Italien kürzt Sozialhilfe: Alleinstehende erhalten 350 statt 780 Euro im Monat

Italien kürzt Sozialhilfe: Alleinstehende erhalten 350 statt 780 Euro im Monat

Die italienische Regierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat Pläne zur Kürzung der Sozialhilfe vorgelegt, die nun konkrete Konturen annehmen. Tausende von Italienern werden Anfang September einen erheblichen Verlust an staatlicher Unterstützung erfahren. Die Sozialbehörde INPS hat kürzlich 160.000 Personen per SMS über die bevorstehenden Kürzungen informiert. Dies hat zu Empörung und Protesten geführt, insbesondere im Süden Italiens. Ein Mann schüttete Benzin in das Büro des Bürgermeisters bei Palermo und drohte, es anzuzünden.

Arbeit ist Voraussetzung für staatliche Unterstützung

Ministerpräsidentin Meloni betonte mehrfach, dass Menschen, die arbeiten können, nicht auf Kosten des Staates leben sollten. Arbeitslose Alleinstehende im Alter von 18 bis 59 Jahren erhalten zukünftig nur noch einen Zuschuss von 350 Euro pro Monat, sofern sie an einer Qualifizierungs- oder Wiedereingliederungsmaßnahme teilnehmen. Der Zuschuss ist auf 12 Monate beschränkt und unterliegt strengeren Einkommens- und Vermögensgrenzen als die bisherige Unterstützung.

Bisher gab es auch einen zusätzlichen Mietkostenzuschuss. Bislang standen Alleinstehenden im Rahmen der Sozialhilfe, die als “Bürgergeld” bezeichnet wird, 500 Euro pro Monat plus bis zu 280 Euro Mietunterstützung zur Verfügung. Diese Beträge sinken nun um mehr als 55 Prozent. Die linke Opposition spricht von einem beispiellosen Kahlschlag.

Kritik von Sozialexperten

Auch unabhängige Sozialexperten kritisieren, dass Menschen zwischen 18 und 59 Jahren pauschal als arbeitsfähig eingestuft werden. Eine Unterscheidung zwischen vermittelbaren und schwer vermittelbaren Personen wird nur dann vorgenommen, wenn eine Krankheit oder Behinderung nachgewiesen werden kann. Mangelnde Qualifikation, die dazu führen kann, dass keine Arbeit gefunden wird, wird dabei nicht anerkannt.

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Sozialexperten wie die Professoren Cristiano Gori und Massimo Baldini kritisieren, dass die Regierung zu viel Vertrauen in die staatlichen Arbeitsvermittlungsbehörden setzt. Bereits beim 2019 eingeführten “Bürgergeld” hatte die Vermittlung neuer Arbeitsplätze nicht funktioniert. Das Mindesteinkommen von insgesamt acht Milliarden Euro, auf das alle Menschen mit niedrigem oder keinem Einkommen Anspruch hatten, hat zwar zur Armutsbekämpfung beigetragen, aber nicht zur Reduzierung der strukturellen Arbeitslosigkeit.

Roberto Bafundi, Direktor der Sozialbehörde INPS in Neapel, betonte jedoch, dass “niemand im Stich gelassen” wird. Viele Betroffene haben Anspruch auf eine Fortsetzung der höheren Unterstützung sowie auf spezielle Hilfen der Sozialdienste und die Teilnahme an Wiedereingliederungsprojekten. Die Gewerkschaften befürchten jedoch, dass es aufgrund der Systemreform zu Verzögerungen bei der Auszahlung der Hilfen kommen könnte.

Die Regierung in Rom überlässt die Verantwortung den Kommunen, ohne diese finanziell auszustatten. Anders als für Alleinstehende ändert sich für Familien, die Minderjährige, Senioren oder Behinderte betreuen, weniger. Insgesamt hofft die Regierung, auf diese Weise Milliarden von Euro einzusparen.

Sozialhilfe und “Bürgergeld” in Deutschland

In Deutschland erhalten erwerbsfähige Menschen die Grundsicherung “Bürgergeld”, falls sie selbst nicht genug Mittel für ihren Lebensunterhalt aufbringen können. Die monatliche Geldleistung beträgt für Alleinstehende 502 Euro. Zudem übernimmt der Staat die Kosten einer angemessenen Wohnung, im Durchschnitt 459 Euro für Ein-Personen-Haushalte. Für Paare mit drei Kindern liegen die Hilfen im Durchschnitt bei 2905 Euro pro Monat. Mit der geplanten Kindergrundsicherung der Ampelkoalition könnte dieser Betrag noch weiter steigen.

Wer dauerhaft erwerbsunfähig ist, erhält in Deutschland zwar kein “Bürgergeld”, jedoch springt in jedem Fall die Sozialhilfe ein, die ähnliche Beträge wie das “Bürgergeld” bietet. Die Hilfe wird unbefristet und manchmal sogar über 20 Jahre hinweg gewährt. Kürzungen sind im Rahmen des “Bürgergelds” jedoch möglich, wenn Leistungsempfänger Arbeit verweigern oder ständig Termine im Jobcenter versäumen.

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Im Alltag sind solche Maßnahmen jedoch die Ausnahme, und die Ampelkoalition hat die Sanktionsschwellen zuletzt erhöht. Die Union hat Pläne für stärkere Lockerungen im Rahmen der jüngsten “Bürgergeld”-Reform im Bundesrat blockiert. Dennoch bezeichnete CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann das System als ungerecht. Er forderte, dass Menschen, die gesund sind und arbeiten können, Arbeit annehmen sollten, anstatt Sozialleistungen zu beziehen.