Bevor das Mountainbike die Radsport-Bühne in den Achtziger Jahren erstürmte, hatte sich kaum jemand wirklich Gedanken um die Laufradgröße am Fahrrad gemacht. Denn bis auf Kinderräder rollte praktisch jedes Zweirad mit Kurbelantrieb auf 28-Zoll-Rädern über die Straßen. Und das gilt für einen großen Teil der Fahrräder bis heute: Trekkingbikes, Tourenräder, Citybikes, Rennräder und Gravelbikes. Auch wenn es innerhalb dieser Kategorien mittlerweile Ausnahmen gibt.
Das Mountainbike setzte neue Impulse
Mit dem Mountainbike etablierte sich nicht nur eine komplett neue Radsport-Variante in der Szene. Das MTB setzte mit seinen deutlich kleineren 26-Zoll-Rädern auch für viele Jahre einen neuen Standard bei der Laufrad-Technik. Der Grund: Im Gelände waren stabilere Konstruktionen gefragt. Außerdem sollten die kompakteren Laufräder den bulligen Bikes ein agileres Fahrverhalten verleihen. Doch die Ära 26-Zoll ist seit einigen Jahren vorbei!
Man hat mittlerweile erkannt, dass Laufräder mit einem größeren Durchmesser generell besser über kleine und große Hindernisse rollen. Außerdem ermöglichen moderne und leichte Materialien im Laufradbau, die Nachteile in Bezug auf Gewicht und Steifigkeit wettzumachen. Deshalb dominieren heute die Durchmesser 27,5- und 29-Zoll am Mountainbike.
27,5 vs. 29 Zoll – Was ist die beste Wahl für mich?
Wichtig zu wissen: Beide Durchmesser rollen besser im Gelände als die alten (kleinen) 26-Zöller. Denn physikalisch bedingt bleibt ein großes Rad nicht so leicht an Kanten und Hindernissen hängen. Du kennst das sicher, wenn dein Vorderrad bei geringem Tempo beispielsweise an einer Wurzel „stehen“ bleibt. Die Lösung: Je größer das Laufrad ist, desto leichter hebelt es sich quasi über die Schwelle hinweg. Außerdem erhöht sich mit dem Durchmesser eines Rades auch die Aufstandsfläche des Reifens. Und damit die Traktion des Bikes. Ein weiterer Vorteil im Gelände.
29 Zoll steht für höchsten Rollkomfort
Bei Hardtail MTBs ist der Wechsel zu 29 Zoll bis heute fast ausnahmslos vollzogen worden. Und selbst Fullys mit 150 Millimeter und mehr Federweg werden zunehmend mit 29-Zoll-Fahrwerken entwickelt. Moderne Geometrien und ausgeklügelte Technik beim Laufradbau machen es möglich, dass sich die großen Räder genauso wendig und agil fahren wie einst ein 26-Zöller. Gut zu wissen: Der Felgendurchmesser von 29-Zoll MTB Laufrädern entspricht mit 622 Millimetern exakt dem von 28-Zoll Trekking/Gravel/Rennrad Laufrädern. Unterschied sind jedoch die deutlich größeren Volumina der 29er Reifen – was sich entscheidend auf den Gesamt-Außendurchmesser der Räder auswirkt.
Welche Vorteile hat 27,5 Zoll?
Besonders bei kleinen Rahmengrößen (S oder XS) stößt 29 Zoll an seine Grenzen. Der Radstand gerät dann im Verhältnis zur Rahmengröße sehr lang. Geometrie und Lenkverhalten werden träge. Deshalb machen hier 27,5-Zoll-Laufräder mehr Sinn. Hersteller wie CUBE bieten beispielsweise aus diesem Grund bei manchen Modellreihen eine „Split-Size“-Option an: Die kleinen Rahmengrößen rollen auf 27,5-Zoll und die großen auf 29-Zoll-Laufrädern. Somit genießen Fahrer und Fahrerinnen jeder Körpergröße die optimalen Fahreigenschaften. Auf der anderen Seite der Extreme findet man 27,5-Zoll-Laufräder häufig an Bikes mit langen Federwegen, meist ab 140 bis 150 Millimetern. Viele Freerider und Enduro-Piloten legen Wert auf maximale Stabilität und schwören deshalb auf die etwas kompakteren Räder.
27,5 vs. 29 Zoll – Die Unterschiede im Überblick
Sonderfälle: 27,5 Plus und Mixed-Wheels
Vereinzelt sieht man Bikes mit der Laufradgröße 27,5 Zoll+ (Plus). Dabei handelt es sich um Felgen mit dem normalen 27,5-Zoll-Maß, die jedoch mit besonders großvolumigen Reifen ausgestattet sind. Solche Laufräder passen jedoch nur an Bikes mit entsprechend breiten Hinterbauten und Federgabeln (Durchlass/Reifenfreiheit). Ein weiterer Trend, der sich abzeichnet, sind Bikes mit sogenannten „Mixed-Wheelsets“. Hier werden die beiden Laufradgrößen 29 Zoll (Vorderrad) und 27,5 Zoll (Hinterrad) kombiniert. Der Grund: Vorne so groß wie möglich für ein optimales Überrollverhalten, hinten etwas kompakter für beste Kraftübertragung und Beschleunigung.
Laufräder für Gravelbikes
Die angesagten Gravelbikes entwickelten sich über die Variante Cyclocross ursprünglich aus dem Rennradsport heraus. Es handelt sich also im Prinzip um geländegängige Rennräder, in der Regel ausgestattet mit ebensolchen 28-Zoll-Laufrädern. Die Offroad-Tauglichkeit definiert sich beim Gravelbike hauptsächlich über das Volumen der Reifen (Reifenbreite). Das wiederum hängt davon ab, wie groß der Durchlass an Hinterbau und Gabel ist (Reifenfreiheit). Das Maximum liegt hier meist zwischen 30 und 40 Millimeter.
Gravelbikes der neuesten Generation bieten teilweise die Möglichkeit, neben 28-Zoll-Standardrädern wahlweise 27,5-Zoll-Laufräder (650B) einzusetzen, die dann mit 40 oder 50 Millimeter breiten Reifen gefahren werden können. Damit wildern diese Gravelmodelle fast schon im Revier von Cross-Country-Mountainbikes. Kernige Schotterwege und sogar Flowtrails sind damit definitiv kein Problem.
Laufräder für Trekking- und Citybikes
Die meisten Bikes dieser Gattungen rollen auf „normalen“ 28-Zoll-Laufrädern. Ein guter Kompromiss für den Einsatz auf Asphalt sowie im leichten Gelände. Entscheidend für den Komfort ist hier vor allem die Wahl des richtigen Reifens. Wie bei den Gravelbikes findet man auch unter den Trekking- und Tourenbikes einzelne Modelle, die mit 27,5-Zoll-Laufrädern in Richtung besserer Geländetauglichkeit getrimmt sind. Sie bieten mehr Reifenfreiheit und damit höheren Komfort. Perfekt als robustes Reiserad mit Gepäckzuladung.
Laufräder für Rennräder
Im Straßenrennsport spielen 28-Zoll-Laufräder ihre Stärken aus, egal ob Leichtbau-, Aero- oder andere Varianten. Ihr großer Durchmesser von 622 Millimeter sorgt für Laufruhe und Tempo. Hauptmerkmal von Rennrad-Laufrädern sind erwartungsgemäß ihre relativ schmalen Felgen. Diese enge Maulweite und auch die schmalen Durchlass-Spalten an Hinterbau und Gabel bedingen, dass es bei der Reifenbreite ein Limit von etwa 30 Millimetern gibt.