Sie sind zwei große Kirchen in Deutschland, haben ähnlich viele Mitglieder und übernehmen teilweise staatliche Aufgaben im Gesundheitswesen und im Erziehungsbereich: die evangelische und die römisch-katholische Kirche. Trotz der Gemeinsamkeiten arbeiten sie vor allem auf der Ebene der Ortsgemeinden gut zusammen.
Die Gemeinsamkeiten
Christen beider Konfessionen glauben grundsätzlich an dasselbe:
- Sie glauben an Gott den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist.
- Sie glauben, dass die Bibel das Wort Gottes ist.
- Sie glauben, dass die Taufe die Mitgliedschaft in der Kirche und die Verbindung zu anderen Christen begründet.
- Sie feiern das Abendmahl und glauben an die Gegenwart von Christus.
- Sie beten das apostolische Glaubensbekenntnis.
- Sie feiern sonntags Gottesdienst und verschiedene Feste im Kirchenjahr.
- Sie singen gemeinsame Kirchenlieder.
- Sie setzen sich für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung ein.
Trotz dieser Gemeinsamkeiten bestehen auf der theologischen und dogmatischen Ebene große Unterschiede zwischen evangelisch und katholisch. Einige dieser Unterschiede wurden bereits von den ersten Reformatoren nach Luther kritisiert, andere zeigten sich erst später.
Die Unterschiede
DER PAPST
Eines der zentralen Probleme aus evangelischer Sicht ist das Papstamt. Im katholischen Verständnis ist der Papst der legitime Nachfolger des Apostels Petrus und der oberste Hirte der Kirche. Protestanten bestreiten diese Position seit jeher. Weder seine Überordnung über die Bibel noch sein Rückbezug auf göttliches Recht könnten seine herausgehobene Stellung begründen. Die Frage nach dem Papstamt bleibt in der ökumenischen Diskussion offen.
WAS IST DIE “KIRCHE”?
Für evangelische Kirchen ist “Kirche” ein Ereignis. Kirche ist überall dort, wo das Evangelium verkündigt wird. Laut Bibel ist Christus dort gegenwärtig. Die katholische Kirche definiert Kirche hingegen wesentlich bestimmter. Sie behauptet, dass nur sie die Heilsmittel in ihrer vollen Fülle hat. Kirche verwirklicht sich nur in der römisch-katholischen Kirche durch das geweihte Amt.
UNTERSCHIEDLICHES AMTSVERSTÄNDNIS
Nach evangelischem Verständnis ist jeder getaufte Christ ein “Priester”. Alle sind beauftragt, ihren Glauben weiterzugeben und sich um Menschen in Not zu kümmern. Das Predigtamt ist für evangelische Pfarrer an die Ordination gebunden. Auch die katholische Kirche kennt ein gemeinsames Priestertum der Getauften, betont aber den Unterschied zum geweihten Stand der Geistlichen. Nur Männer können bisher geweiht werden.
DIE SAKRAMENTE
Die evangelische Kirche kennt nur zwei Sakramente: Taufe und Abendmahl. Diese sind in der Bibel bezeugt. Die katholische Kirche feiert sieben Sakramente, die sich im Lauf der Geschichte entwickelt haben, darunter Firmung, Buße, Weihesakrament und Krankensalbung. Die katholische Kirche erkennt das Abendmahl, das evangelische Geistliche austeilen, nicht als gültig an. Eine Annäherung in Bezug auf das Abendmahl hat jedoch stattgefunden.
GIBT ES FORTSCHRITTE HIN ZUR KIRCHLICHEN EINHEIT?
Luther richtete seine Kritik vor 500 Jahren weder gegen das Amtsverständnis der römischen Kirche noch gegen die Auffassung der Sakramente. Heute vertreten die katholische Kirche und die evangelische Kirche in diesen Fragen ähnliche Positionen. Dies zeigt, dass die Kirchen in der Lage sind, durch ihre ökumenischen Kontakte und theologische Gespräche ihre Positionen neu zu formulieren – auch gemeinsam.
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