Einer der gefährlichsten Feinde für freilaufende Katzen ist das Auto. Autos sind stark, schnell und kommen in vielen Katzenrevieren häufig vor. Laut einer britischen Studie von 2003 sind vor allem junge Katzen gefährdet. Männliche Katzen, egal ob kastriert oder nicht, geraten häufiger unter ein Auto als weibliche. Die meisten Unfälle passieren in der Nähe des Zuhauses, auf stark befahrenen Straßen und in der Nacht.
Die Dunkelheit stellt dabei ein Problem dar. Es ist selbst für den sorgfältigsten Autofahrer nahezu unmöglich, nächtliche Fußgänger rechtzeitig zu erkennen und anzuhalten. Irene Rochlitz, die Autorin der Studie, kommt zu dem Schluss, dass die Folgen eines nächtlichen Unfalls für die Katze oft schwerwiegender sind. Dies liegt daran, dass der Vorfall nachts von weniger Menschen beobachtet wird. Es ist schwieriger, die verletzte Katze im Dunkeln zu finden, wenn sie sich versteckt hat, und tierärztliche Hilfe ist weniger leicht verfügbar als tagsüber.
In jedem Fall zum Tierarzt
In Gebieten mit hohem Verkehrsaufkommen kann es sinnvoll sein, Katzen nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr nach draußen zu lassen. Autounfälle für Freigänger lassen sich jedoch auch bei aller Vorsicht nicht vollständig vermeiden. Die gute Nachricht ist, dass relativ viele Katzen einen Zusammenstoß mit einem Auto überleben. Bei einer späteren Studie von Rochlitz in Cambridgeshire, Großbritannien, überlebten von 127 betroffenen Katzen immerhin 93, von denen allerdings 58 mittelschwere bis schwere Verletzungen erlitten.
Die Prognose hängt nicht nur davon ab, wie schwer die Verletzungen der Katze bei dem Aufprall sind. Es ist genauso wichtig, dem Unfallopfer so schnell wie möglich zu helfen. Selbst scheinbar unversehrte Tiere können lebensgefährliche innere Verletzungen oder Knochenbrüche erlitten haben und sollten daher unbedingt zum Tierarzt gebracht werden. Für den Autofahrer bedeutet das: Anhalten, Unfallstelle sichern (Pannendreieck, Warnblinker, Leuchtweste) und nach der Katze schauen.
24-Stunden-Notfallnummer hilft
Das Finden der Katze ist oft nicht einfach und kann mit einer größeren Suchaktion verbunden sein, sofern die Katze nicht bereits am Unfallort verstirbt (in diesem Fall sollte die Polizei oder die Gemeinde informiert werden). “Im Schockzustand nach einem Unfall ergreifen auch schwer verletzte Katzen häufig die Flucht und verstecken sich irgendwo”, sagt Jana Bauer von der Stiftung “TierRettungsDienst – Leben hat Vortritt”. “Ist die Katze nicht in der Lage davonzurennen, ist ihr Zustand häufig bereits sehr kritisch. Ist sie bewusstlos, schaut man vorsichtig ins Maul, um zu überprüfen, ob die Atemwege frei sind. Eine nach hinten gerollte Zunge bedeutet Erstickungsgefahr”, erklärt Bauer.
Erste Hilfe kann geleistet werden, indem man die Katze im Nacken fixiert, die Zunge vorsichtig nach vorne aus dem Maul zieht und überschüssigen Speichel entfernt. Beim Umgang mit dem verletzten Tier ist Vorsicht geboten, da Stress und Schmerzen selbst die sanfteste Schmusekatze in ein kleines Raubtier verwandeln können. Kratzer und Bisse können vermieden werden, indem das Tier vor dem Hochnehmen vorsichtig in eine Decke, ein Handtuch oder eine Jacke gewickelt wird.
Die Position der Katze sollte dabei so wenig wie möglich verändert werden. “Falls vorhanden, kann das Tier in einer weich gepolsterten Kiste oder Transportbox untergebracht werden. Alternativ reicht es auch aus, die Katze im Kofferraum des Autos zu sichern, damit sie nicht frei herumlaufen kann”, erklärt die Expertin von der Tierrettung. Da Tiere in einem Schockzustand häufig unterkühlen, sollte darauf geachtet werden, dass es im Auto warm genug ist.
Wenn man unsicher ist oder nicht weiß, wo sich der nächste Tierarzt befindet, kann man sich unter der 24-Stunden-Notfallnummer 044 211 22 22 an den TierRettungsDienst wenden. “Falls der Finder nicht selber helfen kann oder will, schicken wir so schnell wie möglich einen Tierrettungsfahrer los. Dabei kann jedoch lebensrettende Zeit verloren gehen”, warnt Bauer.
Zeit geht auch verloren, wenn die Suche nach einer vermissten Katze, die im Schockzustand geflüchtet ist, kurz nach dem Unfall erfolglos bleibt. Im besten Fall wird das Tier anschließend von Passanten rechtzeitig gefunden oder es findet den Weg nach Hause. Anzeichen dafür, dass eine Freigängerkatze angefahren wurde, können abgebrochene Krallen, verschmutztes Fell sowie verändertes, aggressives, apathisches oder besonders scheues Verhalten sein.
Sorgen, auf einer hohen Tierarztrechnung sitzen zu bleiben, muss sich der Finder einer verletzten Katze übrigens nicht machen. In der Regel wird dem Überbringer nichts oder nur ein geringer Betrag in Rechnung gestellt. Sollte der Besitzer nicht rechtzeitig gefunden werden, um teure Behandlungen abzusprechen, entscheidet der Tierarzt über das weitere Vorgehen.
Die Suche nach dem Besitzer
Es gibt viele Tierärzte, die sich für das Wohl des Tieres einsetzen und unter Umständen hohe Selbstkosten in Kauf nehmen. Ist die Identität des Fahrers bekannt, kann dieser für die Behandlungskosten haftbar gemacht werden. In diesem Fall kann er jedoch auf seine Haftpflichtversicherung zurückgreifen.
Falls die Katze einen Chip trägt, kann der Besitzer in der Regel problemlos ermittelt werden. In allen anderen Fällen sollten Finder oder Tierarzt eine Fundmeldung bei der Schweizerischen Tiermeldezentrale unter www.stmz.ch erstellen. “Wenn sich innerhalb der gesetzlichen Wartefrist von zwei Monaten kein Besitzer meldet, geht das Tier automatisch in den Besitz des Finders über, sofern dieser keine Verzichtserklärung unterschrieben hat”, erklärt Jana Bauer.