Herausgabeanspruch nach § 812 BGB (Bereicherungsrecht)

Herausgabeanspruch nach § 812 BGB (Bereicherungsrecht)

Das deutsche Bereicherungsrecht regelt Fälle, in denen eine Person ohne rechtlichen Grund von einer anderen Person etwas erhält. In solchen Situationen kann der Herausgabeanspruch nach § 812 BGB angewendet werden. Dieser Artikel gibt einen groben Überblick über das Bereicherungsrecht und konzentriert sich insbesondere auf die Leistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.

Einführung

Manchmal erhält eine Person etwas von einer anderen Person, obwohl dafür keine rechtliche Grundlage besteht. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Vertrag zwischen zwei Parteien im Nachhinein als nichtig erkannt wird. In solchen Fällen müssen die bereits erbrachten Leistungen zurückgegeben werden. Das Bereicherungsrecht, das in den §§ 812-822 BGB geregelt ist, findet Anwendung. Dieser Artikel gibt einen groben Einblick in das komplexe Thema des Bereicherungsrechts.

Überblick: Leistungskondiktion, § 812 I 1 1. Alt. BGB

Allgemeines

Die Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung sind in den §§ 812 ff. BGB festgelegt. Das Bereicherungsrecht hat den Zweck, eine Vermögensverschiebung ohne rechtlichen Grund rückgängig zu machen. Diese Ansprüche werden auch als Kondiktionen bezeichnet und zielen auf die Herausgabe des Erlangten ab. Dabei spielt das Verschulden der Parteien oder ein möglicher Schaden keine Rolle.

Der § 812 BGB ist die grundlegende Bestimmung des Bereicherungsrechts. Diese Norm enthält verschiedene eigenständige Anspruchsgrundlagen. Daher ist es besonders wichtig, bei der Zitierung genau zu sein. Gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB ist derjenige, der ohne rechtlichen Grund durch die Leistung einer anderen Person oder in sonstiger Weise auf deren Kosten etwas erlangt hat, zur Herausgabe verpflichtet. Die Norm unterscheidet zwischen zwei Arten der Bereicherung: Das “Etwas”, das zurückgefordert wird, kann entweder “durch Leistung” oder “in sonstiger Weise” erlangt worden sein. Dies sind die Grundfälle der Leistungs- und Nichtleistungskondiktion. Dieser Artikel befasst sich jedoch nur mit der Leistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.

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Leistungskondiktion

Gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist derjenige, der ohne rechtlichen Grund durch die Leistung einer anderen Person etwas erlangt hat, zur Herausgabe verpflichtet. Der Anspruchsteller, auch Bereicherungsgläubiger genannt, verlangt von dem Anspruchsgegner, auch Bereicherungsschuldner genannt, die Rückgabe des Erlangten. Die Leistungskondiktion hat drei Tatbestandsmerkmale: Der Anspruchsgegner muss (1) etwas erlangt haben, (2) durch die Leistung des Anspruchstellers und (3) ohne rechtlichen Grund.

  1. Etwas erlangt

Der Anspruchsgegner muss etwas erlangt haben, das er an den Anspruchssteller zurückgeben soll. “Etwas” bezeichnet dabei jeden vermögenswerten Vorteil, unabhängig von einem bestimmten Wert. Selbst wertlose Dinge können Gegenstand der Leistungskondiktion sein. Es ist jedoch wichtig, die konkrete Rechtsposition zu benennen, die der Anspruchsgegner erlangt hat.

Beispiel: Wenn V und K einen Kaufvertrag über einen Pkw abschließen und V diesen an K übereignet, ist es ungenau zu sagen, “K bekommt den Pkw”. K erhält Eigentum und Besitz an dem Pkw. Diese konkrete Rechtsposition muss benannt werden.

  1. Durch Leistung

Der Anspruchsgegner muss den vermögenswerten Vorteil durch die Leistung des Anspruchstellers erhalten haben. Dies ist der entscheidende Unterschied zur Nichtleistungskondiktion, bei der der Vorteil “in sonstiger Weise” erlangt wird. Leistung wird definiert als die bewusste und zweckgerichtete Mehrung des fremden Vermögens. Es muss also eine Vermögensmehrung des Anspruchsgegners durch den Anspruchsteller geben, und diese Mehrung muss zweckgerichtet sein.

Die Leistung muss auch bewusst erfolgen. Ein generelles Bewusstsein für die Leistung ist ausreichend und muss sich nicht auf eine bestimmte Person oder Gegenstand beziehen.

  1. Ohne Rechtsgrund

Das Fehlen eines rechtlichen Grundes für die erbrachte Leistung ist das dritte Merkmal des Anspruchs nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB. Dies bedeutet, dass die zu erfüllende Verbindlichkeit entweder nicht besteht oder die Erfüllung nicht eingetreten ist. Eine fehlende Verbindlichkeit kann beispielsweise auf die Geschäftsunfähigkeit einer Partei oder eine erfolgreiche Anfechtung des Vertrags zurückzuführen sein.

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Die Leistungskondiktion ist ein notwendiges Korrektiv zum Abstraktionsprinzip, welches das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft und das dingliche Verfügungsgeschäft strikt trennt. In Fällen, in denen das Verpflichtungsgeschäft nichtig ist, kann der Anspruchsteller die Sache nach § 985 BGB nicht zurückfordern, da der Anspruchsgegner Eigentümer geworden ist. Daher ist die Leistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB notwendig, um das Geleistete zurückzufordern.

Kein Ausschluss

§ 814 BGB regelt zwei Gründe, aus denen die Leistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ausgeschlossen ist. Zum einen ist der Anspruch ausgeschlossen, wenn der Leistende weiß, dass er zur Leistung nicht verpflichtet ist. Zum anderen ist der Anspruch ausgeschlossen, wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entspricht.

Rechtsfolge

Gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist der Anspruchsgegner zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet. In der Regel bedeutet dies, dass das Erlangte in seinem gegenwärtigen Zustand zurückgegeben werden muss. Bei Eigentum muss beispielsweise eine Rückübereignung erfolgen, und bei Besitz muss der Anspruchsgegner den Besitz wieder übergeben. § 818 BGB regelt den Umfang des Bereicherungsanspruchs genauer. Gemäß § 818 Abs. 1 BGB umfasst die Herausgabepflicht auch die aus dem Erlangten gezogenen Nutzungen und surrogativen Vorteile. Wenn die Herausgabe für den Anspruchsgegner unmöglich ist, muss er dem Anspruchsteller gemäß § 818 Abs. 2 BGB den Wert erstatten.

Fälle

Fall 1

Der 16-jährige M kauft ein neues Fahrrad von Fahrradhändler V für 400€. V übergibt das Fahrrad sofort, die Bezahlung soll später erfolgen. Die Eltern von M geben jedoch ihre Zustimmung zum Kaufvertrag nicht. V verlangt daher das Fahrrad zurück.

Frage: Hat V einen Anspruch auf Herausgabe des Fahrrads gegenüber M?

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Lösungsvorschlag:

Fall 2

V verkauft und übereignet K einen Ring, den V fälschlicherweise als vergoldet betrachtet. Tatsächlich handelt es sich um einen echten goldenen Ring. Als V seinen Irrtum bemerkt, ficht er den Kaufvertrag mit K wegen Irrtums über eine wesentliche Eigenschaft an und verlangt den Ring von K zurück. K weigert sich jedoch, den Ring herauszugeben.

Frage: Hat V einen Anspruch auf Herausgabe des Rings gegenüber K?

Lösungsvorschlag