt”, “naturnah” oder “kontrolliert” (ohne “biologisch” bzw. “ökologisch”) sind gesetzlich nicht geschützt und daher nicht zuverlässig.
EU-Bio-Logo: die Kriterien
Das EU-Bio-Logo hat zum Ziel, eine nachhaltigere Landwirtschaft durch klare Regeln zu fördern. Die wichtigsten Kriterien des EU-Bio-Siegels sind:
- Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutz- und Düngemittel
- nur etwa 70 zugelassene Zusatzstoffe (konventionelle Produkte haben ca. 400)
- artgerechtere Haltungsformen
- höchstzulässige Anzahl von Tieren pro Hektar
- Verwendung von biologischen Futtermitteln
- Verbot der präventiven Antibiotika-Gabe
- Verbot von Gentechnik
- Verbot von Bestrahlung
- Verbot von Süßstoffen (außer Erythrit), Stabilisatoren, synthetischen Farbstoffen, Konservierungsmitteln und Geschmacksverstärkern
- keine zugesetzten Vitamine und Mineralstoffe (außer bei Produkten, bei denen Gesetze dies vorschreiben, wie beispielsweise Babybrei)
EU-Bio-Siegel = 95% der Zutaten müssen Bio sein
Ein verarbeitetes Lebensmittel darf nur dann als “bio” oder “öko” bezeichnet werden, wenn mindestens 95% der Zutaten den Kriterien des ökologischen Landbaus entsprechen. Die restlichen 5% dürfen aus qualitativen Gründen davon abweichen. Beispielsweise können Zutaten, die in ökologischer Qualität “nachweislich nicht verfügbar” sind, von dieser Regelung ausgenommen werden. Auch Wasser und Salz zählen nicht zu den landwirtschaftlichen Zutaten.
Für gezüchteten Bio-Fisch aus Aquakulturen gelten seit 2010 ebenfalls EU-Standards. Diese umfassen Kriterien für tiergerechte Haltungssysteme, maximale Besatzdichten und nachhaltige Futtermittel. Das EU-Bio-Logo wird jedoch nicht für Wildfang-Fische oder Fleisch aus der Jagd vergeben.
EU-Bio-Logo: Pflicht-Hinweise sind praktisch!
Alle verpackten Bio-Produkte müssen das EU-Bio-Logo tragen. Unter dem Logo findet man praktische Hinweise zur Herkunft der Zutaten:
- “EU-Landwirtschaft” steht für Produkte, bei denen die Rohstoffe in EU-Ländern erzeugt wurden.
- “Nicht-EU-Landwirtschaft” bedeutet, dass die enthaltenen Agrarprodukte aus Drittländern stammen.
- “EU-/Nicht-EU-Landwirtschaft” zeigt an, dass ein Teil der Rohstoffe aus der EU stammt und ein Teil aus Nicht-EU-Ländern.
- Wenn “alle” (mindestens 98%) der enthaltenen Rohstoffe in einem Land produziert wurden, kann auch dieses Land konkret genannt werden (z.B. “Österreich Landwirtschaft”).
- Zutaten, die maximal zwei Prozent ausmachen, müssen bei der Herkunftsangabe nicht berücksichtigt werden.
Der Code über der Herkunftsangabe gibt Auskunft über die Kontrollstelle.
EU-Bio-Siegel: die Kontrollen
Hersteller von Bio-Produkten müssen sich bei einer zugelassenen Öko-Kontrollstelle anmelden. Sowohl Erzeuger als auch Händler müssen nachweisen, dass sie ökologisch wirtschaften und eine Vermischung von Bio-Produkten mit konventionellen Rohstoffen vermeiden und die Rückverfolgbarkeit gewährleisten können.
Nach der ersten Prüfung durch einen Kontrolleur werden die Nutzer des EU-Bio-Siegels mindestens einmal im Jahr kontrolliert, wobei ungefähr jeder fünfte Kontrollbesuch unangekündigt erfolgt. Der Missbrauch des EU-Bio-Siegels kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, einschließlich einer einjährigen Gefängnisstrafe.
Kritik am EU-Bio-Logo
Kritiker betrachten das EU-Bio-Logo als eine Art “Bio light”, da es europaweite Anbauinteressen vereint. Einige Kritikpunkte sind:
- Die Samen für EU-Bioprodukte können konventionell sein, wenn es nicht ausreichend Bioqualität am Markt gibt. Gentechnik und chemische Vorbehandlung sind jedoch ausgeschlossen.
- Bauern, die nach den EU-Bio-Richtlinien wirtschaften, müssen ihren Betrieb nicht vollständig ökologisch bewirtschaften – sie können theoretisch sowohl konventionelle als auch bio-Produkte herstellen. Dies birgt das Risiko von Kontaminationen der biologischen Erzeugnisse (z.B. durch Pestizide) und widerspricht dem Umweltschutz-Gedanken.
- Der Begriff “artgerechte Haltung” ist nicht eindeutig definiert. Das EU-Bio-Logo erlaubt beispielsweise fast die doppelte Anzahl von Legehennen oder Masthühnern pro Hektar im Vergleich zu den drei größten deutschen Bioverbänden Bioland, Demeter und Naturland.
- Die EU-Bio-Richtlinien geben keine Angaben zur Entfernung des Schlachthofs. Während Bioland und Naturland Transporte auf maximal vier Stunden oder 200 Kilometer begrenzen, können Tiere mit dem EU-Bio-Siegel weite Strecken zurücklegen.
Alternativen zum EU-Bio-Siegel
Derzeit gibt es keine gleichwertige Alternative zum EU-Bio-Label, da es der Standard für Bio-Produkte ist. Es gibt jedoch Bio-Anbauverbände wie Naturland, Bioland und Demeter, die eigene Siegel vergeben und strengere Kriterien haben. Produkte, die mit diesen Zeichen ausgezeichnet sind, tragen auch immer das EU-Bio-Siegel.
Es gibt auch regionale Bio-Siegel, die die Einhaltung der EU-Bio-Kriterien mit einer garantierten regionalen Herkunft verbinden. Beispiele dafür sind das Bio-Siegel Bayern, das Bio-Zeichen Baden-Württemberg und das Bio-Zeichen Mecklenburg-Vorpommern. Diese Siegel setzen zusätzliche Anforderungen, wie beispielsweise die Umstellung des gesamten Betriebs auf Bio.
Das EU-Bio-Siegel ist nahezu überall erhältlich. Es ist leicht anhand des Labels zu erkennen und findet sich in praktisch jedem Supermarkt, einschließlich Discountern.
Utopia-Fazit
Das EU-Bio-Siegel, genauer gesagt das EU-Bio-Logo, ist empfehlenswert. Es ist immer besser, Bio-Produkte anstelle von konventionellen Produkten zu kaufen. Bio stellt einen Mindeststandard dar und bietet dabei einen deutlichen Mehrwert für Umwelt, Menschen und Tiere. Es ist daher das Minimum, auf das Verbraucher achten sollten.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auf Utopia.de, darunter Artikel wie “Wann Bio wirklich Bio ist”, “Tipps für den Einkauf von (Bio-)Eigenmarken” und “Durchblick im Siegel-Dschungel: Diese Plattformen helfen weiter”. Außerdem finden Sie im Utopia-Siegel-Guide weitere interessante Labels.
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Schlagwörter: Bio, Bio-Produkte, Sinnvoll genießen, Umweltschutz