Die Welt der Lyrik ist eine Welt voller künstlerischer Ausdrucksformen und rhetorischer Mittel. In einer Gedichtanalyse geht es darum, diese Merkmale zu erkennen, zu analysieren und zu interpretieren. Dabei gibt es keinen “richtigen” oder “falschen” Weg, solange du deine Sichtweise am Text belegen kannst. In diesem Artikel werden wir dir den Aufbau einer Gedichtanalyse sowie hilfreiche Tipps und Beispiele vorstellen.
Einleitung: Die ersten Schritte
Bevor du mit der Analyse beginnst, solltest du das Gedicht mehrmals lesen, um es gut kennenzulernen. Nummeriere die Zeilen und schreibe dir die Bedeutungen unbekannter Wörter heraus. Notiere dir auch deine ersten Eindrücke und unterstreiche wichtige Begriffe.
Einleitung der Gedichtanalyse: Der erste Eindruck zählt
In der Einleitung deiner Gedichtanalyse ist es wichtig, den Paratext zu prüfen. Der Paratext umfasst alles, was das Gedicht direkt umgibt, aber nicht Bestandteil davon ist. Schaue dir die Überschrift an, die Genrebezeichnung, die Form des Gedichts und weitere Informationen, die dir Hinweise auf den Inhalt geben können.
Ein Beispiel für eine Einleitung könnte sein: “Das Gedicht ‘Mägde am Sonnabend’ von Christian Morgenstern (1871-1914) wurde als Teil des 1932 postum veröffentlichten Gedichtbandes ‘Alle Galgenlieder’ herausgegeben. Hier wurde es den ‘Zeitgedichten’ zugeordnet. Im Rahmen anderer Veröffentlichungen wurde es auch ‘Berliner Mägde am Sonnabend’ genannt. Literaturgeschichtlich wird Morgenstern in die ‘Lyrik um 1900’ eingeordnet. Hier ist er eher eine außenstehende Figur im Vergleich zu den Lyrikern des Impressionismus.”
Deutungshypothese: Eine erste Annäherung
Erstelle eine allgemeine Deutungshypothese, um zu ermitteln, was das Gedicht deiner Meinung nach aussagen könnte. Im Verlauf der Analyse kannst du diese Hypothese bestätigen oder widerlegen und am Ende noch einmal darauf zurückkommen.
Eine mögliche Deutungshypothese für das Gedicht “Mägde am Sonnabend” könnte sein: “Das Gedicht stellt die Gegensätze zwischen der Arbeiterklasse und dem Bürgertum dar. Durch die Darstellung der Gewalt der Mägde gegenüber den feinen Heimtextilien wird die Ausbeutung und Ungerechtigkeit in der Gesellschaft thematisiert.”
Hauptteil der Gedichtanalyse: Die verschiedenen Ebenen
Im Hauptteil deiner Gedichtanalyse geht es zunächst um die formale Analyse des Gedichts. Beschreibe die allgemeine Form des Gedichts und erläutere, ob es in Strophen eingeteilt ist und wie viele Verse diese haben.
Anschließend widme dich der lautlichen Ebene. In diesem Teil kannst du das Reimschema und den Rhythmus analysieren. Überprüfe, ob am Ende der Zeilen Endreime zu finden sind und ob es Binnenreime gibt. Notiere dir das Reimschema und untersuche, ob es durchgängig angewendet wird. Beobachte auch den Rhythmus des Gedichts und bestimme das Versmaß oder Metrum.
Die syntaktische Ebene befasst sich mit dem Satzbau und den rhetorischen Figuren im Gedicht. Untersuche, ob bestimmte Satzkonstruktionen wiederholt auftreten und ob es rhetorische Figuren gibt, die die Aussage des Gedichts verstärken.
Auf der semantischen Ebene geht es um die Bedeutung der Wörter und um mögliche Konnotationen. Beschreibe die Gesamthandlung des Gedichts und analysiere, ob es sich um abstrakte Begriffe oder konkrete Dinge handelt. Finde heraus, ob Sinneseindrücke vermittelt werden und welche Bedeutungsebenen sich im Gedicht finden lassen.
Schluss / Fazit der Gedichtanalyse: Zusammenfassung und Bewertung
Im Schluss deiner Gedichtanalyse greifst du noch einmal deine Hypothese auf und begründest oder widerlegst sie anhand der erarbeiteten Unterpunkte und Ebenen. Fasse kurz zusammen, was du im Hauptteil herausgefunden hast und beende deine Analyse mit einem aussagekräftigen Schlusssatz.
Die Gedichtanalyse bietet eine faszinierende Möglichkeit, sich mit der Sprache und den Botschaften von Gedichten auseinanderzusetzen. Mit den richtigen Tipps und Beispielen kannst du deine Analyse zu einem beeindruckenden Ergebnis führen.