Die Entscheidung, ob man seinen Hund kastrieren lassen sollte oder nicht, ist eine kontroverse Frage in der Hundewelt. Es gibt Befürworter und Gegner auf beiden Seiten. In diesem Artikel möchten wir unsere persönlichen Erfahrungen mit dem Kastrationschip teilen. Wir wollen weder Kastrationen generell befürworten noch dagegen sein. Stattdessen möchten wir Ihnen einen Einblick in unseren Versuch mit dem Chip geben.
Grundsätzliches zum Thema Kastration
Eine (operative) Kastration sollte immer zum Wohl des Hundes und nicht des Besitzers durchgeführt werden. Das Tierschutzgesetz verbietet das Amputieren von Körperteilen oder das Entnehmen und Zerstören von Organen, es sei denn, es liegt eine medizinische Indikation vor. Eine Kastration kann übertriebenes Sexualverhalten reduzieren, löst jedoch nicht alle Verhaltensprobleme. Es ist wichtig, dass die Erwartungen des Besitzers geklärt werden und mögliche unerwünschte Nebenwirkungen berücksichtigt werden.
Der Kastrationschip
Der Kastrationschip ist eine temporäre Methode, um eine Kastration beim Rüden durch Hormone zu simulieren. Ein kleines, sich selbst abbauendes Implantat wird unter die Haut des Hundes gesetzt. Je nach Auswahl gibt der Chip für einen Zeitraum von 6 bis 12 Monaten Hormone ab, die den Hund vorübergehend unfruchtbar machen. Der Preis für einen sechsmonatigen Chip liegt bei etwa 100€.
Wenn der Chip nicht erneuert wird, verliert er nach einiger Zeit seine Wirkung und der Rüde wird wieder zeugungsfähig. Auf diese Weise können die Auswirkungen einer Kastration beobachtet werden, ohne einen operativen Eingriff unter Narkose durchführen zu müssen. Es ist ratsam, rechtzeitig zu entscheiden, ob der Hund erneut gechipt oder vollständig kastriert werden soll, um unnötige Hormonschwankungen zu vermeiden.
Update 2021: Es wurde berichtet, dass die Wirkungsdauer des Chips erheblich länger als die angegebenen 6-12 Monate sein kann. Manche berichten von einer Wirkungsdauer von bis zu 48 Monaten!
Warum haben wir uns für einen 6-Monats-Kastrationschip entschieden?
Spaziergänge und Begegnungen mit anderen Hunden wurden für unseren Hund mit der Zeit immer stressiger. Sein Verhalten draußen beschränkte sich nur noch auf Schnüffeln, Lecken und Markieren. Jede Urinpfütze musste inspiziert und ausgiebig beschnuppert werden. Nichts konnte ihn aufhalten, wenn er einmal eine heiße Spur gefunden hatte.
Bei Begegnungen mit anderen Hunden, egal ob Rüde oder Hündin, gab es kein freundliches “Hallo”. Stattdessen ging er direkt auf die Genitalien der anderen Hunde zu und beschnupperte sie intensiv. Dies führte oft zu Knurren, Verbellen und Abwehrverhalten seitens der anderen Hunde. Ein harmonisches Miteinander sieht anders aus…
Diese Verhaltensweisen sind natürlich bis zu einem gewissen Grad normal, aber nach ausführlichen Gesprächen mit unserer Hundetrainerin und der Tierärztin kamen wir zu dem Schluss, dass es bei unserem Hund zu extrem war und er dadurch stark gestresst wurde. Da eine dauerhafte Kastration für uns keine Option war, haben wir uns für den 6-Monats-Chip entschieden.
Die Wirkungsweise des Kastrationschips
Etwa vier Wochen nach dem Chippen bemerkten wir die ersten positiven Veränderungen. Vorher war das Verhalten für einige Zeit sogar noch extremer geworden… Bei Hundebegegnungen ist unser Hund mittlerweile nicht mehr so stürmisch und aufdringlich. Er geht langsamer auf die anderen Hunde zu und muss nicht mehr sofort deren Genitalien beschnuppern. Nach einem kurzen “Hallo” und einer kleinen Spielsession geht er entspannt weiter. Die Zeiten des sich nicht lösen könnens sind vorbei. Unser Hund ist immer noch fröhlich und aufgeschlossen anderen Hunden gegenüber. Er hat keine Angst, zeigt jedoch mehr Umsicht und zurückhaltendes Verhalten.
Er markiert und schnuppert bei Spaziergängen immer noch viel, aber in geringerem Maße. Auch muss nicht jede Urinpfütze abgeleckt werden.
Im Alltag Zuhause haben sich kaum Veränderungen gezeigt. Unser Hund schläft gerne, wie er es schon immer getan hat, und spielt immer noch ausgelassen mit seinen Stofftieren. Er ist neugierig und interessiert.
Negative Veränderung
Eine eher negative Veränderung betrifft das Fressverhalten. Unser Hund, der früher immer nur nach Bedarf gefressen hat und für den das Futter nie ein großes Thema war, ist plötzlich etwas verfressen geworden. In der Anfangszeit stand er öfter vor seinem leeren Napf und wollte Nachschub, manchmal sogar kurz nachdem er erst gefressen hatte. Er schnappt jetzt auch Krümel von der Küche auf, die ihn früher nie interessiert hätten. Das ist eine seltsame Neuerung… Aus diesem Grund achten wir nun darauf, dass er nur die angemessene Menge an Futter pro Tag bekommt. Sein Gewicht ist stabil geblieben, er hat nicht wirklich zugenommen.
Es gibt auch körperliche Veränderungen: Die Hoden unseres Hundes sind kleiner geworden und der gelbliche Ausfluss aus der Vorhaut, der seit der Pubertät ein Thema war, ist verschwunden. Dies ist bis zu einem gewissen Grad normal, jedoch sollte man bei übermäßiger Sekretbildung den Tierarzt konsultieren. Ohne Ausfluss ist es hygienischer, für den Hund und den Haushalt.
Wollen wir wieder einen Kastrationschip nutzen?
Wir sind uns noch nicht ganz sicher. Es sind jetzt 2,5 Monate vergangen und die Veränderungen sind nicht bahnbrechend, aber insgesamt positiv. Wir werden noch weitere zwei oder drei Monate abwarten und dann entscheiden, wie wir weiter vorgehen wollen. Es kann auch sein, dass ein Chip länger als die angegebenen sechs Monate wirksam ist. Vielleicht wird unser Hund mit zunehmendem Alter auch von selbst entspannter im Umgang mit anderen Hunden…
Im nächsten Teil unseres Erfahrungsberichts werden wir über die mögliche unerwünschte Nebenwirkung der Inkontinenz sprechen. Bleiben Sie dran!