Wenn es um die Feststellung und Diagnose von LRS (Lese-Rechtschreib-Schwäche) oder Legasthenie geht, sind Unterschiede zwischen dem schulischen und dem außerschulischen Bereich zu beachten. Innerhalb der Schule werden LRS und Legasthenie anders betrachtet und diagnostiziert als außerhalb der Schule, zum Beispiel in medizinisch-therapeutischen Zusammenhängen. Auch der Umgang mit der Störung ist in der Schule anders als in lerntherapeutischen Instituten.
Die Feststellung von LRS und Legasthenie im Schulbereich
Die Feststellung einer LRS oder Legasthenie ist eine klare Aufgabe der Schule. Die schulrechtlichen Bestimmungen in NRW unterscheiden nicht zwischen LRS und Legasthenie, sondern fassen beide unter “besondere Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und der Rechtschreibung” zusammen. Der Deutschlehrer oder die Deutschlehrerin stellt fest, welche Schüler diese besonderen Schwierigkeiten haben. Es ist nicht vorgesehen, dass die Erziehungsberechtigten ein Attest vorlegen müssen, und die Schule darf dies auch nicht verlangen.
Die Feststellung einer Legasthenie für den außerschulischen Bereich
Kinder mit einer Legasthenie im Sinne einer Teilleistungsschwäche werden zwar im schulischen Verfahren erfasst, aber die Feststellung, ob eine LRS oder Legasthenie vorliegt, kann die Schule nicht treffen. Für die schulischen Förder- und Schutzmaßnahmen ist dies jedoch nicht erforderlich.
Wenn eine spezifische Legasthenie-Diagnose für den außerschulischen Bereich benötigt wird, zum Beispiel für die Beantragung einer Eingliederungshilfe oder für andere Zwecke, muss diese von Experten außerhalb der Schule durchgeführt werden. Hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Eine Testung durch den Kinder- und Jugendpsychiater ist der einfachste Weg. Eltern benötigen von ihm ein fachärztliches Gutachten, um eine Kostenübernahme für eine Förderung beim Jugendamt zu beantragen. Die Kosten für die Diagnose übernimmt die Krankenkasse.
- Eine Testung im Sozialpädagogischen Zentrum (SPZ) ist ebenfalls möglich, hier übernimmt die Krankenkasse ebenfalls die Kosten.
- Eine Testung über den schulpsychologischen Dienst reicht für den Antrag beim Jugendamt nicht aus.
- Auch Lerninstitute bieten Testungen an, die jedoch privat bezahlt werden müssen.
Je früher die Förderung beginnt, desto besser für das Kind und sein Selbstbewusstsein. Warten birgt die Gefahr, dass das Kind eine Lernunwilligkeit entwickelt oder sogar sozio-emotionale Auffälligkeiten oder Schulangst entwickelt. Bereits in der Vorschule können erste Auffälligkeiten auftreten, gegen Ende des ersten Schuljahres sollten Lehrer und Eltern gravierende Auffälligkeiten ansprechen. Eine frühzeitige Diagnosestellung ist sinnvoll.
Ablauf des außerschulischen Diagnoseverfahrens
Im außerschulischen Diagnoseverfahren werden Schulberichte und der Leistungsstand überprüft. Es werden Lese-Rechtschreibproben und/oder mathematische Kenntnisse überprüft, zusätzlich erfolgt eine Intelligenztestung. Auch die sprachliche und motorische Entwicklung sowie Hör- und Sehleistungen, Aufmerksamkeit und Konzentration, das Sozialverhalten, die seelische Belastung und mögliche psychosomatische Belastungen werden überprüft.
Wichtig ist auch, welche Schulform das Kind besucht, wie die Qualität des Unterrichts ist, ob es Schulwechsel, Lehrerwechsel oder Klassenwechsel gegeben hat, wie die Schulmotivation ist und ob bereits Fördermaßnahmen bestehen. Nicht zuletzt spielt auch die familiäre Situation eine Rolle.
Wird eine normale bis hohe Intelligenz festgestellt und liegen die Schreib- und Lesekenntnisse deutlich unter dem zu erwartenden Niveau, spricht man von einer Legasthenie. In diesem Fall wird ein fachärztliches Gutachten ausgestellt, das für außerschulische Zwecke hilfreich oder notwendig sein kann. Für die Schule ist ein solches Gutachten nicht erforderlich.