Gewicht: Jedes Jahr ein Kilo mehr?

Gewicht: Jedes Jahr ein Kilo mehr?

Spätestens ab dem 40. Lebensjahr nehmen viele Menschen kontinuierlich an Gewicht zu. Ein bis zwei Kilogramm pro Jahr sind keine Seltenheit. Im Laufe der Zeit summiert sich dies auf zusätzliche 20 bis 30 Kilogramm bis zum Rentenalter. Doch woran liegt das? Sind es die Hormone? Der Stoffwechsel? Und wie können wir dem entgegenwirken? Wie schlank sollten Menschen in den “besten Jahren” überhaupt sein?

Das Zunehmen ist eine natürliche Folge des Alterns

“Selbst wenn Menschen ab etwa 40 Jahren nichts an ihren Essgewohnheiten und ihrer Bewegung ändern, können sie pro Jahr etwa ein Kilo zunehmen”, bestätigt Dr. Ursula Kassner, eine Ärztin an der Fettstoffwechsel-Ambulanz der Charité in Berlin. Mit zunehmendem Alter verändert sich der Stoffwechsel und die Körperzusammensetzung. Bisher war unser Körper darauf programmiert zu wachsen, ab dem 40. Lebensjahr stellt der Organismus jedoch auf den Erhalt der Körpermasse um. Der Stoffwechsel wird je nach genetischer Veranlagung um bis zu 15 Prozent gedrosselt, der Energieverbrauch sinkt und die Körperzusammensetzung verändert sich. Bereits ab dem 30. Lebensjahr verlieren wir pro Jahr etwa ein Prozent Muskelmasse, wenn wir nicht aktiv mit Sport dagegensteuern. Der Fettanteil hingegen steigt an. “Das Gewicht bleibt zwar zunächst konstant, aber der Energieverbrauch sinkt, weil Fettzellen weniger Kalorien verbrennen als Muskelzellen”, erklärt Kassner.

Das Ungleichgewicht der Hormone

Auch die Hormone spielen eine Rolle bei der Gewichtszunahme. Frauen trifft dies oft stärker als Männer. Ab etwa dem 40. Lebensjahr sinkt der weibliche Östrogenspiegel, was die Einlagerung von Fett am Bauch begünstigt. In den Wechseljahren verstärkt sich dieser Prozess noch. Männer produzieren ab dem 40. Lebensjahr ebenfalls weniger Testosteron, was zu einem Abbau der Muskulatur führt. Gleichzeitig wächst der Bauch. Für beide Geschlechter gilt: Mit zunehmendem Alter sinkt der Spiegel des Wachstumshormons Somatropin, das den Fettstoffwechsel anregt.

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Hauptfaktoren: Ernährung und Bewegung

Das langsame Zunehmen ist nicht nur eine natürliche Folge des Alterungsprozesses, sondern wird auch von Ernährung und Bewegung beeinflusst. Das tägliche Überangebot an fettreicher Nahrung mit einem hohen Anteil an schnell verwertbaren Kohlenhydraten ist verlockend und kann zu Übergewicht führen. Statistisch gesehen sind etwa die Hälfte der Frauen und zwei Drittel der Männer in Deutschland übergewichtig. Ein großer Faktor ist dabei das tägliche Essen von etwas mehr Kalorien als der Körper eigentlich benötigt. Dr. Andrej Zeyfang, Ärztlicher Direktor am Agaplesion Bethesda Krankenhaus in Stuttgart, gibt zu bedenken: “Es genügt schon, jeden Tag ein kleines bisschen mehr zu essen, als der Körper verbraucht.” Nur 19 Kilokalorien mehr als nötig, das sind gut zwei Gramm Fett, summieren sich nach einem Jahr zu einem Kilo Gewichtszunahme auf den Hüften. Die Portionsgrößen in der Nahrungsmittelindustrie sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Auch die mangelnde Bewegung spielt eine Rolle. Im Alter bewegen sich die meisten Menschen nachweislich weniger. Der stressige Job wird meist im Sitzen ausgeführt und die wenige Freizeit wird lieber auf der Couch als in Laufschuhen verbracht. Auch die Psyche hat Einfluss auf unser Gewicht. Schicksalsschläge, Ehekrisen und Depressionen können dazu führen, dass wir zunehmen, zum Beispiel durch den Trost oder die Belohnung mit Essen.

Übergewicht als Teufelskreis

Wer kontinuierlich an Gewicht zunimmt, gerät in einen Teufelskreis. Die Steuerungsmechanismen für Hunger und Sättigung geraten aus dem Gleichgewicht. “Ich vergleiche das gerne mit einem Luftballon. Anfangs ist das Aufblasen schwer, aber je mehr Luft im Ballon ist, desto leichter strömt weitere hinein”, warnt Zeyfang. Der menschliche Körper kann sich gut auf Hungerperioden einstellen, indem er seinen Energieverbrauch reduziert und sich vor dem Verhungern schützt. Der umgekehrte Prozess, also eine höhere Energieaufnahme, reguliert sich jedoch viel langsamer. Der Körper spürt den sinkenden Grundumsatz im Laufe der Jahre nicht und kann deshalb nicht mit weniger Hunger auf den kleineren Energieverbrauch reagieren.

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Das richtige Gewicht für jedes Alter

Im Alter schaden ein paar Pfunde mehr nicht, heißt es oft. Studien haben gezeigt, dass ab dem 75. Lebensjahr der ideale Body-Mass-Index (BMI) bei 27 liegt, also leicht über dem Normalgewicht (BMI 18,5 bis 25) für jüngere Menschen. Senioren mit einem leicht erhöhten Gewicht überstehen schwere Erkrankungen oft besser, weil sie mehr Reserven haben als sehr schlanke Menschen derselben Altersgruppe. Ein paar Kilos mehr schaden also älteren Menschen tatsächlich nicht. Starkes Übergewicht mit einem BMI über 30 ist jedoch in jedem Alter ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko und wirkt sich unter anderem negativ auf den Stoffwechsel, das Herz-Kreislaufsystem und den Bewegungsapparat aus. Außerdem steigt das Risiko, an Typ-2-Diabetes und bestimmten Krebsarten zu erkranken.

Aktiv gegen die Pfunde angehen

Nur durch aktives Eingreifen lässt sich das schleichende Übergewicht stoppen. Das A und O ist mehr Bewegung und eine bewusstere Ernährung. Es ist nicht notwendig, weniger zu essen. Wer hungert, bekommt irgendwann Heißhunger. Essen Sie weiterhin so viel, bis Sie satt sind. Achten Sie dabei jedoch auf eine ausgewogene und fettarme Ernährung. “Vermeiden Sie hochkalorische Snacks zwischendurch”, rät Dr. Kassner. Ein kleines Stück Kuchen hier, ein Schokoriegel dort, schlagen zwar in der Kalorienbilanz zu Buche, machen aber aufgrund ihrer geringen Menge nicht satt.

Weitere Informationen und praktische Tipps zum effektiven Abnehmen und langfristigen Gewichtserhalt finden Sie unter “Gesund abnehmen in sechs Schritten”.