Heizen mit Wasserstoff: Warum Experten die Gas-Alternative eher kritisch sehen

Heizen mit Wasserstoff: Warum Experten die Gas-Alternative eher kritisch sehen

Deutschlands Energieversorgung basiert stark auf Erdgas. Es deckt knapp ein Viertel der Primärenergie ab und wird in der Industrie, zur Stromerzeugung und als Kraftstoff für den Verkehr eingesetzt. Vor allem aber wird Erdgas in Deutschland für die Bereitstellung von Wärme und Warmwasser verwendet.

Doch seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ist klar, dass Deutschland seine Abhängigkeit von Erdgas reduzieren muss. Es gibt alternative Ideen zur Wärmeversorgung der Bevölkerung, die auch die Klimawende beschleunigen können.

Laut einer Kurzstudie des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) könnten die Klimaziele bis 2030 im Gebäudesektor erreicht werden, wenn die heutigen Heizsysteme konsequent auf erneuerbare Energien umgestellt werden.

Wasserstoff als Hoffnungsträger für die deutsche Wärmeversorgung

Der BDEW betont, dass nicht nur der Ausbau erneuerbarer Energien, sondern auch der schnelle Einsatz von Wasserstoff notwendig ist. Wasserstoff kann Teil einer klimaneutralen Wärmeversorgung der Zukunft sein, so Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.

Bisher gilt nur der sogenannte grüne Wasserstoff als wirklich klimafreundlich, da er ausschließlich mit regenerativer Energie produziert wird.

Bereits heute kann Wasserstoff in geringen Mengen dem Gasnetz hinzugefügt werden. Der Grenzwert liegt derzeit bei zehn Prozent, aber zukünftig könnten höhere Anteile möglich sein. Wasserstoff kann dann ähnlich wie Erdgas verbrannt werden, wobei nur Wasserdampf entsteht. Zudem kann man mit Brennstoffzellen Wärme und Strom aus Wasserstoff gewinnen.

Einsatz von Wasserstoff im Gebäudewärmesektor ist umstritten

Es besteht jedoch Uneinigkeit darüber, wie und in welchem Umfang Wasserstoff in der Wärmeversorgung eingesetzt werden sollte. Viele Experten sind der Meinung, dass es bereits heute effizientere Alternativen gibt. So hat das Kopernikus-Projekt Ariadne ein Kurzdossier verfasst, an dem sechs Forschungsinstitute beteiligt waren.

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Auch “Scientists for Future” (S4F), ein Zusammenschluss von Wissenschaftlern, sieht Wasserstoff als Brennstoff für die dezentrale Heizung von Gebäuden als wenig praktikabel an. Ihrer Analyse zufolge ist Wasserstoff in absehbarer Zeit zu knapp, zu teuer und zu ineffizient.

Auch Projektentwickler wie Drees & Sommer betrachten Wasserstoff zum Heizen kritisch. Leonardo Estrada, Experte für Wasserstoffstrategien und grüne Stadtentwicklung, ist der Meinung, dass grüner Wasserstoff als Energieträger für das Heizen ökonomisch und aus energetischer Sicht derzeit nicht optimal geeignet ist.

Eine technische Herausforderung besteht zudem in der Kontrolle von Wasserstoff-Leckagen, die bei der Produktion, dem Transport und der Rückverstromung auftreten können. Eine Studie der britischen Regierung zeigt, dass Wasserstoff eine starke Erwärmungswirkung haben kann, wenn er in die Atmosphäre gelangt und mit anderen Gasen interagiert.

Trotzdem ist grüner Wasserstoff immer noch weniger schädlich als das eingesparte CO2. Laut dem Bericht der britischen Regierung gilt dies selbst in dem schlimmsten Leckageszenario, bei dem etwa zehn Prozent des Wasserstoffs entweichen.

Es gibt also noch viele Herausforderungen und unterschiedliche Meinungen zur Nutzung von Wasserstoff als Alternative für die Wärmeversorgung in Deutschland. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Technologie und die Voraussetzungen entwickeln werden.