Bild: “Supplier at Work” von Sascha Kohlmann. Lizenz: CC BY 2.0
Kennt ihr schon die Leistungsverweigerungsrechte nach § 273 und § 320 BGB? Diese Rechte ermöglichen es dem Schuldner, die geschuldete Leistung zu verweigern, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. In diesem Artikel erfahrt ihr, was es mit diesen Rechten auf sich hat und worin sie sich unterscheiden.
Das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB
Gemäß § 273 BGB hat der Schuldner das Recht, die geschuldete Leistung zurückzuhalten, wenn er seinerseits einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger hat. Dieses Zurückbehaltungsrecht basiert auf dem Grundsatz von Treu und Glauben und kommt insbesondere dann infrage, wenn eine Aufrechnung nicht möglich ist.
Für eine erfolgreiche Geltendmachung dieses Rechts müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Gegenseitigkeit
Es muss ein Gegenseitigkeitsverhältnis vorliegen, d.h. beide Parteien müssen Ansprüche gegeneinander haben, unabhängig davon, ob sie sich aus einem Gesetz oder einem Vertrag ergeben.
Fälligkeit
Der Anspruch, den der Schuldner gegen den Gläubiger hat, muss fällig und einredefrei sein. Es ist sogar möglich, das Zurückbehaltungsrecht noch nach Verjährung geltend zu machen, wenn es zum Zeitpunkt der ersten möglichen Geltendmachung noch nicht verjährt war.
Konnexität
Die Ansprüche müssen auf demselben rechtlichen Verhältnis beruhen. Es reicht aus, dass ein einheitliches Lebensverhältnis besteht und ein natürlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. Die Konnexität ist gegeben, wenn dem Schuldner, der die Herausgabe schuldet, ein Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegenstand oder eines durch diesen verursachten Schadens zusteht. Eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung schließt die Konnexität aus.
Kein Ausschluss
Das Zurückbehaltungsrecht kann sowohl vertraglich als auch gesetzlich ausgeschlossen sein. Zum Beispiel besteht kein Zurückbehaltungsrecht gegen den Anspruch auf Herausgabe einer Vollmachtsurkunde gemäß § 175 BGB. Der Ausschluss kann auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, wenn der Schuldner bereits ausreichend gesichert ist. Außerdem kann das Zurückbehaltungsrecht durch Sicherheitsleistung abgewendet werden.
Rechtsfolgen
Das Zurückbehaltungsrecht muss vom Schuldner geltend gemacht werden und führt zu einer Verurteilung auf Leistung Zug um Zug gemäß § 274 Abs. 1 BGB.
Die Einrede des nicht erfüllten Vertrages gem. § 320 BGB
Die Einrede des nicht erfüllten Vertrages nach §§ 320 ff. BGB ist eine Sonderform des Zurückbehaltungsrechts und sollte daher vorrangig geprüft werden. Der entscheidende Unterschied zu § 273 BGB besteht darin, dass der Schuldner gemäß § 320 Abs. 1 S. 3 BGB die Geltendmachung der Einrede nicht durch Sicherheitsleistung abwenden kann.
Für die Wirksamkeit der Einrede aus § 320 BGB sind folgende Voraussetzungen zu prüfen:
Gegenseitiger Vertrag (Synallagma)
Es muss ein gegenseitiges Vertragsverhältnis bestehen, bei dem Forderung und Gegenforderung synallagmatisch miteinander verknüpft sind. Liegt kein solches Verhältnis vor, ist § 273 BGB anwendbar.
Durchsetzbarkeit der Gegenforderung
Die Gegenforderung muss fällig und einredefrei sein. Auch hier gilt die Ausnahmeregelung des § 215 BGB.
Kein Ausschluss
Die Einrede des nicht erfüllten Vertrages nach § 320 BGB darf nicht ausgeschlossen sein. Bei Vorleistungspflichten des Schuldners oder vertraglichen Vereinbarungen ist die Einrede ausgeschlossen. Eine Unsicherheitseinrede kann in Fällen mangelnder Leistungsfähigkeit des anderen in Betracht gezogen werden.
Rechtsfolgen
Die Einrede des nicht erfüllten Vertrages schließt den Schuldnerverzug automatisch aus und führt zur Verurteilung zur Leistung Zug um Zug gemäß § 322 BGB.
Nun wisst ihr Bescheid über die Leistungsverweigerungsrechte nach § 273 und § 320 BGB. Beachtet jedoch, dass dies kein umfassender rechtlicher Rat ist. Im Zweifelsfall solltet ihr euch an einen Experten wenden.