MG Marvel R Performance: Ein Elektro-SUV mit Komfort und kleinen Schwächen

MG Marvel R Performance: Ein Elektro-SUV mit Komfort und kleinen Schwächen

11. Mai 2023 | Lisa Brack

MG ist längst nicht mehr nur eine britische Marke, sondern wird auf deutschen Straßen immer häufiger von chinesischen Autofahrern entdeckt. Mit viel Ausstattung zu einem vergleichsweise günstigen Preis versucht MG Kunden und Kundinnen anzulocken. Beim Marvel R Performance gelingt das jedoch nur bedingt, denn es gibt einige Schattenseiten. In unserem ausführlichen EFAHRER.com-Test enthüllen wir schonungslos alle Details.

Unser Testfazit: Ein solides E-SUV mit kleinen Mängeln

Der Test des MG Marvel R Performance war ein Wechselbad der Gefühle. Auf der einen Seite beeindruckten uns das schicke Design, der hochwertige Innenraum mit dem großen Display, den edlen Sitzen und dem Panorama-Dach sowie die vielen praktischen Ablageflächen. Außerdem bietet MG eine außergewöhnliche Herstellergarantie von 7 Jahren. Auf der anderen Seite gab es jedoch auch einige Punkte, die uns missfallen haben. Das eigenwillig aufgebaute Infotainmentsystem und einige unverständliche Lücken stießen uns sauer auf. Während der ein oder andere möglicherweise auf ein Head-up-Display und kabelloses Apple CarPlay/Android Auto verzichten kann, ist das Fehlen einer Ladeplanung in der Navigation für ein Elektroauto unverständlich. Auch der Fahrkomfort hat seine Vor- und Nachteile: Das Allradmodell fühlt sich auf Langstrecken am besten an, dank der hervorragenden Geräuschdämmung, der eher weichen Federung und der beeindruckenden Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h. Jedoch vermiest einem der grobe Spurhalteassistent den Fahrspaß – besonders bei Regen. Hinzu kommt ein unverhältnismäßig hoher Verbrauch bereits ab einer Geschwindigkeit von 130 km/h. Leider spricht auch der viel zu kleine Kofferraum gegen längere Fahrten. Selbst ein Kurzurlaub mit einer vierköpfigen Familie könnte zu einer großen Herausforderung werden. Daher fällt unsere Testnote nur befriedigend aus: Der 51.000 Euro teure Marvel R Performance ist kein Superheld, sondern allenfalls ein grundsolides Allrad-E-SUV.

Für wen eignet sich der Marvel R Electric (Performance)?

Als Familienauto hat das E-SUV durchaus seine Berechtigung im Alltag, solange keine längeren Urlaubsfahrten geplant sind. Der kleine Kofferraum, die langsame Schnellladegeschwindigkeit und die geringe Reichweite von kaum mehr als 200 Kilometern auf der Autobahn können den Urlaubsspaß trüben. Für den Alltag hingegen ist der Marvel R nahezu ideal, da er zu einem fairen Preis eine ansprechende Ausstattung und viel Platz bietet. Ein weiterer Vorteil: Es gibt zahlreiche Leasingangebote für den Marvel R ab etwa 500 Euro, die sofort verfügbar sind. Im Gegensatz zu anderen Marken wie VW & Co. müssen Sie hier nicht lange auf eine Lieferung warten.

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Testwerte und Daten des Marvel R Electric Performance: Preis, Reichweite, Höchstgeschwindigkeit, Akku, Lieferzeiten, Ladeleistung

  • Preis: ab 50.990 Euro
  • Länge/Breite/Höhe: 4,67 x 1,91 x 1,61 Meter
  • Leergewicht: 1.920 kg
  • Radstand: 2.804 mm
  • kW: 212 kW
  • Drehmoment: 665 Nm
  • Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h
  • Von 0 auf 100 km/h in 4,9 Sekunden
  • Reichweite WLTP: 370 km
  • Getestete Reichweite: 350 km Stadt, 325 km Land, 205 km Autobahn
  • Batteriekapazität: 72,63 kWh Netto
  • Akkutyp: Lithium-Ionen
  • Ladeleistung: bis 84 kW DC, bis 11 kW AC
  • Ladezeiten AC 11kW: 7 Stunden
  • Ladezeiten DC bis 80%: ca. 42 Minuten
  • Fahrmodi: 4 (Eco, Normal, Comfort, Sport)
  • Anhängelast: 750 kg ungebremst und gebremst
  • Anzahl Sitze: 5
  • Kofferraum und Frunk: 357 Liter, kein Frunk
  • Antrieb: Allrad
  • Inkludierte Extras: Wärmepumpe, Android Auto, Apple CarPlay (kabelgebunden), Panorama-Dach, 19,4-Zoll-Infotainmentsystem, Fernlichtassistent
  • Lieferzeiten: sofort verfügbar

Was uns am Marvel R besonders auffiel: Drei Motoren und ein hoher Autobahnverbrauch

Das Highlight des Marvel R ist die ungewöhnliche Antriebskonfiguration mit drei Motoren (zwei hinten, einer vorne) und einem Zweigang-Getriebe für die Heckmotoren. Diese Technologie ist einzigartig, aber auch teuer. Anstatt sich auf komplizierte Antriebstechnik zu konzentrieren, hätten die chinesischen Entwickler mehr in die Assistenzsysteme investieren sollen. Besonders der Spurhalteassistent, der in vielen Tests bereits kritisiert wurde, ist ein Problem. Es gibt zwei Hauptprobleme: Erstens scheint das System nicht darauf ausgelegt zu sein, das Auto in der richtigen Spur zu halten. Stattdessen bestraft es den Fahrer, wenn es glaubt, dass dieser einen Fehler macht. Dies wurde besonders deutlich, als wir auf einer Landstraße mit gut sichtbaren Fahrbahnmarkierungen unterwegs waren. Der Marvel zog ständig am Lenkrad – mal nach links, mal nach rechts. Das zweite Problem ist die zu harsche Reaktion des Assistenten, die bei Regenfahrten auf der Landstraße richtig gefährlich wird. Das ständige Warnsignal ist außerdem extrem nervig. Am Ende schalten die meisten Fahrer den Assistenten aus, nur um frustriert festzustellen, dass er beim nächsten Neustart wieder aktiviert ist. Hier sollte MG dringend nachbessern.

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Der Namenszusatz “Performance” macht sich eher beim Höchsttempo von 200 km/h bemerkbar als bei der Beschleunigung. Die volle Leistung steht nur in den Sport- und Sport+-Modi zur Verfügung. Mit Hilfe des Zweiganggetriebes und einer Launch Control beschleunigt der Marvel R Performance in weniger als fünf Sekunden auf 100 km/h. Zwischen 70 und 80 km/h gibt es eine kurze Zugkraftunterbrechung, wenn die Heckmotoren in den zweiten Gang schalten. Ohne die Launch Control benötigt der MG im Sport+ Modus fast eine Sekunde, um das volle Drehmoment aufzubauen. Dies kann beim Einfahren in Vorfahrtstraßen irritierend sein. Die Verzögerung ist so stark, dass wir im Test sogar vom Gas gegangen sind und dann sehr langsam losgefahren sind. Die Abstimmung des Antriebs ist hier einfach nicht ideal und passt nicht zur Erwartung, die das “Performance”-Label weckt.

Ein weiterer Kritikpunkt für viele Elektroauto-Fans ist das Fehlen des One-Pedal-Modus. Das bedeutet, dass die Rekuperation beim Gaswegnehmen nicht bis zum Stillstand reicht und das Bremspedal verwendet werden muss, um anzuhalten. Die Stärke der Rekuperation kann über einen Kipp-Schalter eingestellt werden, aber die Anzeige dafür ist klein und leicht zu übersehen.

Verarbeitung und Qualität

Die Verarbeitung des MG Marvel R gefällt uns insgesamt sehr gut. Der Innenraum ist hochwertig, die Sitze bequem und bieten guten Halt, und das große Panorama-Glasdach ist teilweise aufschiebbar. Allerdings fehlen auch hier einige praktische Extras, wie zum Beispiel kabelloses Android Auto/Apple CarPlay oder eine Durchreiche an der hinteren Sitzlehne für Skier. Ein großer Kritikpunkt ist, dass das Navigationssystem keine Routenführung mit Ladeplanung bietet. Dies ist ein echter Fehler. Es besteht jedoch die Hoffnung, dass MG dieses Problem mit einem Softwareupdate behebt, ähnlich wie es kürzlich bei Hyundai und Kia der Fall war. Der Kofferraum fällt für ein Mittelklasse-E-SUV viel zu klein aus und es gibt keinen Frunk, außer bei der zweiten, heckgetriebenen Ausstattungslinie “Luxury”, bei der unter der vorderen Haube etwas Platz frei bleibt.

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Die Diskrepanz zwischen der WLTP-Reichweite von 370 Kilometern und unseren eigenen Messwerten ist auffällig hoch. Im gemischten Verkehr erreichten wir eine Reichweite von 293 Kilometern, auf der Autobahn bei GPS-kalibrierter Geschwindigkeit von 130 km/h waren es sogar nur 224 Kilometer. Der hohe Verbrauch bei dieser Geschwindigkeit ist dafür verantwortlich. Bei 5 Grad und starkem Regen verbrauchte der Marvel 35,4 kWh auf 100 Kilometer, trotz einer serienmäßigen Wärmepumpe. Bei normalen Temperaturen und trockener Straße waren es immer noch 32,4 kWh, was viel zu hoch ist. Im Vergleich dazu benötigt das Hauptkonkurrenzmodell, das Tesla Model Y, 23,6 kWh und der Kia EV6 25 kWh. Beide Modelle haben eine Reichweite von über 300 Kilometern mit den großen Akkuvarianten. Auch beim Stadt- und Landstraßenverbrauch liegt der Marvel mit 21,5 bzw. 22,8 kWh in unserem Testfeld weit hinten.

Schnellladen ist eine Option, aber Sie sollten sich an der Ladesäule oder Raststätte Zeit nehmen. Die Ladeleistung beträgt maximal 84 kW und wird nicht bis zu einem Ladestand von 50% gehalten. Um von 10% auf 80% zu laden, dauert es knapp 45 Minuten, für 100 Kilometer Landstraße benötigt man 16 Minuten. Es ist also besser, Standzeiten zu nutzen und den Akku über Typ 2 Wechselstrom mit einer Ladeleistung von 11 kW zu laden. Damit dauert eine Vollladung 7 Stunden, was bedeutet, dass ein Arbeitstag oder eine Nacht ausreichen, um den Akku komplett aufzuladen.

Insgesamt hinterlässt der MG Marvel R Electric Performance einen zwiespältigen Eindruck. Für einen Preis von 51.000 Euro könnte man mehr Qualität im Detail erwarten. Elektronik und Abstimmung passen nicht zu diesem Preis. Die Hardware des Autos ist jedoch in Ordnung und die Verarbeitung sowie die Materialien sind eine Klasse besser als bei Tesla. Allerdings kann der MG mit dem Tesla Model Y Long Range nur in dieser Hinsicht konkurrieren. In Bezug auf die praktische Nutzbarkeit ist der Tesla dem MG weit voraus. Es gibt also noch viel zu tun für MG und den Mutterkonzern SAIC.

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