Handwerk 4.0: Die richtige Plattform für Handwerker finden

Handwerk 4.0: Die richtige Plattform für Handwerker finden

Ein Handwerker zu finden ist heutzutage kein Problem mehr. Mit einem Smartphone in der Hand und einer Suchmaschine zur Verfügung, erhält man innerhalb von Sekunden zahlreiche passende Treffer. Für 98 Prozent der Privatleute ist Google der Einstieg ins Internet. Daher ist es für Handwerksbetriebe beinahe eine Pflicht, online präsent zu sein. Dies ist mittlerweile wichtiger als ein Eintrag im örtlichen Telefonbuch, so Johannes Trenkle, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Ludwig-Fröhler-Institut (LFI).

Der Onlinehandel auf Wachstumskurs

Nicht nur das Informationsverhalten hat sich verändert, sondern auch das Kaufverhalten. Der Onlinehandel wächst kontinuierlich und macht mittlerweile etwa ein Zehntel des Einzelhandelsumsatzes aus. Dabei spielen Plattformen eine immer wichtigere Rolle. Von diesem zehnprozentigen Online-Umsatz entfallen schätzungsweise die Hälfte allein auf Amazon. Neben dem Online-Versandhändler gibt es noch zahlreiche andere Plattformen, die für das Handwerk wichtig sind oder sein könnten. Johannes Trenkle und sein Forscherteam haben über 100 Plattformen analysiert und ausgewertet.

Sechs verschiedene Plattform-Typen

Die Plattformen lassen sich in sechs verschiedene Typen gliedern. Fünf davon sind Transaktionsplattformen. Diese unterscheiden sich darin, wie frei der Unternehmer handeln kann und inwiefern er selbst als Unternehmer gegenüber den Kunden in Erscheinung tritt. Werbeplattformen wie Instagram, Pinterest oder Wirsindhandwerk ermöglichen eine relativ lockere Anbindung.

Bei Onlineshops wie Amazon, eBay oder Materialrest24 ist die Auftragserlangung etwas strenger geregelt. Die größte Gruppe bilden die sogenannten Partnervermittler. Hierzu zählen Plattformen wie Blauarbeit, MyHammer, Check24 oder Verivox. Sie greifen stärker in den Prozess der Auftragserlangung ein und beeinflussen das Angebot und den Preis von Produkten oder Dienstleistungen.

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Unter dem vierten Typus “Infrastrukturanbieter” fallen Plattformen wie Vaillant mit heizungonline oder Helpling. Hier hat der Handwerker vergleichsweise wenig Kontrollverlust, behält jedoch die volle Kontrolle über seinen Preis. Die sogenannten Franchiser bilden den fünften Typus und stellen Plattformen wie Banovo, Homebell oder Myster dar. Sie regulieren den Prozess der Auftragserlangung am stärksten. Neben diesen fünf Transaktionsplattformen gibt es noch Betriebe mit Plattformcharakter, die jedoch in der Regel nur mit fest angestellten Handwerkern arbeiten.

Die passende Plattform für jede Lebensphase

Die LFI-Studie vergleicht die sechs Plattformtypen mit den fünf Lebensphasen eines Betriebs: Gründung, Existenzsicherung, Reife, Expansion und Sättigung. Anhand eines Ampelsystems lässt sich ablesen, welcher Plattformtyp für welche Lebensphase geeignet ist. Die Auswahl ist groß und es ist wichtig, eine Strategie zu haben. Handwerker müssen sich ehrlich die Frage stellen, was sie wollen, so Johannes Trenkle.

Wer aggressiv wachsen möchte, sollte mehrere Plattformen nutzen. Wenn hingegen nur ein kleiner Auftragsüberhang gewünscht ist, reicht es aus, sich bei einem Anbieter zu registrieren. Für Imagepflege, Produktwerbung oder Mitarbeiterakquise eignen sich hingegen eher die sozialen Medien.

Experten der Kammer konsultieren

Um die richtige Strategie zu finden, kann es sich lohnen, die Handwerkskammer zu kontaktieren. Neben umfangreicher und meist kostenloser Beratung bieten digitale Experten wie die Beauftragten für Innovation und Technik (BIT) oder Digi-BITs wertvolle Unterstützung an. Sie verfügen über das nötige Know-how, um eine Internetpräsenz aufzubauen und effizient zu nutzen.

Die meisten Betriebe sollten zuerst einmal damit beginnen. Denn laut einer aktuellen Studie des Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen besitzen nur 30 Prozent der Handwerksbetriebe eine Homepage, und lediglich 10 bis 15 Prozent sind in den sozialen Medien aktiv.

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Die eigene Haltung zu Plattformen finden

Plattformen hatten im Handwerk keinen guten Start. “Mit seinen Rückwärtsauktionen hat MyHammer den Begriff zu Anfang verbrannt, dabei haben sie ihr Geschäftsmodell schon vor bald zehn Jahren grundlegend geändert”, sagt Johannes Trenkle. Angesichts der wachsenden Bedeutung und Vielfalt der Plattformen ist es nun an der Zeit, die ablehnende oder gleichgültige Haltung zu überdenken. Jeder Wirtschaftszweig, auch das Handwerk, muss sich gegenüber Plattformen im Internet positionieren.

Die Auftragsbücher vieler Betriebe sind derzeit gut gefüllt. Doch das kann nicht immer so bleiben. Handwerker sollten die gute wirtschaftliche Lage nutzen, um Erfahrungen mit einer oder sogar mehreren Plattformen zu sammeln, um vorbereitet zu sein, wenn sich die Konjunktur eintrübt, rät Forscher Johannes Trenkle.