Geschlechtersensibel handeln

Geschlechtersensibel handeln

Die Geschlechterunterschiede in Bezug auf Aggressionen werden bereits seit langem diskutiert. Es wird oft behauptet, dass Jungen aggressiver sind als Mädchen, selbst wenn man nicht-physische Aggressionen wie verbale Aggressionen oder oppositionell-aggressives Verhalten miteinbezieht. Die Prävalenzraten zeigen, dass Jungen in all diesen Bereichen deutlich stärker betroffen sind als Mädchen. Dieser Unterschied beginnt schon im Kindesalter und bleibt bis ins Erwachsenenalter bestehen.

Es wird angenommen, dass biologische Faktoren wie das männliche Geschlechtshormon Testosteron in Wechselwirkung mit Sozialisationsfaktoren eine Rolle spielen. Es könnte aber auch sein, dass weibliche Aggressionen subtiler und indirekter sind und daher schwerer erkannt werden können. Unsere gesellschaftlichen Normen tabuisieren Gewalt von Frauen und Mädchen, während Gewalt von Jungen und Männern eher akzeptiert wird. Einige Autoren betonen zudem, dass Frauen durch die Partnerwahl von delinquenten Männern von deren Aggressionen “profitieren”.

In den letzten Jahren wurde verstärkt über die zunehmende Gewaltbereitschaft bei Mädchen diskutiert. Die Zahlen von aggressivem und delinquentem Verhalten bei Mädchen und Frauen steigen signifikant stärker als bei Jungen und Männern. Allerdings ist die Toleranz für gewalttätiges Verhalten bei Frauen und Mädchen besonders gering, was zu einer möglichen Überbewertung der Zahlen führen kann. Die Öffentlichkeit reagiert schockiert auf Berichte und Studienergebnisse zu diesem Thema.

Gewaltdelikte sind nach wie vor hauptsächlich eine “Männersache”, wobei 76% der Tatverdächtigen männlich sind. Allerdings zeigen Mädchen häufiger minderschwere Formen der Delinquenz wie Eigentumsdelikte. In Bezug auf körperliche Gewalt und Körperverletzung holen Mädchen jedoch seit Jahren auf. Zudem nehmen weibliche Jugendliche und junge Erwachsene immer öfter tragende Rollen in “kriminellen Banden” ein.

Auch an Schulen zeigt sich ein ähnliches Bild. An bayerischen Schulen sind etwa 84% der Tatverdächtigen männlich. Interessanterweise liegt der Gipfel der erfassten Delinquenz bei Mädchen etwa im Alter von 14 Jahren, während er bei Jungen mit etwa 16 Jahren etwas später eintritt.

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Es gibt auch mögliche biologische Ursachen für dissoziales Verhalten. Studien zeigen, dass Kinder mit Sozialverhaltensstörungen und delinquentem Verhalten eine erniedrigte Ruhepulsrate haben. Diese physiologischen Grundlagen können durch therapeutische Interventionen verändert werden, was darauf hinweist, dass biologische Prädispositionen zu Dissozialität veränderbar sind.

Es ist wichtig, die komplexen Wechselwirkungen zwischen genetischer Prädisposition und ungünstigen Sozialisationsbedingungen zu beachten, die zu Geschlechtsunterschieden in der Delinquenz führen.

Es gibt auch geschlechtsspezifische Unterschiede im Umgang mit Delinquenz. Mädchen werden eher als psychisch krank bezeichnet und in klinischen Kontexten behandelt, während Jungen eher als charakterlich defizitär betrachtet und in Jugendhilfemaßnahmen betreut werden. Zudem werden Mädchen bei vergleichbaren Delikten von Gerichten weniger streng beurteilt und erhalten entsprechend geringere Strafen.

Es ist wichtig, geschlechtersensibel zu handeln und die unterschiedlichen Bedürfnisse und Herausforderungen von Mädchen und Jungen in Bezug auf Aggressionen und Delinquenz zu berücksichtigen. Nur so können wir eine gerechtere und gleichberechtigtere Gesellschaft schaffen.

Quelle: Aggressionen – Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen