Eine kontroverse Diskussion
Wenn es um die Geschichte Deutschlands in den Jahren 1933-1945 geht, wird diese Zeit oft als faschistische Diktatur bezeichnet und die Akteure als Nationalsozialisten. Doch ist diese Bezeichnung gerechtfertigt? In diesem Artikel wollen wir die Frage aufgreifen und diskutieren.
Die Kontroverse um die Begrifflichkeit
In der Bundesrepublik Deutschland wird die Zeit des Faschismus oft mit dem Begriff Nationalsozialismus umschrieben. Dies geschieht sowohl in den Medien und Publikationen als auch in der wissenschaftlichen Literatur. Der Grund dafür liegt in der Selbstbezeichnung der deutschen Faschisten. Doch ist es angemessen, diesen Verbrechern, die Millionen von Menschen ermordet und Europa in den Krieg geführt haben, ihre Selbstbezeichnung unkommentiert zuzugestehen?
Die Positionen der Experten
Es gibt unterschiedliche Ansichten zu dieser Frage. Einige Autoren nutzen den Begriff Nationalsozialismus für die spezifisch deutsche Variante der totalitären Herrschaft. Andere argumentieren, dass der Begriff Nazismus als Übersetzung des englischen Begriffs Faschismus verwendet werden sollte. Die zentrale Frage ist, ob das Nazi-Regime als nationalsozialistisch oder als Teil einer internationalen Entwicklung zu verstehen ist, die einen generalisierenden Faschismus-Begriff rechtfertigt.
Die Diskussion in der Öffentlichkeit
In den 60er, 70er und 80er Jahren führte die Argument-Redaktion eine Diskussion über die Theorien zum Faschismus. Dabei wurde durchgehend der Begriff Faschismus verwendet, während der Begriff Nationalsozialismus keine explizite Erwähnung fand. Die Öffentlichkeit wurde offensichtlich nicht beeinflusst – bis heute bleibt es bei Nationalsozialismus und Nationalsozialisten.
Die Begriffsverwendung in der wissenschaftlichen Literatur
In der wissenschaftlichen Literatur wird der Begriff Nationalsozialismus oft unkommentiert und ohne Anführungszeichen verwendet. Dies führt zu einer Einschränkung der komplexen Realität und kann zu politisch verwertbaren Generalisierungen führen. Dabei bleibt die Frage offen, welche Vorstellung die deutschen Faschisten mit dem Begriff Sozialismus verbunden haben.
Der Standpunkt von Kurt Schumacher
Kurt Schumacher, ein Politiker der SPD, begründete bereits 1945 in einer Rede, dass die Idee des Sozialismus durch die Nazis schändlich befleckt worden sei. Er betonte, dass die NSDAP aus der Feindschaft gegenüber der arbeitenden Klasse entstanden sei und daher nicht als sozialistisch bezeichnet werden könne.
Die Bedeutung der Diskussion
Die Diskussion um die Begrifflichkeit des Faschismus oder Nationalsozialismus ist von großer Bedeutung, um die historische Analyse nicht auf eine Singularitätsform zu reduzieren. Ein transnationaler und komparativer Ansatz ermöglicht es uns, den Faschismus in seinen verschiedenen Varianten und Kontexten zu vergleichen und seine weltgeschichtlichen Dimensionen zu verstehen.
Abschließend bleibt die Frage, ob die Redaktionen und Verlage in der wissenschaftlichen Literatur die von Karl Heinz Roth aufgeworfene Frage aufgreifen sollten, um die Diskussion um den Faschismus weiterzuführen und zu vertiefen.
Dieser Artikel spiegelt die Meinung der Autorin wider und erhebt keinen Anspruch auf abschließende Gewissheit.