Liebieghaus Frankfurt: Alabaster – Eine Diva in der Kunstwelt

Liebieghaus Frankfurt: Alabaster – Eine Diva in der Kunstwelt

Im Frankfurter Liebieghaus wurde der Rimini-Altar über vier Jahre lang aufwendig restauriert. Die Ergebnisse dieser Restaurierung sind spektakulär und faszinierend.

Ein Besuch im Liebieghaus

Man könnte meinen, dass man direkt zum auffälligen Licht im hinteren Teil des Frankfurter Liebieghauses geht, um den frisch restaurierten Rimini-Altar zu bewundern. Das ist zwar eine herrliche Sicht, aber nur die halbe Wahrheit. Es ist unbedingt notwendig, nachdem man die atemberaubende Schnitzarbeit aus leuchtendem Alabaster bewundert hat, zurückzugehen. Ja, es erfordert etwas Mühe, die vielen Schrifttafeln an den Wänden zu lesen, aber es lohnt sich. Denn das Wunder, das nach vier Jahren Restaurierung hier zu sehen ist, kann man nur ansatzweise ermessen. Hier folgt eine Kurzfassung über das Ergebnis der Restaurierung.

Der Rimini-Altar

Der Rimini-Altar, bestehend aus zwölf Apostelstatuen und einer detailreichen Kreuzigungsdarstellung, wurde im Jahr 1913 aus dem römischen Kunsthandel ins Liebieghaus gebracht. Es handelt sich um ein einzigartiges Werk aus dem Spätmittelalter, das komplett aus weißem Alabaster gefertigt ist. Der damalige Museumsdirektor Georg Swarzenski war sich bewusst, dass es sich bei diesem Werk nicht um ein italienisches handelt, obwohl das Material aus Deutschland stammt. Heute weiß man, dass der Künstler aus den Niederlanden kam. Im Rahmen der Restaurierungsarbeit der letzten vier Jahre wurde das Werk nicht nur gereinigt, sondern auch umfangreich erforscht.

Alabaster – Eine Diva unter den Materialien

Alabaster ist ein äußerst kompliziertes Material für Restauratoren. Der Restaurator Harald Theiss beschreibt es treffend als “eine Diva”. Für Bildhauer ist Alabaster wunderbar, da es wie Marmor aussieht und dennoch so weich ist, dass es mit feinen Holzwerkzeugen filigran bearbeitet werden kann. Es ist möglich, filigrane Durchbrüche zu schneiden oder zu schaben. Allerdings ist Alabaster auch empfindlich und bricht leicht. Im Gegensatz zu Marmor besteht Alabaster aus wasserhaltigem, kristallinem Calciumsulfat (einer speziellen Gipsform) und ist daher wasserlöslich, drucksensitiv und hitzeempfindlich. Dies stellt Restauratoren vor große Herausforderungen. Alabaster kann nicht mit Wasserdampf gereinigt werden und selbst ein einfaches Wattestäbchen kann Abriebspuren hinterlassen.

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Die aufwendige Restaurierung

Die Figuren des Rimini-Altars wiesen bereits zahlreiche Schäden aufgrund vorheriger unsachgemäßer Restaurierungen auf. Sensibles Kleben, unsachgemäße Bürstung mit Ammoniak im Wasserbad und sogar eine sinnlose Verlängerung des Kreuzes sind nur einige Beispiele dafür. Im Laufe der Zeit bildete sich erneut eine dicke Schmutzkruste aufgrund des intensiven Gebrauchs von Kerzen und Weihrauch in der Wallfahrtskirche Santa Maria delle Grazie in Rimini-Covignano. In den 1960er Jahren wurde diese Kruste entfernt, jedoch oberflächlich, was zu einem schmutzigen Erscheinungsbild führte. Heutzutage geht man bei der Reinigung natürlich anders vor.

Die Restaurierung des Rimini-Altars wurde durch ein Forschungsprojekt französischer Kollegen unterstützt. Mittels Isotopenmessung konnte der Herkunftsort des Alabasters im mittelfränkischen Steigerwald genau bestimmt werden. Die Frankfurter Archäologen experimentierten ausführlich mit Alabaster vor Ort. Die Qualität des Alabasters variiert, da er in knollenartigen Formationen von maximal 60 Zentimetern Größe vorkommt. Wichtige Fragen wurden geklärt, wie zum Beispiel, wie man den Klebstoff und den als Kitt verwendeten Gips entfernen kann. Dieser Prozess war äußerst mühsam und erforderte Lösungsmitteldampf und ein Mikroskop, Millimeter für Millimeter. Anschließend entschied man sich für eine schonende Oberflächenreinigung mit Laserstrahlen, bei der weder Druck noch Feuchtigkeit oder Chemikalien verwendet wurden. Dennoch musste aufgrund der minimalen Hitzeentwicklung intensiv experimentiert werden. Der grobe Schmutz wurde entfernt, aber es blieb ein Gelbschleier, der sanft mit Gel-Kompressen aus Agar-Agar entfernt wurde. Um zu verhindern, dass das Wasser im Gel Mineralien aus dem Stein aufnimmt, wurde es zuvor mit Gips gesättigt. Dieses neue Verfahren ermöglicht auch die schonende Reinigung von Modellgips.

Das Ergebnis der Restaurierung

Der Rimini-Altar erstrahlt jetzt nicht im alten Glanz, wie der Restaurator betont. Es ist wichtig zu verstehen, dass dies keine abgedroschene Wendung ist, sondern der Tatsache geschuldet ist. Die Figuren weisen immer noch leichte Verschmutzungen auf. Nach der Reinigung wurde das Werk wieder zusammengefügt und montiert. Wie genau die Originaloberfläche aussah, kann heute nur spekuliert werden. Gab es eine polierte Oberfläche? Möglicherweise. War sie teilweise farbig bemalt? Vermutlich. Es gibt wenige, nicht eindeutig datierbare Farbreste. Im Liebieghaus gibt es jedoch hypothetische Rekonstruktionen, die einen Eindruck von der einstigen Wirkung vermitteln. Nach all diesen Informationen kann man endlich zum Altar zurückkehren. Es ist zu beachten, dass der Begriff “Altar” ein wenig irreführend ist, da das ursprüngliche Altargehäuse nicht mehr existiert. Stattdessen wurde ein stilisiertes schwarzes Display angefertigt, das sich an zeitgenössischen niederländischen Altären orientiert und eine Vorstellung davon vermittelt, wie das Original ausgesehen haben könnte.

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Es ist ein bewegender und gleichzeitig trauriger Anblick. Was wir hier sehen, ist die bestmögliche Version eines Werkes, das vor langer Zeit beschädigt wurde.

Die Ausstellung im Liebieghaus Skulpturensammlung, Frankfurt, ist noch bis zum 24. April 2022 zu sehen. Weitere Informationen finden Sie unter www.liebieghaus.de.

Mariengruppe, verschiedene Zustände während der Restaurierung. © Liebieghaus