Schon wieder… Sie können nicht weiterarbeiten, weil Ihr Lieferant nicht in die Gänge kommt oder Ihr Dienstleister den Termin vertrödelt hat. Das ist mehr als ärgerlich und verursacht oft erheblichen Schaden. Im Mittelstand sind meine Eindrücke sehr unterschiedlich: Einige haben erkannt, wie wichtig es ist, Lieferanten und Dienstleister zu bewerten. Sie haben bereits viel Arbeit in ein Bewertungssystem gesteckt und betreiben sogar Lieferantenentwicklung.
Andere Unternehmen tun sich schwer und ruhen sich ein wenig auf dem Gedanken aus, dass sie nur mit Dienstleistern zusammenarbeiten und deshalb deren Leistung nicht bewerten können.
Das ist ein Irrtum! Sie können Ihre Dienstleister und Lieferanten bewerten. Nur in wenigen Fällen bestehen Abhängigkeiten, die Sie nicht beeinflussen können.
“Können wir Lieferanten ausschließen?”
Vor einigen Jahren hatte ich zu Beginn meiner Zusammenarbeit mit einem Kunden ein Erlebnis, das für Dienstleistungsunternehmen sehr typisch ist. Man dachte, man produziere selbst nichts und kaufe deshalb auch nichts ein. Daher wollte man die Anforderungen zur Beschaffung ausschließen. Aber wozu gab es dann einen Einkäufer und Bestimmungen zu Budgets für Einkäufe? Heute hat das Unternehmen einen Fragebogen zur Lieferantenselbstauskunft und führt eine kontinuierliche Bewertung durch. Denn es gibt sie doch, sie heißen nur anders: Vertragspartner, Lizenzgeber, Provider, Dienst, Versorger usw.
Ich habe noch nie eine Situation erlebt, in der ein Unternehmen die Anforderung der ISO 9001 zur Bewertung von Lieferanten hätte ausschließen können. Lediglich der Aufwand unterscheidet sich je nach Geschäftsgegenstand. Falls Sie zu den Unternehmen gehören, die das Kapitel 8.4 ausschließen können, bin ich sehr neugierig.
Bewerten Sie die Fähigkeit von Lieferanten
Sie legen den Maßstab fest! Dabei reicht der Preisvergleich allerdings nicht aus. Die ISO 9001:2015 formuliert eindeutig die Anforderung, die Fähigkeit des externen Anbieters (Lieferant oder Dienstleister) zu bewerten. Billiger oder teurer zu sein als jemand anders, ist keine besondere Fähigkeit.
Das kaufmännische Vorgehen sieht vor, bei einer Anschaffung zunächst drei bis fünf Angebote einzuholen und sich dann für einen Anbieter zu entscheiden. Dagegen ist nichts einzuwenden. Aber wurden Sie schon einmal “über den Tisch gezogen”? Oder haben Sie am Ende gedacht: “Naja, so hatte ich mir das nicht vorgestellt”?
Legen Sie Ihre Messlatte fest
Der Preis ist wichtig, keine Frage. Aber er ist nicht alles. Versuchen Sie, die Frage nach dem Preis mal etwas anders zu stellen: Welche Kosten verursacht der Lieferant oder Dienstleister?
- Aufwand für Wareneingangskontrollen
- Zeitverlust und Kosten durch fehlerhafte Lieferungen
- Entsorgungskosten
- Nacharbeit
- Ausschuss in der Produktion, verursacht durch Teile des Lieferanten
- grenzwertige Leistungen Ihres Dienstleisters (unpünktlich, unhöflich, nachlässig usw.)
Jedes Mal, wenn Sie die Kartoffeln wieder aus dem Feuer holen, entstehen Ihnen Kosten. Wenn etwas schief läuft, was nicht hätte passieren dürfen, steht die Schuldfrage im Raum und es kostet Zeit und Nerven. Es wäre besser, wenn Sie Ihre Messlatte festlegen und Vorgaben machen.
Gegenüber Ihren Kunden sind Sie bereit, hohe Ansprüche zu erfüllen. Geben Sie diese Ansprüche auch an Ihren Anbieter weiter. Wenn er ISO 9001-zertifiziert ist, sollte ebenfalls Kundenorientierung zu erwarten sein. Viele Anbieter sind bereits auf einem hohen Niveau, weil sie die Anforderungen ihrer Kunden kennen und deren Kriterien schon längst zum Standard gemacht haben. Das erleichtert Ihre Arbeit.
Eine endlose Spirale
Möglicherweise macht Ihnen der gesamte Themenkomplex Bauchschmerzen, wenn Sie hohe Ansprüche erfüllen müssen und diese an Ihren Anbieter weitergeben möchten. Wenn Ihr Anbieter jedoch so dominant im Markt ist oder sogar ein Monopolist ist, dass Ihre Kriterien für ihn nicht relevant sind, wird es schwierig. Ihnen fehlen die Alternativen und somit der Verhandlungsspielraum. Diese Abhängigkeit kann für Sie sehr nachteilig sein und sollte als Risiko erkannt werden.
Die ISO 9001 versteckt dieses Dilemma im Wörtchen “Angemessenheit”. Die Anforderungen an einen externen Anbieter sollen angemessen sein. Der Begriff ist dehnbar.
Das Lieferantenmanagement gehört meiner Meinung nach zu den anspruchsvollsten Bereichen im Qualitätsmanagement. Von “leichten” Anforderungen war nie die Rede…
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