Wer gemeinsam lernt, entdeckt neue Ideen. Das kooperative Lernen ermöglicht es Lehrern, ihren Unterricht abwechslungsreich und differenziert zu gestalten. In diesem Artikel werden Fragen zur Methode, zum Aufbau und Ablauf des kooperativen Lernens geklärt. Erfahren Sie, wie diese Methode Schülerinnen und Schülern helfen kann, ihre Kompetenzen zu erweitern und sich in einer vernetzten Welt zurechtzufinden.
Was ist kooperatives Lernen?
US-Bildungswissenschaftlerinnen und -Bildungswissenschaftler definierten als zusätzliche Kompetenzen für das Lernen im 21. Jahrhundert die “vier K’s”: Kommunikation, Kooperation, kritisches Denken und Kreativität. Diese Fähigkeiten sollen Schülerinnen und Schüler dazu befähigen, digitalen Inhalten zu begegnen und in einer vernetzten Welt erfolgreich zu sein.
In Deutschland sind diese Kompetenzen seit 2013 vor allem durch Andreas Schleicher, den Direktor der OECD, bekannt. Die OECD betreut in Deutschland die PISA-Studien.
Das kooperative Lernen oder Arbeiten ist eine dieser vier Kulturkompetenzen. Dabei werden Schülerinnen und Schüler vor Aufgaben gestellt, die sie nur gemeinsam oder in Abstimmung miteinander lösen können. Dies kann in Zweiergruppen oder mit mehreren Personen geschehen.
Der Medienpädagoge Richard Heinen beschreibt kooperatives Arbeiten als Chance: “Die beste Schule […] ist ein großer Lernraum oder eine große Lernlandschaft, in der wir zusammen an Themen arbeiten.”
Die Grundlagen des kooperativen Lernens sind:
- Eine klar vorgegebene Struktur für die Zusammenarbeit
- Eine gezielte Gruppenzusammensetzung
- Aufgabenstellungen, die nur gemeinsam gelöst werden können
- Direkte Interaktion in der Gruppe (positive Abhängigkeit)
- Training von Kommunikationssituationen, z. B. in Diskussionen (soziale Lernprozesse)
- Individuelle Aufgabenbereiche für die Schülerinnen und Schüler (individuelle Verantwortlichkeit)
- Eine Reflexion der Zusammenarbeit, bei der individuelle und gruppenbezogene Ergebnisse betrachtet werden
Welche Vorteile hat kooperatives Arbeiten?
Durch das Arbeiten im Team lernen Schülerinnen und Schüler nicht nur einander besser kennen. Sie müssen über ihre eigenen Interessen hinausdenken und für ein gemeinsames Ziel einstehen. Dadurch ermöglicht kooperatives Lernen soziale Teilhabe, bei der sich Kinder mit unterschiedlichen Voraussetzungen gegenseitig unterstützen können. Dabei geht es beim kooperativen Lernen um mehr als bloße Gruppenarbeit.
Im Gegensatz zur klassischen Gruppenarbeit, bei der Teamfähigkeit vorausgesetzt wird, fördern kooperative Lernmethoden die Zusammenarbeit in der Gruppe.
Jedes Gruppenmitglied muss zur Lösung des Problems beitragen und seine Ergebnisse innerhalb der Gruppe präsentieren. Dadurch setzen sie sich aktiv mit den Lerninhalten auseinander und finden gemeinsam passende Lösungen. Dies fördert die Kommunikation und vertieft das Denken und Lernen der Schülerinnen und Schüler.
Leistungsschwächere Lernende finden im geschützten Rahmen der Kleingruppe eher den Mut, sich einzubringen, und können von den Leistungsstärkeren lernen. Diese wiederum trainieren kognitive, fachliche und didaktische Kompetenzen und setzen sich intensiv mit den Inhalten auseinander, indem sie diese erklären.
Lehrerinnen und Lehrer haben den Vorteil, dass sie sich während der Arbeitsphase auf einzelne Schülerinnen und Schüler konzentrieren und gezielte Unterstützung bieten können. Außerdem ermöglicht das kooperative Lernen eine bessere Beobachtung der Lernprozesse und gibt wertvolle Einblicke in die individuellen Lernstände.
Worauf sollten Lehrkräfte achten?
- Je weniger Erfahrung Schülerinnen und Schüler mit Gruppenarbeit haben, desto mehr Struktur ist notwendig. Bei Schülerinnen und Schülern mit guten sozialen Kompetenzen kann mehr Verantwortung übertragen werden.
- Bilden Sie Gruppen vorab, in denen leistungsstarke und leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler zusammenarbeiten. Auch unterschiedliche Sprachkenntnisse können gleichmäßig auf die Gruppen verteilt werden, um gegenseitige Unterstützung zu ermöglichen.
- Begrenzen Sie die Materialien, um die Zusammenarbeit zu fördern. Jede Gruppe sollte nur ein Arbeitsblatt erhalten oder jedes Gruppenmitglied nur einen Teil der Materialien.
- Geben Sie klare Zeitvorgaben vor und erklären Sie im Voraus, worauf bei der Präsentation besonders Wert gelegt wird.
- Legen Sie Klassenregeln fest, um das selbstständige Arbeiten und Unterhalten der Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen. Loben Sie erwünschtes Verhalten.
Wie sieht kooperativer Unterricht aus?
Ein kooperativer Unterricht besteht in der Regel aus vier Phasen:
- Start: Die Schülerinnen und Schüler notieren ihre ersten Gedanken zur Fragestellung in Einzelarbeit.
- Kooperationsphase: In Partner- oder Gruppenarbeit tauschen sie sich über ihre Erkenntnisse und Lösungsansätze aus und diskutieren diese.
- Präsentation: Die Gruppe präsentiert ihre Ergebnisse und diskutiert im Plenum die gewonnenen Erkenntnisse und weiterführende Überlegungen.
- Schluss: Die Schülerinnen und Schüler reflektieren die Unterrichtseinheit und es kann eine Vertiefung des Themas erfolgen.
Welche Methodenbausteine gibt es?
Um den Schülerinnen und Schülern Abwechslung beim Bearbeiten der Aufgaben zu bieten, können Lehrkräfte verschiedene Methodenbausteine für die Partner- bzw. Gruppenarbeit anwenden.
Methode 1: Think – pair – share
Die Schülerinnen und Schüler denken zunächst alleine über den Arbeitsauftrag nach. Anschließend gehen sie eine Partnerschaft ein und erklären sich gegenseitig ihre Lösung. Am Ende wird das gemeinsame Ergebnis präsentiert.
Diese Methode hilft dabei, Vorwissen zu aktivieren und zu stärken. Sie fördert nicht nur die Festigung von Informationen, sondern auch das selbstorganisierte Lernen.
Methode 2: Write – pair – share
Hierbei wird der Gedankenprozess verschriftlicht. Danach tauschen sich die Lernenden paarweise aus und strukturieren ihre Argumente basierend auf ihren Aufzeichnungen. Jeder kann sich beteiligen, da alle vorab Ideen aufgeschrieben haben.
Methode 3: Paare und Vierecke
Zwei Schülerinnen oder Schüler arbeiten als festes Team an einer Aufgabe. Wenn Diskussionen oder Brainstorming erwünscht ist, werden die Teammitglieder einem anderen Zweierpaar zugeordnet. Dadurch wird die Bindung innerhalb des Projektpartnerschafts gestärkt und sie lernen, differenziertes Feedback zu geben.
Methode 4: Give one, get one
Alle Schülerinnen und Schüler lesen vorab Texte mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Sie notieren die Kerninformationen, die sie weitergeben möchten. Anschließend bewegen sie sich im Raum und geben ihre Informationen an die nächstgelegene Person weiter. Dabei erhalten sie eine neue Information von dieser Person.
Methode 5: Placemat-/Table-Set-Methode
Die Schülerinnen und Schüler werden in Vierergruppen eingeteilt und haben ein großes Papier mit fünf Feldern zur Verfügung. Jede Schülerin und jeder Schüler arbeitet still an ihrem bzw. seinem Feld. Anschließend wird das Blatt weitergegeben, sodass jede Schülerin und jeder Schüler die Notizen der anderen liest. Die Gruppe einigt sich am Ende auf die wichtigsten Fakten und trägt diese in die Mitte des Blattes.
Methode 6: Lerntempoduett
Die Schülerinnen und Schüler werden nach ihrem Arbeitstempo zusammengeordnet. Dadurch können sie ohne Versagensangst an der Gruppenarbeit teilnehmen. Es gibt Phasen der Einzelarbeit und des Expertenaustauschs.
Online kooperativ arbeiten
Dank Cloud-Anbietern gibt es viele Möglichkeiten, auch online zusammenzuarbeiten. Lehrerinnen und Lehrer sollten jedoch im Voraus klären, welche Programme an ihrer Schule zugelassen sind.
Beispiele für kooperatives Online-Lernen:
- Ein Blog: Hier können Inhalte mit Links, Fotos, Videos, Audioaufnahmen und Texten geteilt werden.
- Ein Wiki: Die Schülerinnen und Schüler können im Browser gemeinsam an einem Eintrag arbeiten und ihre Änderungen festhalten.
- Ein Etherpad: Schülerinnen und Schüler können gleichzeitig an einem Textdokument arbeiten und Änderungen farblich markieren.
- Ein Fotoalbum: Gemeinsame Fotoarchive können erstellt und geteilt werden.
- Ein Video-Tutorial: Gemeinsame Diskussionen und Erklärungen zu einem Thema können per Videoaufzeichnung dokumentiert werden.
- Ein Podcast: Schülerinnen und Schüler können per Audioaufnahme ihre Gedanken und Erklärungen zu einem Thema teilen.
- Eine Mindmap: Informationen können übersichtlich angeordnet und miteinander verknüpft werden.
- Eine Abstimmung: Um Termine zu finden oder über ein Thema abzustimmen, können Umfragen erstellt werden.
- Recherche mit Suchmaschinen: Schülerinnen und Schüler können Suchmaschinen nutzen, um kostenfreie und uneingeschränkt nutzbare Inhalte zu finden.
Entdecken Sie die Möglichkeiten des kooperativen Lernens und nutzen Sie diese Methode, um den Unterricht abwechslungsreich und differenziert zu gestalten.