Experten hinterfragen die Nebenwirkungen von Bravecto®

Experten hinterfragen die Nebenwirkungen von Bravecto®

Die Debatte über mögliche Nebenwirkungen des Antiparasitikums Bravecto® wird durch einen TV-Beitrag in der RTL-Mittagsshow “punkt12” weiter angeheizt. Tierarztpraxen sollten sich auf Kundennachfragen vorbereiten. Doch was steckt wirklich hinter den Vorwürfen? Experten gehen dem auf den Grund.

Glaubenskrieg in den Sozialen Medien

In den Sozialen Medien gibt es schon seit jeher einen Glaubenskrieg zwischen Tierbesitzern, wenn es um Antiparasitika geht. Auf der einen Seite steht die “böse Chemie”, auf der anderen Seite das “gute Naturprodukt”. Besonders umstritten ist aktuell das Medikament Bravecto®, dem schwere Nebenwirkungen bis hin zum Tod von Hunden vorgeworfen werden. Die RTL-Mittagsshow “punkt12” hat das Thema aufgegriffen und mit emotionalen Leidensbildern von vermeintlich betroffenen Hunden weiter befeuert. Der Beitrag wurde über Facebook und YouTube verbreitet. Es gibt bereits Facebook-Gruppen, die die Frage stellen: “Ist Bravecto® sicher?”. Dort werden Videos und Erfahrungsberichte von Tierbesitzern gepostet, die das Antiparasitikum für die Symptome ihrer kranken Hunde verantwortlich machen. Die Aufsichtsbehörden gehen diesen Vorwürfen nach, jedoch wurde bisher kein kausaler Zusammenhang zwischen dem Medikament und den gemeldeten Nebenwirkungen nachgewiesen.

Die Fakten

Die deutschen Aufsichtsbehörden haben bisher nur gastrointestinale Effekte als mögliche Nebenwirkungen in der Fachinformation von Bravecto® aufgeführt. Seit der Markteinführung 2014 sind jedoch Berichte über unerwünschte Arzneimittelwirkungen eingegangen, die schwere neurologische Symptome wie Zittern, Ataxie, Krampfanfälle und Epilepsie beschreiben. Tierärzte sollten verstärkt auf diese möglichen Nebenwirkungen achten. Der Hersteller von Bravecto®, MSD, hat eine eigene Webseite eingerichtet, auf der er die gemeldeten unerwünschten Ereignisse als selten einstuft. Zudem betont er, dass es auch schwerwiegende unerwünschte Ereignisse gibt, die als sehr selten eingestuft werden. Eine Bloggerin hat sich ebenfalls sachlich mit dem Thema auseinandergesetzt und auf ihrer Webseite “fluffology” die Nebenwirkungen von Antiparasitika und insbesondere von Bravecto® analysiert.

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Handlungsempfehlungen für Tierärzte

Tierärzte sollten sich und ihr Praxisteam auf kritische Nachfragen und Vorwürfe von Kunden zu Bravecto® vorbereiten. Es wird von Tierhaltern kritisiert, dass viele Praxen von der aktuellen Debatte nichts wissen und daher nicht ausgewogen beraten können. Tierärzte, die bisher keine schweren Nebenwirkungen bei ihrer Klientel beobachtet haben, sollten diese Position glaubhaft kommunizieren. Außerdem sollten Tierärzte, die von Nebenwirkungen erfahren, diese unbedingt melden. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit betont, dass im Fall von Bravecto® das individuelle Nutzen-Risiko-Verhältnis für das jeweilige Tier beachtet werden sollte.

Die Rolle der Behörden

Die europäischen Aufsichtsbehörden, einschließlich des deutschen Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, überprüfen bereits seit längerem die gemeldeten unerwünschten Arzneimittelwirkungen von Bravecto®. Die Zulassungsinhaber wurden aufgefordert, einen Bericht über die Unbedenklichkeit des Medikaments vorzulegen, der eine detaillierte Analyse aller gemeldeten Nebenwirkungen beinhaltet. Je nach Ergebnis werden weitere Maßnahmen ergriffen. Die deutsche und europäische Arzneimittelüberwachung nimmt diese Meldungen sehr ernst und handelt aufgrund wissenschaftlicher Auswertungen der Fälle und nicht aufgrund von Social-Media-Debatten oder TV-Beiträgen.

Fazit: Bei der Diskussion um die Nebenwirkungen von Bravecto® ist es wichtig, sachlich zu bleiben und die Aktivitäten der Arzneimittelüberwachung als Teil einer aufmerksamen Qualitätskontrolle zu verstehen. Medikamente haben Nebenwirkungen, und bestimmte Tiere reagieren empfindlicher darauf. Die Behörden prüfen die gemeldeten Fälle sehr gründlich und ergreifen bei schwerwiegenden Nebenwirkungen entsprechende Maßnahmen. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass bisher kein kausaler Zusammenhang zwischen Bravecto® und den gemeldeten Nebenwirkungen festgestellt wurde.

*Artikel aktualisiert am 2.4.2017, Daten aus der Firmenstellungnahme im Deutschen Tierärzteblatt 4/2017 wurden ergänzt.