Der Umgang mit unbezahlten Rechnungen kann für Unternehmer, Handwerker und Freiberufler eine Herausforderung sein. Die steigende Anzahl von Zahlungsausfällen in Deutschland macht es erforderlich, sich intensiver mit dem Inkasso auseinanderzusetzen. Doch welche Möglichkeiten gibt es beim Inkasso? Eine Frage, die oft im Internet auftaucht und die viele vor die Entscheidung stellt: Soll ich einen Rechtsanwalt einschalten oder ist es besser, einen spezialisierten Inkassodienstleister zu beauftragen? In diesem Artikel wollen wir diese Frage klären und die Vor- und Nachteile beider Optionen beleuchten.
Eine langjährige Beziehung zum Rechtsanwalt
Wenn sich unbezahlte Rechnungen häufen, denken viele Unternehmen zunächst an ihren Vertrauensanwalt. Ein Anwalt, der sie bereits seit langer Zeit in allen rechtlichen und vertraglichen Angelegenheiten gut beraten hat und in strittigen Fällen oft zur Rettung geeilt ist. Warum also einen externen Inkassodienstleister beauftragen, wenn ein Kunde hartnäckig nicht zahlen will? Ein häufig genanntes Argument in solchen Fällen lautet: Ein gerichtliches Mahnverfahren liegt doch in den Händen des Anwalts viel besser…
Rechtsanwalt und Inkassounternehmen sind Rechtsdienstleister
Bevor wir uns mit den Unterschieden beschäftigen, werfen wir einen Blick auf die Grundlagen von Anwalt und Inkassounternehmen. Sowohl Rechtsanwälte als auch Inkassogesellschaften sind Rechtsdienstleister und befugt, Geldforderungen einzuziehen. Eine Liste aller zugelassenen Rechtsanwälte finden Sie auf www.rechtsanwaltsregister.org und Inkassounternehmen auf www.rechtsdienstleistungsregister.de.
Unterschiedliche Ansätze und Ziele von Rechtsanwälten und Inkasso-Dienstleistern
Inkassounternehmen sind befugt, ihre Mandanten bei der außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung von Forderungen zu unterstützen. Diese Unterstützung ist umfassend. Neben den üblichen vorgerichtlichen Aktivitäten wie Mahnschreiben und der Kommunikation mit dem Schuldner kümmern sich Inkassounternehmen auch um gerichtliche Mahnverfahren einschließlich des Erlasses eines Vollstreckungsbescheids. Mit diesem Vollstreckungstitel in der Hand wird der Gerichtsvollzieher mit der Durchführung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen beauftragt. Diese können weitreichend sein und umfassen die Beantragung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen sowie die Haftanordnung zur Abgabe der Vermögensauskunft. Inkassogesellschaften bieten auch nützliche Services wie die Einholung von Bonitätsauskünften oder Adressermittlungen an. Viele Inkassogesellschaften stellen ihren Kunden zudem Online-Portale zur Verfügung, die eine hohe Transparenz über den aktuellen Bearbeitungsstand der Forderungen bieten.
Inkassogesellschaften gehen oft aktiv auf die Schuldner zu. Durch Telefonate wird versucht, auf den Schuldner einzuwirken oder eine Ratenzahlungsvereinbarung zu treffen. Dieser Ansatz unterscheidet Inkassounternehmen deutlich von Anwälten, deren Ziel es grundsätzlich ist, einen Titel oder ein Urteil zu erwirken.
Spezialisierung und Nachhaltigkeit machen Inkasso-Dienstleister aus
Da sich Inkassounternehmen auf diese spezifischen Tätigkeiten konzentrieren, verfügen sie über umfangreiche Erfahrungen darin. Insbesondere bei der Zwangsvollstreckung gibt es viele Feinheiten zu beachten, um das Ziel einer vollständigen Zahlung der offenen Forderungen zu erreichen. Selbst wenn die Zwangsvollstreckung zunächst scheitert, endet die Arbeit des Inkassounternehmens nicht. Auf Wunsch wird der Vorgang in die Langzeitüberwachung aufgenommen und über die gesamte Laufzeit von 30 Jahren regelmäßig überprüft, ob sich die Bonität des Schuldners verbessert hat. Dies ist eine Dienstleistung, die von Anwälten in der Regel nicht angeboten wird, aber durchaus notwendig ist, wenn ein Vollstreckungstitel oder ein Urteil vorliegt.
Fazit: Beide Optionen haben Vor- und Nachteile.
Es ist wichtig, den richtigen Lösungsweg für Ihre individuelle Situation zu finden. Wenn Sie eine umfassende rechtliche Beratung benötigen und das Ziel verfolgen, einen Titel oder ein Urteil zu erwirken, kann ein Rechtsanwalt die beste Wahl sein. Wenn es darum geht, bereits fällige Forderungen einzutreiben und eine effektive und spezialisierte Unterstützung bei der außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung von Forderungen benötigt wird, kann ein Inkassodienstleister die bessere Option sein. Letztendlich hängt die Wahl zwischen einem Rechtsanwalt und einem Inkassounternehmen von der Art der Forderung und den individuellen Bedürfnissen ab.
Bildquelle: Inkasso
