Rita, eine 65-jährige Mainzerin, ist nicht schüchtern. Nach dem Verlust ihres Ehemanns beschloss sie, sich ins Leben zu stürzen. Doch wie kann man neue Leute kennenlernen? Rita versuchte, auf Spaziergängen Menschen anzusprechen, die ihr begegneten, aber das war nicht wirklich erfolgreich. Corona erschwerte die Situation zusätzlich.
Als digital aufgeschlossene Person verglich Rita das Potential verschiedener sozialer Netzwerke und stieß dabei auf “Meet5”. Ursprünglich als Dating-App für Studierende konzipiert, tummeln sich jetzt vor allem Menschen über 40 auf der Plattform, um neue Kontakte zu knüpfen. Dass sich hier “unheimlich viele Ältere” finden, hat sowohl Rita als auch Lukas Reinhardt, Mitbegründer von “Meet5”, stark beeindruckt. Zusammen mit Kai Burghardt und João Ferreira gründete Reinhardt die App 2017 in Frankfurt unter dem Namen “Go Crush”. Das Ziel war es, eine App zu schaffen, bei der sich Menschen beim ersten richtigen Kontakt persönlich treffen können. Es geht nicht um das Chatten, sondern um das reale Treffen in kleinen Gruppen, um eine lockere Atmosphäre zu schaffen, in der die Partnersuche nicht im Mittelpunkt steht.
Meet5: Aktivitäten für verschiedene Interessen
Die ursprüngliche Zielgruppe, die Studierenden, zeigte jedoch kein Interesse, da sie andere Menschen leichter auf WG-Partys oder in Vorlesungen treffen konnten. Stattdessen meldeten sich immer mehr Menschen über 40 an, für die das Kennenlernen schwieriger wurde. Reinhardt und Burghardt konzentrierten sich daraufhin seit anderthalb Jahren mit dem Marketing gezielt auf diese Altersgruppe. Die Nutzerinnen und Nutzer von Meet5 sind im Durchschnitt 52 Jahre alt und zu 70 Prozent weiblich. Reinhardt glaubt, dass Frauen mutiger sind und eher Neues ausprobieren als Männer.
Meet5 bietet eine breite Palette von Aktivitäten an, darunter Museumsbesuche, Yoga, Radtouren, digitale Spieleabende und kreatives Schreiben. Es gibt sogar spezielle Treffen nur für Männer. Es gibt auch eine italienische Sprachcommunity und Gruppen, die sich mit gemeinschaftlichem Wohnen im Alter beschäftigen.
Partnersuche steht nicht im Vordergrund
Rund 100.000 Menschen haben Meet5 in ganz Deutschland installiert, von denen etwa 15.000 aktiv sind, insbesondere im Rhein-Main-Gebiet. Reinhardt betont, dass sich die App nicht als Dating-App definiert. Dennoch sind rund 80 Prozent der Nutzer Singles. Einige von ihnen nutzen die App jedoch für das Dating. Hier kommt die kostenpflichtige Variante ins Spiel: Die Teilnahme an Gruppentreffen oder das Einladen von Leuten ist kostenlos, aber für das Schreiben von Nachrichten im privaten Chat oder das Anzeigen von Profilbesuchern muss man bezahlen – etwa 100 Euro für sechs Monate. Laut Reinhardt nutzen 95 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer die kostenlose Variante. Die fünf Prozent, die zahlen, finanzieren das Startup.
Auch Rita gehört zu den zahlenden Nutzerinnen. Obwohl sie mittlerweile einen neuen Partner gefunden hat, nimmt sie weiterhin mindestens zweimal pro Woche an Aktivitäten auf Meet5 teil. Sie freut sich darauf, dass sich ihre Online-Spielegruppe bald “in echt” treffen wird.