Unvorstellbar, aber wahr: Anfang 2020 wurde in den USA ein Filmmogul wegen “raubtierhafter sexueller Übergriffe” angeklagt. Das englische Wort “Predator” hat keine Entsprechung im deutschen Rechtssystem. Es bezeichnet besonders heimtückische und abscheuliche Formen sexueller Gewalt.
Die Vorstellung, dass Tiere gewalttätig, heimtückisch und verräterisch sind, hat sich tief in unsere Vorstellungen eingeprägt. Sie gelten als falsch wie Schlangen, triebhaft wie Esel, böse wie Hunde, gefräßig wie Motten und schmutzig wie Schweine. Ähnliche Assoziationen finden sich bereits in der Bibel, in der Schweine und Hunde als unrein und Skorpione als Geißeln der Menschheit gelten.
Allerdings übertrifft nur eine Art alle anderen in Tücke und Gewalt: der Mensch. Er nutzt Tiere zur Produktion von billigem Fleisch, verdrängt Tierarten und rottet sie aus. Riesige Monokulturen, Massentierhaltung und industrielle Schlachtung gehören zu den abscheulichen Seiten des Umgangs mit Tier- und Pflanzenwelt. Ist das alles unausweichlich? Der Mensch muss sich schließlich ernähren, heißt es entschuldigend. Die Bibel hat dem Menschen sogar den Auftrag gegeben, sich die Welt und ihre Tiere untertan und nutzbar zu machen.
Aber was in der Bibel steht, kann auch anders interpretiert werden. Tier und Mensch sind nicht nur aus Sicht der Evolution verwandt, sondern gehen auch nach biblischer Vorstellung auf denselben göttlichen Schöpfungsplan zurück. Eines Tages werden sie wieder Teil desselben messianischen Reiches sein, wie es in der Bibel verheißen wird: ein friedliches Miteinander. Die ursprüngliche Harmonie zwischen den Tieren und zwischen Tier und Mensch wird im messianischen Reich wiederhergestellt. Sarkastisch formuliert könnte man sagen: In diesem zukünftigen Friedensreich geht es eher zu wie auf einem Gnadenhof als wie in einer norddeutschen Schlachtfabrik.
Löwe und Bär werden Vegetarier
Im Buch des Propheten Jesaja (11,6-9) wird der messianische Tierfrieden beschrieben: “Der Wolf wird beim Lamm wohnen und der Panther beim Böcklein lagern. Das Kalb und der Löwe werden zusammen grasen, und ein kleiner Junge wird sie leiten. Die Kuh und die Bärin werden zusammen weiden, ihre Jungen werden beieinanderliegen, und der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind. Ein Säugling wird am Loch der Otter spielen, und ein kleines Kind wird seine Hand zur Höhle der Schlange strecken. Auf meinem heiligen Berg wird niemand Böses tun oder Schaden anrichten…”
Natürlich läuft nicht alles in der Bibel naturwissenschaftlich korrekt ab. Der Hase ist kein Wiederkäuer, obwohl das Buch Levitikus 11,6 das behauptet, wahrscheinlich weil er ständig seinen Kiefer bewegt. Rebhühner brüten normalerweise nicht die Eier anderer Vögel aus, wie es in Jeremia 17,11 nahegelegt wird. Aber abgesehen von der Vorstellung, dass Löwe und Bär Vegetarier werden, ist die biblische Vision einer friedlichen Welt ohne Bosheit und gegenseitige Vernichtung faszinierend.
Kein Nischenthema für Träumer
Ja, die Bibel sagt, dass der Mensch sich die Tiere untertan machen soll. Aber dabei sollte er sich ihnen gegenüber wie ein Hirt gegenüber seiner Herde verhalten: fürsorglich und bewahrend. Gott hat die Tiere erschaffen, damit der Mensch nicht allein ist, wie im Buch Genesis 2,18 beschrieben wird. Das Gebot der Ruhe am Sabbat gilt für den ganzen Haushalt, einschließlich der Tiere (Exodus 20,10). Tiere sind also keine gewöhnlichen Gegenstände, auch wenn das deutsche Strafrecht sie beim Diebstahl oder Beschädigung noch immer als solche behandelt, im Gegensatz zum Bürgerlichen Gesetzbuch.
Konsequenter Tierschutz ist kein Thema für Träumer. Es ist ein Gradmesser dafür, wie wir Menschen uns selbst und anderen gegenüber verhalten. Gott hat die Tiere nicht der Willkür der Menschen überlassen, sondern in ihre Obhut gegeben. Was die Bibel als anfängliche Harmonie der Schöpfung beschreibt, wird am Ende der Zeit wiederhergestellt werden. Das ist nicht nur ein schöner Traum, sondern auch ein religiöses Leitbild, dem Menschen hoffen und danach streben sollten.