Gendermedizin: Krankheiten betreffen Frauen anders

Gendermedizin: Krankheiten betreffen Frauen anders

Die Gendermedizin hat das Ziel, die Prävention, Diagnose und Behandlung für alle Geschlechter zu verbessern. Doch oft fehlen einfache Daten, um dieses Ziel zu erreichen. Lange Zeit wurden in medizinischen Studien hauptsächlich junge, weiße Männer untersucht und die Ergebnisse auf die gesamte Bevölkerung übertragen. Das führte dazu, dass Dosierungen von Medikamenten grob angepasst wurden, ohne Geschlechterunterschiede zu berücksichtigen. Dies ist auch heute noch in einigen Fällen der Fall.

Die renommierte Gendermedizinerin Vera Regitz-Zagrosek verweist auf eine Studie zu einem neuen Medikament für Herzinfarkte, bei der 80 Prozent der Probanden männlich und nur 20 Prozent weiblich waren. Obwohl Daten zu den Geschlechterunterschieden vorlagen, wurden sie nicht im Hauptartikel diskutiert. Dieses Fehlen von Geschlechterunterschieden hat laut Regitz-Zagrosek schwerwiegende Konsequenzen. Nebenwirkungen von Medikamenten treten bei Frauen doppelt so häufig auf wie bei Männern, und einige können lebensbedrohlich sein. Einige Experten schätzen, dass Medikamentennebenwirkungen die viert häufigste Todesursache sind, noch vor Lungenkrankheiten oder Diabetes.

Obwohl das deutsche Arzneimittelgesetz seit 2004 vorschreibt, dass Frauen und Männer in großen Studien getrennt untersucht werden müssen, wurden die meisten heute verordneten Medikamente vor dieser Zeit zugelassen. Daher ist häufig nicht bekannt, ob sie bei Frauen besondere Nebenwirkungen verursachen. Dieses Problem ist vielen Ärzten und Ärztinnen nicht bewusst.

Im Studium wird das Thema Gendermedizin oft nicht behandelt. Studierende nehmen jedoch die Sache in die eigene Hand und organisieren abseits des Lehrplans eigene Seminare und Fortbildungen zur Gendermedizin.

Es gibt jedoch auch positive Entwicklungen. Studien zur Zulassung von Medikamenten müssen nun Ergebnisse für Frauen und Männer getrennt ausweisen. In der Grundlagenforschung fordern viele wissenschaftliche Zeitschriften entsprechende Angaben in den Artikeln. Auch in der Behandlung in der Arztpraxis gibt es Veränderungen. Eine große Studie aus Florida zeigte, dass Frauen einen Herzinfarkt häufiger überleben, wenn sie von einer Ärztin behandelt werden. Mittlerweile ist der Arztberuf weiblich, es studieren und praktizieren mehr Ärztinnen als Ärzte.

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Frauen sind medizinisch gesehen das starke Geschlecht. Sie mögen weniger Muskeln haben, aber sie haben zwei X-Chromosomen, die viele wichtige Gene enthalten, die das Immunsystem und die Gehirnentwicklung beeinflussen. Außerdem sind die beiden X-Chromosomen einer Frau nicht identisch, was ihnen einen Überlebensvorteil verschafft. Das weibliche Immunsystem bekämpft auch Krebsvorstufen effektiver.

Jedoch sind Frauen anfälliger für Autoimmunkrankheiten, was ihre höhere Lebenserwartung nicht unbedingt mit einer besseren Lebensqualität gleichsetzt. Frauen sterben seltener an Covid-19, entwickeln jedoch doppelt so häufig Spätfolgen wie Männer. Auch die Symptome und Hintergründe von Long Covid unterscheiden sich je nach Geschlecht. Es gibt Hinweise darauf, dass Fehlregulierungen des Immunsystems dahinterstecken und dass Frauen mit zwei X-Chromosomen besonders anfällig sind.

Die gesellschaftlichen Aspekte von Gender haben auch einen Einfluss auf die Gesundheit. Frauen warten länger auf einen Arzttermin, während Männer oft gar nicht erst zum Arzt gehen. Bei Frauen werden Beschwerden eher psychischen Ursachen zugeschrieben, während bei Männern eher nach körperlichen Ursachen gesucht wird. Es ist wichtig, dass Ärzte und Ärztinnen die geschlechtsspezifischen Unterschiede in Betracht ziehen.

Die Gendermedizin hat nicht nur für Frauen einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen, sondern auch für Personen, die sich nicht in die traditionellen Geschlechterkategorien einordnen lassen. Es ist wichtig, dass die Gendermedizin weiterhin erforscht und entwickelt wird, um die Gesundheit für alle Geschlechter zu verbessern.

SCHLAGWORTE: Gendermedizin, Geschlechtsunterschiede, Medikamentennebenwirkungen, Frauen, Männer, Herzinfarkt, Ärztin, Autoimmunkrankheiten, Immunsystem, Geschlechterstereotype