Die Preise steigen und die Deutschen müssen sparen. Das zeigt eine neue Umfrage des Handelsverbands Deutschland (HDE), die exklusiv der WELT vorliegt. Die Verbraucher sind gezwungen, sparsamer einzukaufen, da sie sonst nicht mehr mit ihrem Geld auskommen können.
Besonders betroffen sind Menschen mit einem Haushaltsnettoeinkommen von unter 1500 Euro, von denen 83 Prozent angeben, sich einschränken zu müssen. Aber auch bei den Teilnehmern mit einem verfügbaren Monatsbudget zwischen 1500 und 3500 Euro hat sich das Einkaufsverhalten verändert. 62 Prozent kaufen aus Sorge vor steigenden Kosten weniger oder günstiger ein.
Die größten Einsparungen werden bei Bekleidung, Möbeln und Unterhaltungselektronik vorgenommen. Die Verbraucher geben außerdem an, ihre Besuche in Restaurants und Kneipen zu reduzieren und weniger Urlaub zu machen. Auch Freizeit- und Kulturveranstaltungen wie Kino, Theater und Konzerte werden häufig gestrichen. Die Konsumstimmung ist seit Monaten schlecht und die Kunden sind aufgrund der Unsicherheiten bei Energie und Preisen sehr zurückhaltend, so Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des HDE.
Auch bei Lebensmitteln hat sich das Einkaufsverhalten drastisch verändert. Während der Corona-Krise war der Trend zu Bio- und Markenprodukten noch stark, um sich etwas zu gönnen. Jetzt steht wieder der Preis im Fokus. 60 Prozent der Befragten geben an, verstärkt Sonderangebote zu nutzen und zu günstigeren Handelsmarken zu wechseln. Des Weiteren verzichten 46 Prozent auf bestimmte Produkte und knapp ein Drittel reduziert die Einkaufsmengen bei Essen und Getränken.
Die pessimistische Einschätzung des HDE wird durch die GfK-Konsumforscher bestätigt. Ihr Stimmungsbarometer zeigt einen Rückgang der Einkommenserwartungen und der Anschaffungsneigung. Die Anschaffungsneigung erreichte den niedrigsten Stand seit der Finanzkrise 2008 und die Einkommenserwartungen ein neues Allzeittief. Rolf Bürkl, Experte bei der GfK, rechnet mit einem weiteren Rückgang des Konsumklimas.
Die derzeit hohe Inflation führt zu realen Einkommenseinbußen und einer deutlich geschrumpften Kaufkraft der Verbraucher. Es ist keine Besserung in Sicht, da Volkswirte bis mindestens Mitte 2023 keine spürbare Verbesserung der Inflation erwarten. Wenn der private Konsum weiter abnimmt, verstärkt sich die bereits vorhandene Tendenz zur Rezession.
Die HDE-Umfrage zeigt, dass 76 Prozent der Befragten sich in den kommenden Monaten wegen erwarteter weiterer Preiserhöhungen einschränken wollen oder müssen. Der HDE warnt vor Pleiten und drohenden Strukturbrüchen. Viele Unternehmen stehen bereits an der Grenze zur Wirtschaftlichkeit. Da die Weitergabe der Kosten an die Kunden aufgrund des Kaufkraftverlustes der privaten Haushalte und des harten Wettbewerbs nur begrenzt möglich ist, fordert der HDE temporäre und schnell wirksame Wirtschaftshilfen wie eine Gas- und Strompreisbremse. Außerdem darf der Handel bei den Hilfsprogrammen nicht vernachlässigt werden, da er eine wichtige Rolle als Arbeitgeber und Kern der Innenstädte spielt.
Es ist klar, dass sich die schwierige Zeit für den Einzelhandel fortsetzen wird, wenn sich die Situation nicht ändert. Der HDE warnt vor der Existenznot vieler Einzelhändler aufgrund der extrem gestiegenen Energiekosten und fordert eine Unterstützung der Branche.
Quelle: WELT