Nach den Strom- und Gaspreisschocks des vergangenen Jahres hat sich die Lage für Haushaltskunden wieder verbessert. Verbraucherinnen und Verbraucher können inzwischen wieder zu Anbietern wechseln, deren Preise teilweise deutlich unter den Energiepreisbremsen für Strom (40 Cent je Kilowattstunde) und Gas (12 Cent je Kilowattstunde) liegen. Ein Überblick.
Strompreise sind gefallen
Die Haushaltsstrompreise für Neukunden sind seit Dezember 2022 kontinuierlich gefallen, berichtet Strommarktexperte Mirko Schlossarczyk vom Beratungsunternehmen Enervis. Aktuelle Angebote liegen dabei unter 30 Cent je Kilowattstunde. Für Bestandskunden und in der Grundversorgung sind die Preise allerdings noch spürbar höher und liegen momentan bei etwas über 40 Cent. Diese Preise sind in den vergangenen Monaten nur geringfügig gesunken.
Die Ursachen für den Preisrückgang
Der Hauptgrund für den Rückgang der Endverbraucherstrompreise sind deutlich gesunkene Großhandelspreise an den Strombörsen. Der enorme Rückgang des Gaspreises am Spotmarkt spielt dabei eine wesentliche Rolle. Eine weitere Ursache ist der gestiegene Anteil von kostengünstiger Stromeinspeisung aus Windenergie und Solaranlagen in den vergangenen Monaten.
Grundversorger-Tarife noch häufig über der Strompreisbremse
Trotz Senkungen liegen in der Grundversorgung noch 76 Prozent der Stromtarife über der Strompreisbremse. In der Alternativversorgung sind dagegen bereits 88 Prozent der Tarife günstiger als die Preisbremse. Bei einem Jahresverbrauch von 5000 Kilowattstunden bezahlen Neukunden bei alternativen Versorgern derzeit im Schnitt 31,4 Cent je Kilowattstunde. In der Grundversorgung sind es dagegen 43,2 Cent.
Vergleichsportal sieht Trend zu Preissenkungen
Bei den Grundversorgern tut sich jedoch etwas. Das Vergleichsportal Verivox sieht derzeit einen klaren Trend zu Preissenkungen. Es gibt aber auch noch einige Erhöhungen. Im Durchschnitt hat das Portal für die Monate Juni, Juli und August 94 Strompreissenkungen von durchschnittlich 12 Prozent registriert, aber auch 9 Preiserhöhungen mit durchschnittlich 36 Prozent.
Das sind die Gründe für die Preisunterschiede
Die Preisunterschiede bei den Endverbraucherpreisen liegen in der Beschaffungsstrategie der Energieversorger. Die Versorger decken sich in der Regel rechtzeitig an den Börsen ein, um extreme Preisschwankungen auszugleichen und sie nicht unmittelbar an die Endkunden weitergeben zu müssen. Das führt jedoch dazu, dass viele Versorger die gefallenen Börsenstrompreise erst verspätet an ihre Bestandskunden weitergeben können. Momentane Neukundenpreise sind hingegen günstiger, da ihre Liefertermine unmittelbar bevorstehen und diese Liefermengen weitestgehend von aktuell gesicherten Handelsmengen bestimmt sind.
Gaspreise sind gefallen
Auch bei Gas sinken die Preise. In der Grundversorgung hat das Portal Verivox für Juni, Juli und August bislang 75 Preissenkungen um durchschnittlich 17 Prozent registriert. Neun Versorger haben Erhöhungen um neun Prozent angekündigt. Trotz dieser Senkungen liegen in der Grundversorgung noch 90 Prozent der Gastarife über der Gaspreisbremse. In der Alternativversorgung sind bereits 80 Prozent der Tarife günstiger als die Preisbremse.
Was sagen Verbraucherschützer zur Energiepreis-Entwicklung?
Die Energieexpertin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Christina Wallraf, empfiehlt den Anbieterwechsel. Die Preise für Neukunden seien schon wieder ganz annehmbar. Nicht nur Discounter, sondern auch Stadtwerke oder Vertriebsmarken von Stadtwerken bieten derzeit günstige Preise an. Sie weist jedoch darauf hin, dass es auch für Nachtspeicher- und Wärmepumpen-Stromkunden wieder mehr Angebote gibt, nachdem im vergangenen Jahr zeitweise nur sehr wenige Anbieter um neue Kunden geworben hatten.
Wer wechseln möchte, sollte den bestehenden Vertrag kritisch prüfen. Wichtig ist dabei, die Restlaufzeit und Kündigungsfrist herauszusuchen, um den richtigen Zeitpunkt für einen Anbieterwechsel zu finden. Bei einem aktuellen Vertrag in der Grundversorgung lässt sich dieser jederzeit, unter Berücksichtigung der gesetzlichen zweiwöchigen Frist, kündigen.
Tarifvergleich über Vergleichsportale
Die Verbraucherzentrale rät Nutzern von Vergleichsportalen, eine individuelle Anpassung vorzunehmen, bevor sie einen Tarifvergleich durchführen. Es sollte darauf geachtet werden, dass vertraglich zugesicherte Preisgarantien enthalten sind, falls es im kommenden Winter erneut zu steigenden Energiepreisen kommen sollte. Zudem ist es ratsam, den Anbieter vor einem Wechsel im Internet zu recherchieren, um herauszufinden, ob dieser in der Vergangenheit negativ aufgefallen ist.
Könnten die Energiepreise im Winter wieder durch die Decke gehen? Energiemarktexperte Schlossarczyk hält das für unwahrscheinlich. Aufgrund der Preisdeckelung im Endkundenpreissegment ist die Belastungsgrenze der Haushaltskunden bis April 2024 begrenzt. Daher wird es im kommenden Herbst und Winter voraussichtlich keine Preisexplosion für Haushaltskunden geben.