Kalter und heißer Milchschaum? Kein Problem. Vollautomat mit Frappé-Funktion? Natürlich. Sirup, Touchscreens, automatische Entkalkung? Alles möglich.
Aber schwarzen Filterkaffee, wie wir ihn von Filterkaffeemaschinen gewohnt sind? Kein einziges Gerät aus meinem Kaffeevollautomaten Test 2023 schafft das. Das ist kein Zufall, sondern liegt in der Natur der Sache.
Warum das so ist und was das für eure Kaufentscheidung bedeutet, zeige ich euch in diesem Ratgeber. Außerdem zeige ich euch, wie ihr euch auf Knopfdruck trotzdem (fast) “normalen Kaffee” abholen könnt, der genauso gut aus dem Moccamaster wie aus einem Vollautomat – zum Beispiel dem Saeco Xelsis Suprema – kommen könnte.
Warum kann kein Kaffeevollautomat normalen Filterkaffee?
Diese Frage gibt es nur in Deutschland. In kaum einem anderen Land wird “normaler Kaffee” so stark mit Filterkaffee assoziiert. Wir sind es gewohnt, Kaffeepulver in einen Papierfilter zu geben, einen Knopf zu drücken und uns zehn Minuten später eine volle Kaffeekanne abzuholen.
Als der Vollautomat zum neuen Küchenfavoriten avancierte, dachten wir natürlich, dass auch diese Maschine damit klarkommt – schließlich kostet sie einiges mehr als einfache Kaffeemaschinen und heißt nicht umsonst “VOLLautomat”.
Die Hersteller von Kaffeevollautomaten tun außerdem alles, um uns in diesem Glauben zu bestärken. Kaffeevollautomaten mit Kannenfunktion suggerieren ein Gefühl von Filterkaffee, genauso wie typische Getränkenamen im Vollautomat-Menü. Jura bietet zum Beispiel “Kaffee” an und Siemens serviert uns einen “Milchkaffee”.
Aber spätestens, wenn der Vollautomat auf der Arbeitsplatte steht und wir ihn das erste Mal ausprobieren, kommt oft Enttäuschung auf. Der Kaffee schmeckt anders als das Original, die Menge pro Tasse kann nicht mit den gewohnten Mengen mithalten und das Ganze ist auch noch ziemlich aufwendig. Warum ist das so?
Filterkaffee oder Vollautomat: Zwei Prinzipien, ein Ziel
Filterkaffee entsteht, wenn frische Kaffeebohnen mit einem mittleren Mahlgrad locker in einen Papier- oder Stofffilter gegeben werden und heißes Wasser langsam darüber gegossen wird. Die langsame Extraktion gibt den Kaffeebohnen genug Zeit, alle ihre Geschmacksstoffe freizugeben. Der Filter hält vor allem Kaffeeöle und kräftigere Aromenbestandteile zurück, sodass auch feinere Nuancen in der Tasse zur Geltung kommen.
Ein Vollautomat hingegen schickt frisch gemahlenen Kaffee in einem feinen Mahlgrad in die Brühgruppe, wo er verdichtet und mit heißem Wasser “beschossen” wird. Dabei entsteht Druck, und der ganze Vorgang dauert je nach Füllmenge kaum 40 Sekunden.
Dieses direkte Prinzip sorgt für die typische Aroma-Intensität, die wir von einem Espresso erwarten. Die Kaffeeöle sind hier ein wichtiger Bestandteil des Geschmacks und Mundgefühls, genauso wie Bitterstoffe und Röstaromen. Ein Espresso ist nicht dafür ausgelegt, ihn groß und breit zu verlängern.
Denn der feine Mahlgrad schafft eine größere Oberfläche. Kommt der Kaffee zu lange mit Wasser in Kontakt, gerät die Extraktion schnell aus dem Gleichgewicht.
Einige Kaffeevollautomaten setzen trotzdem einfach auf mehr Wasser pro Tasse. Manche hochwertige Geräte wie der Jura Z10 mit seiner “Cold Brew-Funktion” nehmen zusätzlich etwas Druck heraus. Es gibt jedoch eine schmale Grenze zwischen etwas mehr Wasser und Kontaktzeit und einer wässrigen Lösung. Und diese Grenze beherrscht bei weitem nicht jeder Kaffeevollautomat.
Doch während des gesamten Verfahrens kommt kein Filter zum Einsatz. Deshalb schmeckt man einem “normalen Kaffee” aus dem Vollautomat immer an, dass er aus einem Vollautomat kommt.
Vorteile & Nachteile: Welcher Typ seid ihr?
Ob das nun gut oder schlecht ist, hängt vor allem von den persönlichen Erwartungen ab. Klassischer Filterkaffee aus einer Kaffeemaschine wie der Gastroback Design Brew Advanced oder sogar aus dem Handfilter lässt sich meist hervorragend in großen Mengen trinken. Er ist weich, facettenreich und einfach rund. Kaffee aus dem Vollautomat hingegen ist dichter und kräftiger, fühlt sich auch so an und kommt je nach Gerät mit einer mehr oder weniger dicken Crema daher. Beide Geschmackswelten haben ihre Fans, sind aber nicht beliebig austauschbar.
Kaffeevollautomat mit “Filterkaffee-Funktion” im Test: So überlistet ihr den Filtermangel
Geht es euch eher um die Menge als um die spezielle Aroma-Intensität von typischem Filterkaffee, bietet euch ein Vollautomat Möglichkeiten, den Filtermangel auszugleichen. Je nach Kaffeevollautomat, Marke und Preisklasse gibt es verschiedene Langversionen, die eine größere Kaffeeportion ermöglichen.
Die professionellen WMF Kaffeevollautomaten sind bisher die einzigen Geräte auf dem Markt, die behaupten, echten Filterkaffee zubereiten zu können. Die Funktion heißt Fresh Filtered Coffee, aber wie genau sie funktioniert, ist nicht bekannt. Auf den Bildern ist kein sichtbarer Filter zu erkennen, und der Hersteller gibt keine näheren Informationen zur Technik. Trotzdem klingt es gut und weckt die deutsche Filterkaffeewut.
Andere Marken verwenden zwar nicht das Wort “Filter”, aber alle sonstigen Begriffe, die wir mit Filterkaffee in Verbindung bringen. Wenn wir über den fehlenden Filter hinwegsehen, gibt es mehr als einen Vollautomat, der einen guten schwarzen Kaffee zubereiten kann. Zu meinen aktuellen Favoriten gehören:
- Saeco Xelsis Suprema
- Jura Z10
- Philips 3200 Serie
- Melitta CI Touch
- DeLonghi ECAM 35675
Hier ist natürlich auch viel persönlicher Geschmack im Spiel. Manche mögen es kräftig und heiß, andere fein und facettenreich. Ich mag alles, was ein guter Kaffeevollautomat produziert.
Selbstverständlich kommt es am Ende auch darauf an, welche Kaffeebohnen verwendet werden. In Bezug auf Vergleichbarkeit und Kaffee-Aroma empfehle ich einen Blick in den Coffeeness-Shop. Völlig objektiv, versteht sich.
Bohnen, Wasser, Mahlgrad, Temperatur: Welche Vollautomat-Einstellungen für den besten “Filterkaffee”?
Es gibt einen Grund, warum in meiner Kaffee-Favoriten-Liste nur hochpreisige Kaffeevollautomaten auftauchen. Einsteigermodelle bekommen die Verlängerung von Espresso zu Kaffee selbst mit den besten Bohnen nur halbherzig hin. Durch weniger präzise Technik und schwächere Pumpen entsteht oft ein etwas wässriger Kaffee.
Aber bei jedem Kaffeevollautomat kann man einiges tun, um den Kaffee dem “richtigen” Kaffee näher zu bringen. Dazu sollte man auf folgende Einstellungen achten:
- Bohnensorte: Verwende hochwertige Kaffeebohnen für das beste Aroma.
- Wasserqualität: Verwende möglichst frisches und weiches Wasser.
- Mahlgrad: Passe den Mahlgrad an die gewünschte Intensität an.
- Brühtemperatur: Achte auf die optimale Brühtemperatur für den gewünschten Geschmack.
Kaffeevollautomat vs. Filterkaffeemaschinen: Was heißt bei Kaffee schon normal?
Auf den ersten Blick wirken Filterkaffeemaschinen im Vergleich zu Kaffeevollautomaten kaum wie Konkurrenz: Vollautomaten können alles, Kaffeemaschinen nur eins.
Aber diese eine Sache ist auch etwas Besonderes: Guter Filterkaffee in großen Mengen, ohne komplizierte Technik oder teure Anschaffungen, ist mindestens genauso gut wie ein erstklassiger Latte Macchiato.
Deshalb sollte man nicht reflexartig einen Kaffeevollautomat kaufen, sondern die eigenen Ansprüche und Vorlieben abwägen. Oft stellt man fest, dass eine einfache Filterkaffeemaschine genauso gut ist wie ein teurer Kaffeevollautomat. Am Ende kommt es nur darauf an, was man will.
Und ihr? Seid ihr Team Vollautomat oder Team Filterkaffeemaschine? Teilt es uns in den Kommentaren mit!