Dein Hund jault und quengelt, sobald er nur ein paar Sekunden warten muss oder seine Wünsche nicht sofort erfüllt werden? Das ist nicht nur nervig und stressig für dich, sondern auch sehr belastend für deinen Hund. Eine fehlende Frustrationstoleranz führt dazu, dass dein Hund mit Wartezeiten oder der Nichterfüllung seiner Wünsche nur schwer umgehen kann und schnell frustriert ist. Heute werde ich dir die Ursachen für eine fehlende Frustrationstoleranz verraten und zeigen, wie du testen kannst, ob dein Hund überhaupt eine gewisse Toleranz aufweist.
Was ist Frustrationstoleranz?
Kein Hund – und übrigens auch kein Mensch – kommt mit Geduld und Selbstdisziplin zur Welt. Das braucht er aber, um mit Frust umgehen zu können. Denk zurück, als du noch ein kleines Kind warst und unbedingt einen Schokoriegel an der Supermarktkasse haben wolltest. Deine Mutter sagte damals ganz klar “NEIN” und wahrscheinlich bist du daraufhin zu einer schreienden Heulboje geworden, um deinen Willen doch noch durchzusetzen.
Du konntest den Frust, den Riegel nicht zu bekommen, damals nicht ertragen, weil du noch keine Frustrationstoleranz hattest. Doch mit der Zeit hast du durch das konsequente Handeln deiner Mutter immer mehr Toleranz aufgebaut. Ein “NEIN” konntest du immer besser akzeptieren und Schreikrämpfe gehörten letztendlich der Vergangenheit an. Du hast Selbstbeherrschung und Selbstdisziplin entwickelt, was für die Entwicklung eines jeden Individuums wichtig ist, egal ob Mensch oder Tier.
Warum muss dein Hund lernen, mit Frust umzugehen?
Auch dein Hund muss lernen, mit Frust umgehen zu können, wenn er mit dir zusammenlebt. Das geht leider nicht von heute auf morgen und Phasen wie die Pubertät stellen deine Nerven auf eine harte Probe. In der Pubertät befindet sich das Gehirn deines Hundes aufgrund der einschießenden Hormone im Umbau. Viele Hunde werden in dieser Zeit zu echten Nervensägen, aber das können sie nichts dafür. Du musst daher in dieser Zeit starke Nerven haben, damit dein Hund zusammen mit dir die wichtige Frustrationstoleranz erlernen kann.
Ursachen für fehlende Frustrationstoleranz
Viele Hundebesitzer versäumen es, ihren Hunden Frustrationstoleranz beizubringen. Wie passiert das? Ganz einfach: Einige Hundebesitzer erfüllen jeden Wunsch ihres Hundes. Sie geben nach, wenn der Hund sie fordernd ansieht, und werden immer schneller, wenn der Hund nervt. Dadurch lernt der Hund, dass sein nerviges Verhalten belohnt wird.
Andere Hundebesitzer beschäftigen ihren Hund rund um die Uhr. Die ständige Aufmerksamkeit durch den Menschen führt dazu, dass der Hund Ruhephasen ohne Aufmerksamkeit nur schwer oder gar nicht aushalten kann. Warum auch? Er hat es nie gelernt.
Leider glauben immer noch viele Hundebesitzer, dass ein aufgeregter Hund ein glücklicher Hund ist. Sie setzen Aufregung mit Freude gleich, was ein großer Irrtum ist. Starke Aufregung bedeutet in erster Linie Stress für den Hund, und dieser Stress wirkt sich auf den ganzen Körper aus und begünstigt unerwünschtes Verhalten.
Ein glücklicher und zufriedener Hund zeichnet sich durch eine entspannte Grundhaltung aus. Er zeigt seine Freude durch ruhige und locker schwingende Körperbewegungen. Ein aufgeregter und gestresster Hund erinnert mit seinem Verhalten eher an einen Silvesterknaller.
Mach den Test: Wie geduldig ist dein Hund?
Erstelle eine Liste, was deinen Hund zum aktuellen Zeitpunkt moderat frustrieren und ihn ungeduldig machen würde. Hier sind ein paar Beispiele:
- Du füllst den Napf, lässt ihn aber eine halbe Stunde lang auf der Arbeitsfläche stehen.
- Du leinst deinen Hund für den Spaziergang an, öffnest aber nicht sofort die Haustür, sondern wartest eine Weile im Flur.
- Du setzt dich beim Spaziergang auf eine Bank und dein Hund muss mit dir zusammen eine Pause einlegen.
- Du gehst an der Wiese vorbei, auf der ihr normalerweise spielt.
- Du legst das Lieblingsspielzeug deines Hundes sichtbar auf den Schrank oder auf deinen Schoß, er darf es aber nicht haben.
- Dein Hund sieht seinen Hundekumpel, darf ihn aber nicht wie gewohnt begrüßen.
Nutze diese Situationen, um das Frustrationstraining mit deinem Hund zu üben. Beobachte, ob er die jeweilige Situation geduldig aushält oder ob er schnell frustriert reagiert.
Wichtige Infos für das Training
Viele Hundebesitzer benutzen eine Vielzahl von Kommandos, um ihren aufgeregten Hund zu beruhigen. Dabei werden oft Kommandos wie “Aus”, “Nein”, “Pfui” oder “Lass das” mehrmals wiederholt. Dieses Kommandodurcheinander verwirrt die Hunde nur noch mehr und verstärkt ihre Aufregung.
Selbst wenn dein Hund auf ein Kommando reagiert, ändert das in der Regel nichts an seinem inneren Wunsch, der Frust erzeugt. Er bleibt genauso aufgeregt und frustriert wie zuvor, da du lediglich seine Körperposition verändert hast. Daher solltest du deinen Mund weitgehend geschlossen halten und souverän handeln. Ein klares Korrektursignal gefolgt von konsequentem Handeln reicht völlig aus und ist für deinen Hund leicht verständlich.
Alltägliche Trainingssituationen
Wenn du Essen in der Küche vorbereitest und dein Hund draußen warten soll, musst du ihm klarmachen, dass dein Raum ab der Küchentür beginnt und er diesen nicht betreten darf. Wenn er es dennoch versucht, schick ihn ohne Kommando weg. Bleib hartnäckig, bis dein Hund deine Grenze akzeptiert. Das erkennst du daran, dass er innehalten und nicht mehr aktiv versuchen wird, deine Grenze zu übertreten. Es kann anfangs eine Weile dauern, bis dein Hund deine Grenze respektiert, da es für ihn Neuland ist, dass DU Entscheidungen triffst. Bleib dran, sei geduldig und vor allem ruhig und gelassen.
Du kannst auch üben, wenn Besuch kommt. Du verschaffst dir Raum, um deinen Besuch in Ruhe zu begrüßen, während dein Hund hinter deiner gedachten Grenze warten muss. Oder du nutzt die Situation an der Haustür, bevor du mit dem Spaziergang beginnst. Hier gibst du auch deinem Hund klare Grenzen und lässt dich nicht von ihm bedrängen.
2 Beispiele für fehlende Frustrationstoleranz – mit Lösung
Fütterung
Problem: Füllst du den Napf deines Hundes sofort, sobald er fiept oder aufgeregt zur Küche rennt? Oder dein Hund erinnert dich jeden Tag daran, dass es Zeit ist seinen Napf zu füllen?
Lösung: Fülle den Napf wie gewohnt und stelle ihn auf die Arbeitsfläche, so dass dein Hund nicht drankommt. Warte, bis er entspannt ist und das Futter nicht mehr von dir einfordert. Wenn dein Hund versucht, auf die Arbeitsfläche zu klettern, schick ihn weg. Wenn er nur neugierig schnuppert, ignoriere es. Es kann eine Weile dauern, bis dein Hund entspannt ist. Nutze diese Zeit, um etwas zu lesen oder deine Social-Media-Kanäle zu checken. Ignoriere dabei deinen aufgeregten Hund vollständig. Sobald dein Hund entspannt ist, stelle den Napf wortlos auf den Boden. Ein Kommando würde deinen Hund nur wieder aufregen. So lernt er, dass er nicht per Kommando ans Futter gelangt, sondern über eine entspannte Grundhaltung.
Hundebegegnungen
Problem: Dein Hund zieht aufgeregt an der Leine, sobald er einen anderen Hund sieht, weil er ihn so schnell wie möglich begrüßen will. Du lässt das zu, weil ein Spaziergang ohne vorherige Hundebegegnung für dich undenkbar ist.
Lösung: Verabrede dich wie gewohnt mit einem anderen Hundebesitzer zum Spaziergang. Beide Hunde werden nach außen und kurz angeleint genommen. Die Hunde dürfen sich nicht begrüßen, solange sie aufgeregt sind. Die Menschen gehen zielstrebig ihren Weg und lassen sich nicht von den Hunden ablenken.
Wenn die Hunde vor eure Füße springen, führt sie ruhig und ohne Hektik zurück an eure Seite. Lobt euren Hund, wenn er ruhig an euch vorbeigeht. Ihr müsst geduldig sein und dranbleiben, eure Hunde werden schnell lernen. Wenn dein Hund extrem zieht und sich fast die Luft abschnürt, lege ihm als Erste-Hilfe-Maßnahme die Leine zusätzlich als Schlaufe um die Brust. Das ist angenehmer für deinen Hund und erleichtert dir das Handling.
Lasst eure Hunde als Belohnung von der Leine, wenn sie ruhig und entspannt neben euch laufen. Dies natürlich nur an einem geeigneten Ort. Nach eurem Okay dürfen die Hunde losrennen, spielen und toben. An der Leine ist die Begrüßung ab jetzt tabu, wenn beide Hunde sehr aufgeregt sind und sich in den Leinen verfangen könnten. Ihr möchtet nicht länger hilflos am anderen Ende der Leine hängen.
Wenn du noch weitere Probleme hast, bei denen du eine fehlende Frustrationstoleranz vermutest, schreibe sie uns gerne in die Kommentare. Wir können dir die Lösung in einem unserer kommenden Videos präsentieren.