Erst traf es den 1. FC Magdeburg, dann den SV Wehen Wiesbaden und nun die Würzburger Kickers – sogar Eintracht Braunschweig könnte in dieser Saison als zweiter Zweitliga-Aufsteiger den Weg zurück in die 3. Liga antreten. Doch steckt dahinter mehr als bloßer Zufall?
Zu leicht für die zweite Liga
Wer als Achtzehnter gegen den Siebzehnten verliert, hat kaum noch Argumente für den Klassenerhalt. Nach dem 1:3 gegen Osnabrück konnte in Würzburg niemand bestreiten, dass dieser Abstieg hochverdient war. Die bittere Note dieses Abgangs nach nur acht Monaten in der Zweiten Liga lässt sich nicht leugnen. Die Fans der Würzburger Kickers erlebten weder den Last-Minute-Aufstieg noch viele schöne Momente in dieser Saison. Bereits zu Saisonbeginn durften nur 3.000 Zuschauer die Luft der 2. Bundesliga schnuppern. War da schon klar, dass die Mission zum Scheitern verurteilt war? Nun können wir mit Sicherheit sagen: Trotz vieler Transfers und Trainerwechsel waren die Kickers zu leicht für diese Liga.
Das omnipräsente Chaos, dem Sportvorstand Sebastian Schuppan nun Einhalt gebieten will, war sicherlich eine Ursache. Gleich vier Trainer probierten sich während der Saison in Würzburg aus. Gerade während der Pandemie schien es schwierig für Würzburg, unter den erschwerten Rahmenbedingungen einen Kader von Zweitliga-Format zusammenzustellen. Ein fast schon aufgeblähter Kader mit 31 Spielern, die von den internationalen Resterampen befreit wurden – hätte weniger mehr sein können? Hätte es dann, unterstützt vom wichtigsten Sponsor und Anteilseigner Flyeralarm, mit der Etablierung in der 2. Liga klappen können? Oder ist die Schere längst zu groß? Das Gefühl bleibt, dass der Aufstieg für einen Klub wie Würzburg zu früh kam.
FWK, SVWW und FCM als jüngste Beispiele
Würzburg ist nicht das einzige Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit. 2020 erwischte es Aufsteiger Wehen Wiesbaden, ohne das Chaos. Der damalige Erfolgs- und schließlich Abstiegstrainer Rüdiger Rehm hat in Wiesbaden jede Krise überlebt und ist weiterhin im Amt. 2019 war es der 1. FC Magdeburg, der mit großer Vorfreude auf die große Bühne kam und ebenfalls scheiterte, während der SC Paderborn den sensationellen Durchmarsch in die Bundesliga schaffte. In der Geschichte der 3. Liga ist dieser Durchmarsch neben den Ostwestfalen bislang nur dem SV Darmstadt 98 (2015) gelungen.
Viel häufiger ereilt frühere Drittligisten jedoch das umgekehrte Schicksal. In diesem Jahr könnte auch Eintracht Braunschweig betroffen sein. Noch kämpfen die Löwen mit dem VfL Osnabrück – Aufsteiger aus dem Jahr davor – sowie dem SV Sandhausen um den Klassenerhalt und den Relegationsplatz. Braunschweig hielt seinen Kader größtenteils zusammen und erlebte einen “schmeichelhaften” Aufstieg. Doch wer die 3. Liga nicht dominiert, sondern von der Schwäche der Konkurrenz profitiert, muss Großes vollbringen, um gegen Teams wie den HSV, Kiel und Co. konkurrenzfähig zu sein – sofern nicht plötzlich ein Millionen-Investor aus der Wunderlampe steigt.
Das leidige Thema Finanzen
Der Grund ist bekannt, aber seit Jahren wird nichts Entscheidendes unternommen. Während Zweitligisten knapp 7,5 Millionen Euro TV-Geld pro Saison erhalten, erhält ein Drittligist nicht einmal ein Fünftel dieses Betrags. Gerade “Fahrstuhlvereine” wie Braunschweig und Wiesbaden stehen vor großen Herausforderungen bei der Anpassung der Kostenstruktur. Wer um jeden Preis einen zweitligatauglichen Kader zusammenstellen möchte, hat es im Abstiegsfall umso schwerer, die Personalkosten so zu senken, dass keine roten Zahlen entstehen. Die Kunst besteht darin, einen Mittelweg zu finden – auch wenn dieser “normale” Drittliga-Aufsteiger wirtschaftlich zu klaren Außenseitern in der höheren Spielklasse macht.
Es ist nicht einfach, die Vereine zu finden, die sich nach früherer Zugehörigkeit nun dauerhaft oberhalb der 3. Liga etabliert haben. Union Berlin, Arminia Bielefeld und RB Leipzig führen in der Bundesliga das Feld an, während Heidenheim, Aue und Regensburg sich seit mehreren Jahren in der Zweiten Liga behaupten. Nun drängen in Dresden, Rostock, 1860 München und Ingolstadt vier ehemalige Bundesligisten zurück in die Zweitklassigkeit. Einige haben potente Sponsoren, andere ein Umfeld mit großer Strahlkraft, wieder andere beides. Aber reicht das aus, um die eigenen Ansprüche zu erfüllen und sich in der 2. Bundesliga zu etablieren? Wer auch immer am Ende dieser Saison im dramatischen Aufstiegsrennen jubelt: Der weitere Weg der künftigen Zweitliga-Welpen wird mindestens genauso spannend sein.