Immer wieder hört man von authentischem Reisen, während Touristen oft abwertend betrachtet werden. Doch woher kommt dieser Drang, unbedingt ein Reisender zu sein und bloß kein Tourist? Gibt es überhaupt einen Unterschied zwischen Reisenden und Touristen? In diesem Beitrag teile ich meine Sichtweise zu diesem Thema sowie interessante Informationen.
Ursprung von Reisen und Tourismus
Im Mittelalter begannen die Menschen zu wandern und begaben sich aus religiösen Gründen auf Pilgerreisen. Sie wollten heilige Stätten besichtigen und legten oft hunderte Kilometer zurück, um Gott näher zu sein und sich einen Platz im Himmel zu verdienen. Dabei übernachteten sie in Gasthäusern und besuchten hauptsächlich Kirchen. So entstand der Pilgertourismus.
Im 18. Jahrhundert wurde Reisen zu Bildungszwecken etabliert. Wohlhabende Familien schickten ihre Kinder auf eine “Grand Tour” durch Europa, um Sprachen zu lernen, Kunst und Kultur zu erleben sowie sich in Religion und Politik weiterzubilden. Diese Bildungsreisen konnten mehrere Jahre dauern und führten durch europäische Kulturstädte wie Paris, Venedig, Rom, Florenz und Wien. Auf gewisse Weise war dies auch eine Form des Tourismus, da man reiste, um andere Kulturen kennenzulernen und neue Orte zu erkunden.
“Nichts entwickelt die Intelligenz wie das Reisen.” – Emile Zola
Später im 19. Jahrhundert entwickelte sich Reisen zu einem Statussymbol. Der Adel reiste in den Orient oder in andere ferne Länder, um als gebildet und weltgewandt zu gelten. Dabei wollte man jedoch nicht auf Komfort verzichten. Reisen mit dem Zug, wie etwa mit dem berühmten Orient Express, oder per Luxusschiff wurden immer beliebter.
Seit etwa dem 20. Jahrhundert reisen die Menschen zusätzlich, um sich zu erholen. Reisen ist nicht mehr nur den Wohlhabenden vorbehalten, sondern auch die Mittelschicht kann sich Vergnügungsreisen leisten und neue Orte entdecken.
Billig reisen und Massentourismus
Heutzutage kann (fast) jeder reisen. Die Infrastruktur von Straßen, Schienen und Luftverkehr macht das Reisen einfach und für jedermann zugänglich. Immer mehr Menschen aus der ganzen Welt reisen und der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftszweig geworden.
In den 1960er Jahren beschlossen einige Hippies mit einem sehr kleinen Budget, die Welt zu erkunden. Sie zelteten am Straßenrand und trampten. Backpacking und Billigreisen wurden zu einer Lebensart für Reisende. Es dauerte nicht lange, bis dieser Reisestil von der Allgemeinheit kritisiert wurde. Das Wort “Tourist” wurde mit allem in Verbindung gebracht, was die ursprünglichen Touristen nicht waren: ungebildet und ohne Verständnis für die lokale Kultur. Paradox, findest du nicht auch?
Dabei sind eigentlich alle Touristen Reisende und alle Reisenden betreiben Tourismus. Wie kann es also “richtiges” und “falsches” Reisen geben? Meiner Meinung nach ist diese Debatte, dass mein Reisestil besser ist als deiner und ich bin ein Reisender, kein Tourist, völlig unsinnig.
Es stimmt, dass heutige Luxusreisende nicht unbedingt nach Bildung suchen oder das Verlangen haben, die lokale Kultur zu verstehen, wie es die Adligen im 18. Jahrhundert taten. Aber auch viele authentische Rucksacktouristen tauchen nicht in die lokale Kultur ein, sondern erkunden lieber das Nachtleben.
Warum es richtig ist, ein Tourist zu sein
Ob jemand in einem billigen Hostel oder in einem Luxushotel schläft, hat herzlich wenig damit zu tun, ob jemand authentisch reist oder nicht. Auch ich schreibe in dem einen oder anderen Blogbeitrag über authentische Erlebnisse, bin aber tatsächlich als Touristin unterwegs. Dem Trend, Touristen-Hotspots zu meiden, weil sie angeblich nicht authentisch sind, kann ich nichts abgewinnen. Ist es etwa ein lokales Erlebnis, wenn jemand in Barcelona die Sagrada Familia, das bedeutendste Bauwerk der Stadt, nicht besichtigt? Ich denke, diese Menschen verpassen dabei die lokale kulturelle Geschichte und bilden sich während ihrer Reise nicht weiter, da sie Anti-Tourismus betreiben.
Ich besichtige die wichtigsten Sehenswürdigkeiten an den Orten, die ich bereise, und bin daher auch eine Touristin. Das ist in Ordnung, dafür schäme ich mich nicht. Ich fühle mich genauso wohl in einem Campervan wie in einem Hotelresort.
Natürlich gibt es nervige Menschen, die mit organisierten Touren reisen und schlechte Angewohnheiten haben. Ich bin sicher, du kennst solche Touristen auch. Aber sie begeben sich auf eine Reise, lassen sich fremde Orte und Kulturen zeigen und bilden sich weiter, oder nicht?
Was ist der Unterschied zwischen Reisenden und Touristen?
Zunächst gibt es verschiedene Gründe, warum Menschen eine Reise machen. In dieser hektischen Zeit suchen manche Erholung, während andere Ablenkung suchen. Diejenigen, die Erholung suchen, möchten während des Reisens zu sich selbst finden. Das ähnelt irgendwie dem Pilgern in der Vergangenheit. Andere nutzen das Reisen als Ablenkung vom Alltag, um sich selbst und ihre Umgebung zu vergessen. Manchmal jedoch wollen sie beides.
Touristen interessieren sich für die Sehenswürdigkeiten und Attraktionen eines Landes, weniger für die Menschen dort. Es geht oft darum, an einem bestimmten Ort gewesen zu sein. Dabei sollte Tourismus eigentlich Land und Leute näherbringen. Aber das eine schließt das andere nicht aus.
Ich würde sagen, wir sind alle eigentlich reisende Touristen, egal ob mit kleinem Budget oder bequem. Am Ende sind es die Erlebnisse, die Erinnerungen schaffen und jede Art von Reise bildet den Menschen auf unterschiedliche Weise.
Fakten der Reise-Community: Unterschiede zwischen Touristen und Reisenden
Im World Wide Web gibt es eine Community von Reisenden, die sich unbedingt von den Touristen abheben möchte. Ich habe einige interessante Fakten gefunden, die angeblich den Unterschied zwischen Touristen und Reisenden ausmachen:
- Touristen trinken viel Alkohol, Reisende nicht.
- Touristen bleiben in all-inclusive Hotels, Reisende suchen nach authentischen Unterkünften.
- Touristen essen nur in Touristen-Restaurants, Reisende essen bei Einheimischen.
- Touristen betrachten Orte nur oberflächlich, Reisende tauchen in die Kultur ein.
Was ist denn nun der Unterschied zwischen einem Touristen und einem Reisenden?
Es ist wohl die Einstellung und das Verhalten. Egal ob jung oder alt, mit kleinem Budget oder im Luxussegment, alleine oder in einer Gruppe, mit Rucksack oder Koffer, mit dem Zug oder einem Kreuzfahrtschiff.
Nimm dir Zeit bei der Urlaubsplanung, informiere dich über die Kultur und Geschichte des Landes, das du besuchen möchtest. Lerne dazu und erweitere deinen Horizont, egal ob als Tourist oder Reisender.
Lese auch: So wirst du Tourist in deiner eigenen Stadt – 8 tolle Tipps
Siehst du dich als Tourist oder Reisender? Reisender Tourist? Oder als touristischer Reisender? Lass es mich in einem Kommentar unter diesem Beitrag wissen!