Auf der einen Seite das iPhone XR, mit Face ID, randlosem 6,1-Zoll-Bildschirm, aber auch einem etwas älteren A12-Prozessor. Auf der anderen Seite Apples brandneuer A13 Bionic-Chipsatz im iPhone SE 2, jedoch gefangen im iPhone 8-Gehäuse mit Touch ID und dicken Bildschirmrändern. Könnt ihr euch nicht zwischen dem iPhone SE 2 und dem iPhone XR entscheiden?
Das ist gut nachvollziehbar. Denn mit dem iPhone SE Jahrgang 2020 hat Apple nüchtern betrachtet einen wilden Mix aus alten und neuen Komponenten präsentiert, der auf der einen Seite einen gewissen Charme versprüht – auch mit Blick auf den Preis – auf der anderen Seite aber auch streckenweise mit angestaubter Technik daherkommt. Worauf lasst ihr euch da nur ein?
Preis: Keine völlig andere Liga
Überraschend ist der Blick auf die Preise. Wohin man auch schaut, allerorten wird das iPhone SE 2 gerade als “Preisbrecher” und “Einsteiger-Smartphone von Apple” bejubelt. Es stimmt ja auch. Mit 479 Euro ist es für iPhone-Verhältnisse sehr attraktiv. Doch das iPhone XR zum Preis von 699 Euro spielt nicht in einer völlig anderen Liga, was im Zuge der Präsentation des iPhone SE 2 ein wenig in Vergessenheit gerät. Die genannten Preise gelten nur für die Basisvarianten mit jeweils 64 Gigabyte.
Zwischenfazit zum Preis: Ein iPhone behält man in der Regel zwischen drei und fünf Jahren. Behaltet daher auch den Wiederverkaufswert im Blick. Ob sich ein iPhone mit Home Button in vier Jahren noch sonderlich gut verkaufen lässt, ist ungewiss. Kommt es euch wirklich auf jeden Euro an, dann ist vielleicht auch ein generalüberholtes oder gebrauchtes iPhone sinnvoll für euch.
Prozessoren und Leistung: Macht euch doch keinen Stress!
Das iPhone SE 2 sieht wie ein iPhone 8 aus. Technisch ist es jenem inzwischen eingestellten Apple-Handy aber überlegen. Prunkstück ist ohne Zweifel der Prozessor, der A13 Bionic. Bemerkenswert: Apple steckt seinen besten, leistungsfähigsten Chipsatz damit sowohl in das teuerste (iPhone 11 Pro und iPhone 11 Pro Max) als auch ins günstigste Smartphone. Das iPhone XR muss mit dem A12 Vorlieb nehmen. Kein schlechtes Ein-Chip-System (SoC), aber eben eines, was zusammen mit dem iPhone XS im Jahr 2018 auf den Markt kam.
Zwischenfazit zur Leistung: Das iPhone XR zieht den Kürzeren. Im direkten Vergleich lädt das neue iPhone SE Inhalte schneller und ist auch bei der Grafik einen Schritt voraus. Verstecken muss sich das iPhone XR samt A12-SoC dennoch nicht. Die Power reicht locker für die kommenden Jahre. Generell lässt sich sagen, dass alle aktuell von Apple verkauften iPhone-Modelle ausreichend Rechenleistung für mindestens die kommenden drei Jahre mitbringen.
Display, Abmessungen, Gehäuse: Welches ist denn nun kleiner?
Das iPhone SE von 2020 hat ein 4,7-Zoll-Display und damit den mit Abstand aktuell kleinsten iPhone-Touchscreen. Mit 5,8 Zoll wäre das nächst kleinere Apple-Handy das iPhone 11 Pro. Das spielt mit einem mehr als doppelt so hohen Preis jedoch in einer völlig anderen Liga. Leider fällt die Auflösung mit 1.334 x 750 Bildpunkten gering aus.
Das iPhone XR hat ein 6,1 Zoll großes Display mit einer höheren Auflösung von 1.792 x 828 Bildpunkten, was oft jedoch vor allem von Journalisten und Datenblattstudierern als Vorteil genannt wird. Wir sind uns ziemlich sicher, dass die meisten Menschen mit der iPhone SE-Auflösung gut werden leben können, zumal die Pixeldichte, also das Verhältnis von Bildpunkten pro Fläche, mit 326 ppi bei beiden Modellen identisch ist.
Auf ein OLED-Display müsst ihr bei beiden Apple-Handys verzichten. Sowohl im iPhone SE 2 als auch im iPhone XR steckt ein Retina beziehungsweise Liquid Retina-Display. Im Vergleich zum OLED-Display müsst ihr daher mit einer schlechteren Darstellung von Schwarzwerten leben. Die True Tone-Funktion wird von beiden Modellen dennoch unterstützt. Beide Smartphones unterstützen zudem den P3-Farbraum und Haptic Touch. Sie sind mit 625 nits (Herstellerangabe) zudem gleich hell.
Angesichts des deutlich größeren Displays beim iPhone XR fällt der Unterschied bei der Gehäusegröße geringer aus, als vielleicht vermutet. Das iPhone XR ist 1,25 Zentimeter höher, 0,84 Zentimeter breiter und 0,1 Zentimeter dicker, als das iPhone SE 2. Fühlbare Unterschiede gibt es beim Gewicht: Bei identischem Materialmix (Glas und Aluminium) und Wasserschutz (1 Meter untertauchen für 30 Minuten) bringt das iPhone XR 194 Gramm, das neue iPhone SE 2 nur 148 Gramm auf die Waage.
Bei den Gehäusefarben habt ihr mehr Auswahl beim iPhone XR. Während ihr beim iPhone SE 2 nur zwischen Schwarz, Rot und Weiß wählen könnt, stehen euch beim iPhone XR darüberhinaus noch Blau, Gelb und Koralle zur Verfügung.
Touch ID oder Face ID?
Das bessere Verhältnis zwischen Display- und Gehäusegröße kommt beim iPhone XR durch Face ID zustande. Das iPhone SE 2 hingegen setzt auf Touch ID samt Home Button. Es handelt sich um den Home Button aus dem iPhone 8, den ihr nicht mehr physisch herunterdrücken könnt. Auf dem Papier gilt Face ID als die sicherere Technik. Laut Apple ist nur einer von einer Million Menschen in der Lage, ein fremdes iPhone anhand seiner Biometrik zu entsperren. Bei Touch ID ist es einer von 50.000.
Zwischenfazit: Sowohl Face ID als auch Touch ID funktionieren im Alltag schnell, zuverlässig und sicher. An beides gewöhnen sich Nutzer sehr schnell. Das iPhone SE 2 dürfte das letzte Apple-Handy sein, das auf diese Technik samt Home Button und den damit einhergehenden dicken Bildschirmrändern setzt.
Kameras: Unterschiede trotz gleicher Auflösung
Mit beiden Apple-Handys könnt ihr Bilder mit 12 Megapixeln aufnehmen. Beide Optiken sind bildstabilisiert; es handelt sich jedoch nicht um den gleichen Kamerasensor. Der im iPhone XR ist besser (neuere Technik, größere Pixel), als der vom iPhone 8 bekannte Fotochip des iPhone SE 2.
Doch nicht vergessen: Im iPhone SE 2020 steckt das A13-SoC, das wiederum einen besseren ISP (Image Signal Prozessor) mitbringt. Wir gehen daher von absolut vergleichbaren Bildergebnissen aus. Selbst die beliebten Portrait-Modi werden vom iPhone SE 2 unterstützt. Warum das iPhone SE 2 sogar bei den Fotos des iPhone 11 Pro mithalten kann, haben wir euch im verlinkten Artikel beschrieben.
Funk und WLAN
Weder das iPhone SE 2 noch das iPhon XR sind 5G-fähig. Die aktuellere Funktechnologie steckt dank Unterstützung von WiFi 6 (iPhone XR: WiFi 5) im günstigeren iPhone SE 2. Auch die LTE-Geschwindigkeiten bei Up- und Download dürften dank Unterstützung von Gigabit-LTE beim iPhone SE höher liegen.
Akkulaufzeit
Mehr Platz im Gehäuse bedeutet im Fall des iPhone XR auch mehr Platz für den Akku. Für das iPhone SE 2 verspricht Apple die gleiche Akkulaufzeit wie für das iPhone 8. Rechnet also mit einer Video-Wiedergabe von 13 Stunden und einer Audio-Wiedergabe von bis zu 40 Stunden. Für das iPhone XR gibt das Unternehmen 16 Stunden beziehungsweise 65 Stunden in den gleichen Disziplinen an.
Netzwelt meint: Nicht nur auf den Preis schauen!
Wenn die Worte “Apple” und “günstig” in einem Satz fallen, solltet ihr euch nicht zu voreiligen Entschlüssen verleiten lassen. Vor allem dann nicht, wenn ihr mit dieser Entscheidung über Jahre leben wollt. Aufsteiger von iPhone 6S oder iPhone 7 sollten anhand der von uns genannten Vor- und Nachteile genau abwägen, welchem Modell sie den Vorzug geben. Kommt es euch wirklich nur auf die Größe an? Das iPhone 11 Pro ist nicht viel größer als das neue iPhone SE. Kommt es euch nur auf den vermeintlich günstigen Preis an? Dann ist vielleicht ein gebrauchtes oder generalüberholtes iPhone für euch die bessere Wahl, anstatt jahrelang auf ein Smartphone mit dicken Bildschirmrändern UND gewachsenen Gehäuseabmessungen zu starren.
Die Stärken des neuen iPhone SE 2 liegen neben dem verlockenden Preis im bockstarken Prozessor und am für viele Menschen vertrauten Bedienkonzept samt Touch ID. Nur wer an letzterem festhalten will, findet bei Apple – Gebrauchtgeräte mit einbezogen – keine andere Alternative. Der Charme des ultrakompakten 4-Zoll-Handys ist bei der Neuauflage des iPhone SE leider auf der Strecke geblieben.