Bio-Lebensmittel sind heutzutage in praktisch jedem Supermarkt und Discounter erhältlich. Obwohl sie immer noch als Nischenprodukt gelten und nur etwa 6% des Gesamtumsatzes der Lebensmittelbranche ausmachen, steigt ihr Marktanteil seit Jahren kontinuierlich an. Auch politisch ist der Trend hin zum Öko-Anbau deutlich erkennbar. Die Ampelparteien haben sich im Koalitionsvertrag das Ziel gesetzt, bis 2030 einen Anteil von 30% der Ackerflächen biologisch zu bewirtschaften. Bio-Produkte sind teurer als konventionelle Lebensmittel, doch man weiß, wofür man bezahlt: Bio soll gesünder sein, besser schmecken und das gute Gefühl vermitteln, etwas für die Umwelt, das Klima und das Tierwohl zu tun. Aber stimmt das wirklich?
Biologisch oder doch eher konventionell?
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Bio-Lebensmittel nach heutigem Wissensstand nicht gesünder sind als konventionelle. Vergleichende Studien zeigen nur wenige Unterschiede. Ein Unterschied besteht darin, dass Bio-Gemüse und -Obst im Durchschnitt mehr Antioxidantien enthält. Antioxidantien sind Substanzen, mit denen sich die Pflanze selbst schützt und die grundsätzlich gesundheitsfördernd für den Körper sind. Ob wir von diesem Mehr an Antioxidantien jedoch tatsächlich einen gesundheitlichen Vorteil haben, ist nicht klar, wie Professor Martin Smollich vom Institut für Ernährungsmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein feststellt.
Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass auf Bio-Lebensmitteln weniger Rückstände von Pflanzenschutzmitteln zu finden sind. Allerdings werden die Grenzwerte für Pestizidrückstände bei konventionellen Lebensmitteln in der Regel auch nicht überschritten. Insgesamt gilt: Wer seiner Gesundheit etwas Gutes tun möchte, sollte vor allem viel Gemüse essen, egal ob bio oder konventionell.
Ist Bio besser für das Klima?
Auch wenn es für die Gesundheit keine unmittelbaren Unterschiede gibt, weist Ernährungsmediziner Smollich auf indirekte Vorteile von Bio-Lebensmitteln hin. In der Bio-Tierhaltung werden weniger Antibiotika eingesetzt, wodurch weniger antibiotikaresistente Keime entstehen, die für den Menschen gefährlich werden könnten. Die Auswirkungen auf das Klima beeinflussen letztendlich auch unsere Gesundheit. Die menschverursachten Treibhausgasemissionen nehmen weltweit zu, was zu mehr Extremwetterereignissen und Hitzetoten führt. In Deutschland entfallen neun Prozent der Emissionen auf die Landwirtschaft.
Auf die Fläche gerechnet verursacht der ökologische Landbau weniger Treibhausgase als der konventionelle. Dies liegt unter anderem daran, dass mineralische Stickstoffdünger im Öko-Anbau nicht erlaubt sind. Ihre Herstellung verbraucht viel Energie. Öko-Felder setzen auch weniger Lachgas frei, das etwa 300-mal klimaschädlicher ist als Kohlendioxid. Betrachtet man jedoch den Ertrag, sieht die Rechnung anders aus: Für die gleiche Menge Getreide, Mais oder Gemüse benötigt man in der ökologischen Landwirtschaft mehr Fläche. Aus dieser Perspektive betrachtet ist Bio nicht unbedingt besser für das Klima.
Aber nicht nur das Klima ist wichtig für unser Überleben, sondern auch eine intakte Umwelt. Für unsere Ernährung sind wir beispielsweise darauf angewiesen, dass Insekten Nahrungspflanzen bestäuben. Laut einer Übersichtsstudie des Thünen-Instituts wachsen auf Bio-Feldern mehr Wildkräuter, es gibt mehr Insekten und Vögel. Ein Grund dafür ist, dass chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel im Bio-Anbau verboten sind. Auch mineralischer Stickstoffdünger ist tabu. Dies schützt den Boden und das Grundwasser vor übermäßiger Nitratbelastung. Zusätzlich bauen Landwirte sogenannte Leguminosen an, um die Pflanzen mit ausreichend Stickstoff zu versorgen. Klee beispielsweise wird zusammen mit Gras angebaut und bleibt über mehrere Jahre auf dem Feld. “Dadurch finden Vögel auch im Winter Futter und Insekten können hier überwintern”, sagt Dr. Karin Stein-Bachinger vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung.
Und wie steht es um das Tierwohl im Ökolandbau?
Das ausdrückliche Ziel im Ökolandbau ist es, dass die Tiere gesund bleiben, sich wohlfühlen und ihr natürliches Verhalten ausleben können. Die Vorgaben zur Tierhaltung für Bio-Höfe sind tatsächlich strenger als für konventionelle Höfe. Zum Vergleich: Ein 100 Kilogramm schweres Mastschwein muss laut gesetzlicher Mindestvorgabe eine Fläche von 0,75 Quadratmetern im Stall haben, aber keinen Auslauf. Ein Bio-Schwein hingegen hat eine Stallfläche von 1,3 Quadratmetern und einen Quadratmeter Auslauf.
Bestimmte schmerzhafte Eingriffe sind in der Ökotierhaltung verboten, wie beispielsweise das kupieren der Schwänze von Schweinen oder das Stutzen der Schnäbel von Hühnern. Aber ist das ausreichend? Die Forscher des Thünen-Instituts haben sich in ihrer Studie auch das Tierwohl genauer angesehen. Dr. Solveig March, eine der Autorinnen, fasst zusammen: “Tiere in der Bio-Haltung sind nicht unbedingt gesünder, es geht ihnen aber insgesamt besser.”
Bio – ein guter Anfang
Zusammenfassend lässt sich sagen: Bio ist ein guter Anfang. Doch auch die Auswahl der Lebensmittel ist entscheidend. Anfang 2019 stellte eine internationale Gruppe von Forschern einen Speiseplan vor, der die Gesundheit des Menschen und des Planeten gleichermaßen schützt: die “Planetary Health Diet”. Der Fleischkonsum müsste im Vergleich zu heute etwa halbiert werden, stattdessen sollten mehr Gemüse und Obst, Hülsenfrüchte und Nüsse auf dem Speiseplan stehen.
Weitere Informationen zum Thema finden Sie im Internet unter www.oekolandbau.de.