G8 versus G9 – Welcher Weg zum Abitur ist besser?

G8 versus G9 – Welcher Weg zum Abitur ist besser?

Baden-Württemberg ist das letzte westdeutsche Flächenland, das noch am Turboabitur festhält. Doch nun steht dieses Modell unter heftigem Gegenwind von Eltern, Schülern, Lehrerverbänden und anderen Akteuren. Um die Lage zu entschärfen, wurde ein Bürgerforum einberufen, zu dem 60 Verbände und Initiativen eingeladen wurden. Unter ihnen sind Schüler, Eltern, Lehrer, Rektoren, aber auch Kirchen, Gewerkschaften, Unternehmerverbände und Landtagsfraktionen vertreten. Gemeinsam sollen sie die Vor- und Nachteile des Turboabiturs diskutieren.

Bessere Fremdsprachkompetenz im G9-System

Mehrere Studien beschäftigen sich mit dem Thema G8 versus G9. Allerdings sind die meisten Ergebnisse fragwürdig, da sie mit dem Doppeljahrgang von G8- und G9-Absolventen durchgeführt wurden und somit relativ alt sind.

Eine umfassende Studie aus Baden-Württemberg aus dem Jahr 2017 untersuchte die Daten des Doppeljahrgangs von 2013 sowie das Jahr davor und danach. Die Bildungsforscher aus Tübingen kamen zu dem Schluss, dass sich G8- und G9-Abschlussklassen in den naturwissenschaftlichen Kompetenzen kaum unterscheiden, wobei die G8-Schüler etwas schwächer in Biologie waren.

In Englisch hingegen sind die G9-Schüler klar im Vorteil. Zudem zeigte sich, dass die G8-Schüler sich stärker belastet fühlten und weniger Zeit für Freunde, Nebenjobs, Sport oder Freizeitaktivitäten hatten. Auch gesundheitliche Beschwerden traten bei ihnen häufiger auf.

Auswirkungen auf das Studium

Eine Studie des DIW Berlin mit Daten aus der Studierendenstatistik bis 2013 kommt zu dem Schluss, dass Abiturienten, die nach zwölf statt 13 Schuljahren ihr Abitur absolvieren, seltener ein Studium beginnen.

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Und diejenigen, die sich für ein Studium entscheiden, machen vor dem Uni-Start häufiger eine Pause, wechseln innerhalb des ersten Studienjahres mit höherer Wahrscheinlichkeit das Studienfach oder brechen ihr Studium ab.

G8er empfinden mehr Stress

Die jüngste Zusammenfassung zum Thema G8 versus G9 stammt von der Stiftung Mercator und berücksichtigt die Forschungsliteratur bis 2020. Der Autor, Dr. Olaf Köller, kommt zu dem Schluss, dass die G8-Reform in Deutschland dazu geführt hat, dass Abiturienten im Durchschnitt 10,3 Monate jünger sind als im G9-System. Dies liegt jedoch nicht an einem vollen Jahr, da im G8-System mehr Klassenwiederholungen in der Oberstufe vorkommen.

Es lassen sich keine signifikanten Unterschiede in den fachlichen Leistungen zwischen G8- und G9-Abiturienten feststellen. Es gibt auch keine empirischen Hinweise darauf, dass G8er schlechter auf das Studium vorbereitet sind als G9er. Allerdings erleben G8-Schülerinnen und -Schüler mehr Stress und Belastung.

G8 oder G9? Es macht kaum einen Unterschied

Die Zusammenfassung kommt zu dem Fazit, dass die Verkürzung der Gymnasialzeit von neun auf acht Jahre zumindest fachlich keine negativen Effekte hatte. Aber auch keine großen positiven Effekte. Der einzige erkennbare Unterschied besteht darin, dass junge Menschen mit Hochschulzugangsberechtigung heute im Durchschnitt zehn Monate jünger sind als vor der Reform.

Mädchen werden durch G8 stärker belastet

Es gibt jedoch einen deutlichen Nachteil für Mädchen im G8-System. Wenn man die Stress- und gesundheitliche Belastung durch die verkürzte Schulzeit betrachtet, geben sowohl Mädchen als auch Jungen nach der G8-Reform ein wesentlich höheres Stressniveau und einen schlechteren Gesundheitszustand an. Der Anstieg ist bei Mädchen sogar messbar größer als bei Jungen.

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Krankenkassendaten zeigen erhöhtes Stressniveau durch G8

Eine weitere Studie basierend auf Daten der gesetzlichen Krankenversicherung zeigt, dass die G8-Reform stressbedingte Gesundheitsprobleme bei Schulkindern leicht verstärkt hat. Weitere Forschung ist notwendig, um herauszufinden, welche Elemente des Schulsystems sich besonders auf die psychische Gesundheit von Kindern auswirken.