Wer kennt das nicht? Ein Mensch, der scheinbar mutig und entschlossen durchs Leben geht, während ein anderer sich eher zurückhaltend und schüchtern fühlt. Die Frage, warum manche Menschen ein mangelndes Selbstwertgefühl haben, beschäftigt viele von uns. Sind die Ursachen dafür angeboren oder liegen sie im Elternhaus?
Was ist Selbstwertgefühl eigentlich?
Das Selbstwertgefühl beschreibt den Wert, den ein Mensch sich selbst beimisst und wie er sich im Vergleich zu anderen Menschen sieht. In der Psychologie wird es oft auch als Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen oder Selbstachtung bezeichnet. Ein geringes Selbstvertrauen wirkt sich in der Regel negativ auf das allgemeine Wohlbefinden aus und kann sowohl die psychische als auch die physische Gesundheit beeinträchtigen.
Symptome eines niedrigen Selbstvertrauens
Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl zeigen oft folgende typische Symptome:
- Sie vergleichen sich ständig mit anderen Menschen in ihrer Umgebung.
- Bei diesem Vergleich schneiden sie in ihren eigenen Augen meist schlecht ab.
- Generell sind sie mit sich selbst und ihrem Leben eher unzufrieden.
- Sie können das Leben nicht in vollen Zügen genießen.
- Aufgrund verschiedener Ängste bleiben sie lieber in ihrer Komfortzone.
- Oft plagen sie diffuse Zukunftsängste.
- Dadurch erleben sie einen angespannten mentalen und körperlichen Zustand.
- Sie fühlen sich oft als Opfer ihrer Lebensumstände.
- Menschen mit geringem Selbstbewusstsein können ihre eigenen Erfolge nicht wahrnehmen und sagen häufiger “Ja”, obwohl sie eigentlich “Nein” sagen wollen.
Folgen eines niedrigen Selbstwertgefühls
Ein schlechtes Selbstwertgefühl wirkt sich auf alle Bereiche des Lebens aus, insbesondere auf Beziehungen. Der Spruch “Wer sich selbst nicht liebt, kann auch niemand anderen lieben” trifft hier den Nagel auf den Kopf. Denn wenn man sich selbst akzeptiert und respektiert, spiegeln dies auch andere Menschen wider. Ein Mensch, der sich selbst wertschätzt und seine Stärken und Schwächen kennt, strahlt dies aus. Auch im Berufsleben wird es einem solchen Menschen leichter fallen, sich zu behaupten und Erfolg zu haben.
Ursachen für ein geringes Selbstwertgefühl
Die Frage nach den Ursachen für ein geringes Selbstwertgefühl lässt sich nicht eindeutig beantworten. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass bei Menschen mit geringem Selbstvertrauen eine bestimmte Gehirnregion besonders aktiv ist, der Mandelkern, auch bekannt als Angstzentrum. Ein Teil des geringen Selbstbewusstseins liegt also wahrscheinlich in den Genen. Eltern tragen jedoch ebenfalls einen großen Teil dazu bei, ob ein Kind zu einem selbstbewussten Erwachsenen heranwächst.
Prägende Erfahrungen im Elternhaus
Kinder glauben alles, was ihre Eltern sagen. Für sie sind die eigenen Eltern quasi unfehlbar, da sie noch kein Gefühl dafür haben, was richtig und falsch ist. Wenn Kinder von ihren Eltern abgewiesen, kritisiert oder bestraft werden, nehmen sie grundsätzlich an, dass sie etwas falsch gemacht haben, ohne dies zu hinterfragen. Gleichzeitig wissen Kinder instinktiv, dass sie von ihren Eltern abhängig sind. Daher ist das Wohlwollen ihrer Eltern für sie besonders wichtig. Erfahren Kinder emotionale Ablehnung von ihren Eltern, empfinden sie dies als verletzend und lebensbedrohlich. Um sich vor weiterer Ablehnung zu schützen, tun sie alles, was notwendig ist, um die Regeln und Verbote ihrer Eltern zu befolgen. Machen sie dennoch Fehler, bestrafen sie sich selbst, indem sie sich kritisieren. Dies ist der Beginn von negativen Selbstgesprächen oder dem sogenannten inneren Kritiker.
Elternhaus und Selbstbewusstsein
Im Idealfall wachsen Kinder in einer Umgebung auf, in der sie sich umsorgt, geliebt und geborgen fühlen. Um zu selbstbewussten Erwachsenen zu werden, ist es wichtig, dass Eltern ihren Kindern das Gefühl geben, dass sie genauso angenommen und geliebt werden, wie sie sind. Zudem ist es für Kinder von großer Bedeutung, dass sie darauf vertrauen können, dass ihre Eltern immer für sie da sind und ihnen ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit vermitteln. Die Grundpfeiler einer gesunden Entwicklung sind daher:
- Anerkennung und Wertschätzung innerhalb der Familie und des Umfelds.
- Eine Bezugsperson mit ausgeprägter Selbstsicherheit als Vorbild.
- Die Erfahrung, kleine Aufgaben zu meistern und positive Erfahrungen zu machen.
- Die Möglichkeit, sich in das familiäre System einzubringen und zugleich Autonomie zu entwickeln.
Ein solches Umfeld fördert nicht nur das Selbstvertrauen, sondern auch das Urvertrauen eines Kindes. Es entwickelt ein Gefühl für den eigenen Wert und Vertrauen in das Leben selbst. Laut gängiger Lehrmeinung entwickelt sich das Selbstwertgefühl eines Kindes im Alter zwischen 2,5 und 5 Jahren. Das bedeutet, dass die Entwicklung des Selbstbewusstseins eines Kindes bereits im Alter von 5 Jahren weitgehend abgeschlossen ist.
Ursachen für ein geringes Selbstwertgefühl im Jugend- oder Erwachsenenalter
Nicht nur in der Kindheit, sondern auch im Jugend- oder Erwachsenenalter kann sich ein geringes Selbstwertgefühl bei manchen Menschen entwickeln. Die Gründe dafür können vielfältig sein, zum Beispiel:
- Mobbing-Erfahrungen oder Belästigung in der Schule oder am Arbeitsplatz
- Emotionaler, körperlicher oder sexueller Missbrauch
- Eine toxische Beziehung mit einem Narzisst, der das Selbstwertgefühl dauerhaft untergräbt
- Mangelnder Erfolg im Beruf und fehlende Anerkennung
- Diskriminierung in jeglicher Form
- Arbeitslosigkeit
- Verlust einer nahestehenden Person
Generell lässt sich sagen, dass ein niedriges Selbstvertrauen oft dann entsteht, wenn ein Mensch schwierige Phasen im Leben durchmacht. Die damit verbundenen negativen Gefühle werden auf die eigene Person projiziert und beziehen sich oft auf das Aussehen, die Kompetenzen oder den Erfolg im Leben. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass es sich dabei um subjektive Einschätzungen handelt und nicht um Tatsachen.
Quellen und weiterführende Ressourcen: