Was sind Märchen? Was bedeuten die Begriffe Volks- bzw. Kunstmärchen? Worin unterscheiden sich Märchen von Sagen, Legenden oder Fabeln? Wer sind die bekanntesten Geschichtenerzähler? Diese und weitere Fragen möchten wir in diesem Beitrag beantworten.
Märchen
Was sind Märchen?
Märchen sind erfundene phantasievolle Geschichten mit meistens erfreulichem und wundersamem Inhalt. Obwohl Drachen, Feen und Hexen in den Märchen eine tragende Rolle spielen und somit auch manchmal durchaus Verblüffendes und Erschreckendes erzählen, haben sie aber doch immer ein freundliches Ende. Ein Happy End, sozusagen.
Im Märchen können Tiere sprechen, oft sogar auch irgendwelche Gegenstände. Es wird darin gezaubert, verhext und Hokuspokus getrieben.
Zu unterscheiden sind Volksmärchen und so genannte Kunstmärchen.
Bei den Volksmärchen sind die Verfasser unbekannt. Sie wurden mündlich weitererzählt, allerdings irgendwann von irgendjemandem aufgeschrieben. Sonst würden wir sie heute nicht kennen. Die, die wir kennen, stammen zum größten Teil aus der 1812 unter dem Titel “Kinder- und Hausmärchen” veröffentlichten Volksmärchensammlung der Gebrüder Grimm (Jacob: 1785-1863; Wilhelm: 1786-1859).
Kunstmärchen werden Kunstmärchen genannt, weil der Verfasser, der die Geschichten frei erfunden hat, namentlich bekannt ist. Um hier nur eine schmale Auswahl dieser Autoren und deren Geschichten anzuführen:
Sagen
Was sind Sagen?
Sage ist der Sammelbegriff mündlich überlieferter Geschichten, die wie das Märchen von unvorstellbaren und oft nicht zu glaubenden Begebenheiten handeln, sich letztlich aber auf einen historischen Ort (Worms, in der Nibelungensage; Hameln, Der Rattenfänger von Hameln), eine Person (Artus, in der Artussage, Robin Hood, Richard Löwenherz, El Cid, Rübezahl, Til Eulenspiegel, Loreley, Schimmelreiter) oder auch auf eine geschichtliche Epoche (Mittelalter: Das Rolandslied, Dietrich von Bern) beziehen.
Grundsätzlich schließen Sagen – beispielsweise Götter-, Helden- und Volkssagen – nicht immer günstig für die Protagonisten. Oft geschehen bösartige und niederträchtige Machenschaften, die ein schlimmes und unabwendbares Ende zur Folge haben. Der Wahrheitsgehalt der Sagen kann durchaus einem tatsächlich stattgefundenen Ereignis nachempfunden sein, lässt sich aber nicht mit aller Bestimmtheit nachweisen, da die Geschichten in der nicht mehr überprüfbaren Vergangenheit angelegt sind.
Legenden
Was sind Legenden?
Legenden sind Erzählungen über das Leben und Wirken bestimmter Personen mit realem Hintergrund. Hauptsächlich Darstellungen Heiliger, Märtyrer oder Apostel, also gottesfürchtiger Menschen, mit deren Handeln zustande gebrachte Wunder in Verbindung gebracht werden. Obwohl Legenden einer verqueren, d.h. einer geschönten bzw. phantasievoll ausgeschmückten Wirklichkeitswahrnehmung unterliegen, haben der Ort der Handlung, die Zeit und die handelnden Personen inhaltlich dennoch – den Sagen ähnlich – einen realen historischen Bezug. Nachstehend eine knappe und nicht repräsentative Auswahl:
Fabeln
Was sind Fabeln?
Eine Fabel ist eine knappe, meistens mit einem Augenzwinkern zu betrachtende Erzählung in Prosa oder Versform mit moralischem Anspruch. Anders ausgedrückt, die in Fabeln handelnden Figuren, das sind in aller Regel sprechende Tiere, verweisen gleichnishaft auf menschliche Marotten, Allüren oder Macken. Mehrheitlich zeigen die Stories im Kleinformat – sozusagen auf witzig-satirische Art, aber doch mit erhobenem Zeigefinger – auf die Schwachstellen menschlichen Miteinanders. Zum Beispiel in der Anekdote vom
Raben und vom Fuchs
Ein Rabe hat ein Stück Käse ergattert, sitzt nun auf einem Ast und will seinen Fund genüsslich verzehren. Zur gleichen Zeit streunt der Fuchs um den Baum herum, hat Hunger und überlegt, wie er an den Käse kommen kann. Listig, wie Füchse nun einmal sind – zumindest in Fabeln – beginnt er, den Raben überschwänglich wegen dessen Sangeskünsten zu loben. Und richtig, der eingebildete Vogel ist darüber derart gebauchpinselt, dass er sich nicht zweimal bitten lassen will. Er beginnt zu krächzen, verliert dabei natürlich den Käse aus dem Schnabel – was den schlauen Fuchs begeistert. Mir nichts, dir nichts verputzt der ausgefuchste Fuchs genüsslich den ihm auf leichte Art zugefallenen Käse. Dem Raben dagegen bleibt lediglich so etwas wie dreihundert Meter Dummgucken.
Die Moral der Geschichte – Einfältigkeit, Eitelkeit und Hochmut gehen Hand in Hand. Dumm gelaufen …
Übrigens
An der hier nacherzählten Fabel haben zwei der bekanntesten Fabelerzähler gewirkt. Mit unterschiedlichen Interpretationen.
- Einem gewissen Äsop, einem griechischen Dichter der Antike, der vermutlich im 6. Jahrhundert v. Chr. gelebt haben soll, entspricht die o.a. Version.
- In Gotthold Ephraim Lessings (1729-1781) Variante dagegen geht es, statt um Käse, um Fleisch. Das ist vergiftet. Zwar lässt auch bei Lessing der Rabe das Fleisch fallen, aber der Fuchs, der glaubt, einen Vorteil aus seinem Vorgehen erlangt zu haben, frisst das Fleisch und stirbt.
List und Tücke verwandeln sich in den sprichwörtlichen Schuss in den Ofen und enden im so genannten Künstlerpech.
Quellen:
- “Duden – Das große Buch der Allgemeinbildung” (Dudenverlag)
- “Allgemeinbildung XXL” (Matthias Edbauer, Hrsg./Compact Verlag)
- “Wahring Deutsches Wörterbuch” (Bertelsmann Lexikon Verlag)